Starnberg:Das Starnberger Wasserschloss

Noch immer frisch und ansehnlich: Das Landratsamt feiert heute seinen 25. Geburtstag.

Sabine Bader

Widmanns Wasserschloss", "Starnbergs Chinesenviertel", "Klein-Venedig": Das Starnberger Landratsamt hat viele Namen. Und natürlich haben die beiden Architekten Fritz Auer und Carlo Weber auch einen fernöstlichen Prunkbau im Kopf, als sie sich ans Reißbrett setzen und den neuen Amtssitz am Nordende des Starnberger Sees entwerfen: den Katsura-Palast in Kyoto. Ein Dia dieses Gebäudes zeigt Auer 1983 den Kreisräten, und die halten das Ganze schlicht für einen Witz. Doch es ist keiner. Der im 17. Jahrhundert errichtete Palast mit den traditionellen Papierwänden und der Holzkonstruktion wird Pate stehen für einen Behördenbau der besonderen, der anderen Art. Architektonisch spannend, funktional und auch nach 25 Jahren noch modern, wie am ersten Tag. Ebenso spannend wie das Gebäude selbst ist auch seine Entstehungsgeschichte: Denn während es sich der damalige Landrat Rudolf Widmann durchaus reizvoll vorstellen kann, in einer Art Kaiserpalast zu residieren, bläst die Junge Union (JU) zum Sturm gegen das ehrgeizige Projekt. Und die jungen Wilden machen eine recht extravagante Rechnung auf. Sie vergleichen den geplanten Amtsbau mit dem damaligen Bundeskanzleramt: Für die 156 Beschäftigten in Starnberg sollen 13 000 Quadratmeter zur Verfügung stehen, argumentieren sie, für die 450 Mitarbeiter in Bonn sind es nur 7852 Quadratmeter. Unterschriften werden gesammelt. Als das nichts hilft, will die JU das Projekt gar rechtlich zu Fall bringen. Doch die Verwaltungsrichter weisen die Klage als unzulässig ab. Dass dies im Nachhinein eine gute Entscheidung für Starnberg ist, werden wohl heute nicht einmal mehr die Protagonisten von einst bestreiten. Apropos streiten. Gestritten wird in jenen Tagen so ziemlich um alles, was mit dem Landratsamtsneubau zusammenhängt: um die Architektur, die Größe, die Höhe der Kosten (umgerechnet geplante 21,4 Millionen Euro) und allen voran um das Grundstück selbst. Denn auf dem Gelände am Stadtrand steht nicht nur das Sägewerk Stadler, sondern auch der Fußballplatz der Freien Turnerschaft (FT 09). Und die Sportler wollen ihren Platz nicht kampflos räumen. Es dauert also eine kleine Weile, bis die Grundstücksfrage geklärt ist. Zu guter Letzt entbrennt im Kreistag noch eine Debatte über die Sinnhaftigkeit der Schutzräume im Keller. Der Gilchinger CSU-Kreisrat Martin Wallner, so die Überlieferung, soll dabei den Standpunkt vertreten haben: Da müsse man nur eine Handgranate reinwerfen, und alles stehe unter Wasser. Darauf Widmann: "Guichinger kemman do sowieso ned nei und die Starnberga kennan schwimma." Die Schutzräume werden also gebaut. Die Fraktionszimmer hingegen nicht. Sie fallen dem Gefeilsche um die Kosten zum Opfer. Letztlich wird das Gebäude mit 19,4 Millionen Euro ohnehin um zwei Millionen billiger als vom Kreistag bewilligt. Dass sich Widmann während all dieser Zeit so vehement für den Behördenneubau auf der grünen Weise einsetzt, hat eher pragmatische als gestalterische Gründe. Denn bisher sind seine Mitarbeiter quer über das ganze Stadtgebiet verteilt -in insgesamt zehn verschieden Häusern. Denn das Hauptgebäude am Vogelanger (heute das Starnberger Rathaus) war längst zu klein geworden. Das nervt und erschwert die innerbetriebliche Kommunikation. Das Kreisbauamt beispielsweise ist in der Villa in der Josef-Fischhaber-Straße untergebracht, in der heute die Montessorischule ist, die Kämmerei sitzt in der Wittelsbacherstraße - heute Kino Breitwand. Am besten haben es noch die Wasserrechtler erwischt: Sie haben ihre Schreibtische in der Alten Oberschule am Bahnhofsplatz mit Blick auf den See. Alles in allem ein unhaltbarer Zustand, befindet Widmann. Und als alter Hase in der Politik ist er sich zudem sicher: Wenn das neue Amt erst steht, dann hört auch der Protest auf. Und so kommt es: Auf den Tag genau heute vor 25 Jahren, am 16. März 1987, beziehen die inzwischen mehr als 200 Beamten und Angestellten das behördlich Wasserschloss in der Strandbadstraße. Und während in den Büros die Kisten und Schachteln aufgepackt werden, richten sich in den künstlichen Teichen die Goldfische gemütlich ein. Müßig zu erwähnen, dass wenig später zwei Hechte die Idylle trüben werden. Aber das nur am Rande. Jedenfalls: Schon bei der Einweihung werden die beiden Architekten mit Lob überschüttet: Der Bau sei das neue "Wahrzeichen für die Stadt", sagt Starnbergs damaliger Bürgermeister Heribert Thallmair. Und in der Folge werden noch weitere Superlative gefunden: Es sei ein "Kunstwerk", heißt es, die "Anmut am Seeufer". Als Auer und Weber 1989 noch mit dem Deutschen Architektenpreis ausgezeichnet werden, wollen selbst die hartnäckigsten Kritiker am liebsten vergessen, je dagegen gewesen zu sein. Inzwischen sind noch weitere Ehrungen hinzugekommen. Ein Grund zum Feiern ist der 25. Geburtstag des Hauses heute allemal. Zwar ist, anders als vor fünf Jahren, kein großes Fest geplant. Gefeiert wird eher im kleinen Kreis: Es gibt eine Ausstellung im Foyer, Landrat Karl Roth lädt die Mitarbeiter zum Umtrunk und die beiden Architekten zum Essen ein.

25 Jahre Landratsamt Starnberg

25 Jahre Landratsamt Starnberg Starnberg Der nach japanischen Vorbildern errichtete Bau des Landratsamts Starnberg wird 25 Jahre alt. Ais diesem Grund besichtigten die damaligen Architekten Prof. Fritz Auer (schwarzes Hemd) und Prof. Carlo Weber (blaues Hemd) zusammen mit Landrat Karl Roth und Kreiskämmerin Eva John ihr Werk.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)
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