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Produzent von Desinfektionsgeräten:"Die Firma steht Kopf"

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"Steripower" stellt Desinfektionsmittel-Spender her und hat in zwei Wochen so viele Bestellungen erhalten wie im ganzen Vorjahr. Was es für ein Unternehmen bedeutet, von der Corona-Krise zu profitieren - und wie es ein bisschen davon zurückgeben will.

Von Jessica Schober, Starnberg

Das Telefon von Jan Rombach steht nicht mehr still. Denn das, was der Kaufmann anbietet, wollen jetzt alle haben: saubere Hände. Das Starnberger Mittelstandsunternehmen "Steripower" verkauft Spendersysteme zur berührungslosen Handdesinfektion. "Die Firma steht Kopf", sagt der 49-Jährige. "Wir arbeiten alle bis spät in die Nacht und auch am Wochenende." In den vergangenen zwei Wochen seien so viele Bestellungen eingegangen wie im gesamten Vorjahr.

Doch nun hat sich Rombach noch eine Aufgabe mehr auferlegt. Er stattet kostenlos die 18 Starnberger Wahllokale mit Handdesinfektionsgeräten aus, damit es am Sonntag bei der Kommunalwahl möglichst nicht zu weiteren Ansteckungen mit dem Coronavirus kommt. "Das ist eine beträchtliche logistische Herausforderung", sagt Rombach. "Unsere Lagerhallen sind leer, normalerweise beträgt die Lieferzeit inzwischen drei bis vier Wochen." Dennoch will der Unternehmer die 18 Geräte, von denen jedes rund 400 Euro wert ist, kurzfristig übers Wochenende an die Stadt ausleihen. Die mobilen Säulen werden in den Eingangsbereichen der Wahllokale stehen. "Als ansässiges Unternehmen wollen wir die Sicherheit bei der Kommunalwahl unterstützen", sagt Rombach. Für die Wähler hätte es sonst keine Desinfektionsmittelspender gegeben, weil diese nicht Vorschrift des Gesundheitsamtes seien, teilte die Stadt Starnberg mit.

"Steripower" hatte seine Produktionskapazitäten zuletzt verdoppelt, zusammengesetzt werden die Geräte nun nicht nur in Geretsried, sondern auch an zwei Standorten in Nordrhein-Westfalen. Erst 2011 hatte Rombach die Produktionsstätten von China zurück nach Bayern verlegt - ein Glücksfall, wie sich jetzt herausstellt.

Das Unternehmen sitzt seit 2003 mit seinen 15 Mitarbeitern am Schiffbauerweg. Der gebürtige Badener Rombach, der zuvor schon in der Medizintechnik tätig war, lebt in Grünwald und wollte sein Büro gern in der Nähe des Starnberger Sees haben, zum Baden sei er jedoch seit Unternehmensgründung nicht mehr gekommen. Auch ohne Coronavirus liefen die Geschäfte schon ordentlich, Romberg wollte das Personal auf 20 Mitarbeiter aufstocken. Nun wünscht er sich, er hätte das bereits im Vorfeld geschafft. "Meine Mitarbeiter sind das Wertvollste, was ich gerade habe", sagt der Chef, der seinen Leuten inzwischen täglich ein Mittagsessen spendiert, damit die Kollegen keine wertvolle Zeit zum Essengehen verwenden müssten.

Nach eigenen Angaben war "Steripower" weltweit der erste Anbieter für berührungslose Desinfektionsmittelgeräte und hat an rund 65 Prozent aller deutschen Krankenhäuser mindestens ein Gerät ausgeliefert. Zu den Kunden zählen Industrieunternehmen, Flughäfen, Autobahnraststätten und die bayerische Staatskanzlei. Inzwischen rufen Romberg täglich Freunde und Bekannte an, die gern ein eigenes Gerät hätten. Das lehnt er ab. "Wer sich im Privaten ausreichend die Hände wäscht, der kriegt den Virus auch von den Fingern runter", sagt der Fachmann. "Unsere Systeme sind vor allem da sinnvoll, wo Menschenströme aufeinander treffen, ohne sich vorher die Hände waschen zu können, an Bahnhöfen, Flughäfen, vor Fahrstühlen, in Großraumbüros oder vor Kantinen."

Die erhöhte Aufmerksamkeit bringe ihm aber auch neue Kunden. "Große Supermärkte sind jetzt ganz Feuer und Flamme", sagt Rombach. "Der Einkaufswagen ist im Kopf vieler Menschen zu einem Risikofaktor geworden und inzwischen wächst die Erwartungshaltung, dass man sich als Kunde irgendwo die Hände desinfizieren kann." Erst vor zwei Jahren habe "Steripower" zum Beispiel eine gesamte Supermarkt-Kette ausgestattet.

"Krisengewinnler ist keine schöne Bezeichnung, aber während andere Branchen gerade brachliegen, profitieren wir natürlich von der aktuellen außerordentlich unglücklichen Gemengelage", sagt Rombach. Er wolle in jedem Fall die Belegschaft an dem aktuellen Erfolg des Unternehmens beteiligen. "Wir nutzen die aktuelle Situation nicht dazu, um die Preise zu erhöhen." Und auch wenn die Coronavirus-Krise einmal überstanden sein sollte, sollten Handdesinfektionsgeräte nicht im Keller verschwinden, mahnt Rombach.

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Quelle:
SZ vom 12.03.2020
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