Starnberg:Das Feta-Morgana-Festival ist eine alternative Wundertüte

Trotz des verregneten Wochenendes kommen etwa 1200 Besucher. In der kleinen charmanten Stadt der Fantasie gibt es vieles zu bestaunen: Projektionen, Lichtinstallationen, Sprayerkunst und Musik.

Von Gerhard Summer

Okay, es ist kühl und es nieselt, aber was soll's? Grob geschätzt 1200 Besucher kommen am Freitag und Samstag zum alternativen Feta-Morgana-Festival zwischen Landstetten und Rothenfeld, das sind mehr als erwartet. Wenn es nach den Mädels an der Kasse geht, dann spielt es ohnehin keine so große Rolle, dass der Veranstalter, der Starnberger Verein Feta Records, ausgerechnet das erste Regenwochenende in diesem bisher unglaublich heißen August erwischt hat. Das sei den Leuten offenbar egal, sagen sie, und genauso ist es. Sogar das Areal für die Camper ist dicht besetzt.

Die Starnberger haben nämlich so tief in die alternative Wundertüte gegriffen, dass dieses friedliche und liebevoll gemachte Fest auch bei Sauwetter noch viel Zauber entfaltet. Auf der idyllischen Waldlichtung ist eine kleine charmante Stadt der Fantasie samt Projektionen, Lichtinstallationen, Sprayerkunst und Tanzfläche aufgebaut. Allein am Samstagabend treiben sich dort mindestens 500 gut gelaunte junge Leute herum, der Altersdurchschnitt dürfte bei 25 bis 30 Jahren liegen. Es gibt genug Zelte und überdachte Lounges mit betagten Sofas, in denen keiner nass wird. Und wer über die nicht einmal aufgeweichte Wiese marschiert, könnte durchaus den Eindruck bekommen, dass da mehrere Jugendzentren für Ältere auf einmal geöffnet haben. In einer nebligen Klangkabine namens "Festung Europa", eine Art Dampfsauna mit Musik, können sich die Gäste die Gehörgänge durchspülen lassen. Am Stand "Wraps & Soul" gibt's unter anderem Thai-Suppe und Kichererbsen-Curry. Und im Kino laufen auf acht kleinen, alten Fernsehern "Forrest Gump", "Findet Nemo" oder "Karate Kid". Weil die Filme samt Ton parallel zu sehen sind, ist es nicht ganz einfach, sich auf Mr. Bean oder die Märchen von Tom Hanks zu konzentrieren.

Im Spielezelt wiederum kämpfen zehn Leute an einem Riesenkicker ("Mach das Ding rein"), der Rundlauf an der Tischtennisplatte wird eher zu einem Rundstehen, weil so viele Spieler mit von der Partie sind. Andere vergnügen sich nebenan mit dem Klassiker "Vier gewinnt", diskutieren über Müll und die Welt oder vertiefen sich ins Billard. Und an die Bar "Pfeffi & Bier" ist der Kultlikör schon ausgegangen, was vielleicht auch kein Schaden ist.

Auf der Bühne am See, der wie ein gläsernes Dreieck im Wald liegt, spielt derweil die Band MHA Musik, die wie orientalisch eingefärbter Hip-Hop klingt, vermengt mit Pop. Die Besetzung mit Cajón und Gitarre ist minimalistisch, das Ganze klingt aber trotzdem nach flotter Sponti-Party, weil immerhin drei polyglotte Leute singen, ob auf Deutsch, Englisch oder Italienisch. MHA stehe für Migrationshintergrund Augsburg, erklärt einer der Vokalisten, "wir sind nämlich zur Hälfte aus Augsburg". Um was es in den Texten geht? Unter anderem um "Love and Understanding".

Starnberg: Volle Dröhnung: die Klangkabine „Festung Europa“.

Volle Dröhnung: die Klangkabine „Festung Europa“.

(Foto: Arlet Ulfers)

Schon klar, die Bands aus dem Fünfseenland, aus München, Regensburg und eben Augsburg spielen nicht die Hauptrolle bei diesem Festival, dafür ist die Bühne am See zu klein und zu abgelegen. Den Ton geben die DJs an, fast 30 an der Zahl, die in einer hohen Ritterburg thronen und passend zum Transparent "Techno macht Sinn" elektronische Musik mit satten Bässen auflegen. Trotzdem könnte "Love and Understanding" als Motto für diese große Party am Waldesrand taugen. Das hat zum einen damit zu tun, dass es die Veranstalter ernst mit dem Respekt vor der Natur meinen: Raucher bekommen am Eingang Filmdöschen, die als Taschenaschenbecher dienen, das Bier ist bio, das vegane und vegetarische Essen kommt im Bambusschälchen und mit Holzlöffel. Wer nach Plastik Ausschau hält, wird nicht fündig werden.

Das liegt zum anderen aber auch an der äußerst entspannten Festivalatmosphäre. An keiner einzigen Ecke gibt's Ärger oder Stress, die Besucher treffen ausschließlich auf extrem freundliche Helfer, ob auf dem Parkplatz oder an der Kasse. Am Ende ist sogar die Starnberger Polizei zufrieden. Alles friedlich, meldet sie. Nein, halt, ein Traubinger habe sich über laute Bässe beschwert. Aber weil Tutzing in weiter Ferne liegt, störte den Mann wahrscheinlich ein anderes Fest.

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