Corona-Impfung im Landkreis Starnberg:Sogar Biontech landet im Müll

Coronavirus - Impfung beim Kinder- und Jugendarzt

Volljährige Schüler können sich über ihre Schulen für eine Corona-Impfung anmelden. Die meisten sind aber längst geimpft.

(Foto: Fabian Sommer/dpa)

Patienten erscheinen selbst bei dem sehr begehrten Wirkstoff einfach nicht zum Termin im Impfzentrum. Die Menschen werden immer wählerischer. Spritzen anderer Hersteller lehnen sie massenweise ab.

Von Carolin Fries und Laura Höring

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Jeder zweite Termin für eine Corona-Impfung mit Astra Zeneca wird in den Impfzentren des Landkreises geschwänzt, fast jeder dritte mit Moderna und etwa jeder zehnte mit dem Wirkstoff von Biontech. Die "nachlassende Termintreue und Impfwilligkeit" stellt das Landratsamt zunehmend vor Probleme bei der Planung von Impfterminen, wie Sprecher Stefan Diebl sagt. Am Dienstag seien erstmals zehn Biontech-Spritzen im Müll gelandet, weil angemeldete Impflinge nicht erschienen und kurzfristig kein Ersatz gefunden werden konnte.

"Die Menschen werden zunehmend wählerisch", sagt Diebl. Hausärzte haben Ende Juni bereits bis zu 200 abgelaufene Dosen Astra Zeneca entsorgen müssen, im Impfzentrum werde schon der Impfstoff von Moderna abgelehnt mit der Begründung, man wolle unbedingt den Impfstoff von Biontech. Und nun landet selbst das begehrte und hochwirksame Vakzin im Müll. Immer häufiger müssten kurzfristig andere Impflinge über die Hotline angerufen werden, um nicht verbrauchte Dosen noch zu verimpfen - mitunter erfolglos.

Sind die Menschen im Landkreis impfmüde geworden? "Nein, die Leute sind geimpft", sagt Bernhard Junge-Hülsing. Der Starnberger HNO-Arzt und Pandemie-Koordinator im Landkreis hat allein in seiner Praxis seit Mitte April etwa 4400 Spritzen zur Immunisierung gegen das Coronavirus gesetzt. Inzwischen liegt die Quote bei den Erst- und Zweitimpfungen mit 61 beziehungsweise 44 Prozent deutlich über dem bayernweiten Schnitt. Zieht man die Zahl der Jugendlichen bis 16 Jahre ab, für die es noch keine Impfempfehlung gibt, steigt die Quote bei den Erstimpfungen sogar auf etwa 72 Prozent an.

Um auch gegen die Delta-Variante einen Herdenschutz zu haben, braucht es laut Junge-Hülsing eine Durchimpfungsquote von 85 Prozent, "und ich glaube, da kommen wir auch hin". Viele, die zuletzt in Sorge vor der Impfung gewesen seien, wären es nun vor der Delta-Variante - auch wenn im Landkreis bislang nur sieben Fälle nachgewiesen wurden. Junge-Hülsing ist zuversichtlich, dass jeder Landkreisbürger in den kommenden zwei Wochen die Möglichkeit zur Impfung bei einem niedergelassenen Mediziner bekommen haben wird. Er fragt sich deshalb, ob die teuren Impfzentren überhaupt noch nötig sind.

Dort werden zunehmend spezielle Zielgruppen wie etwa Asylbewerber angesprochen, um "zeitlich und örtlich optimierte Impfungen" anzubieten, wie Diebl sagt. Kontinuierlich werde zudem Impfstoff an die Kliniken für Personal und Patienten abgegeben, sollten die Bestände nah an das Verfallsdatum herankommen. Aktuell würden Sonderaktionen wie eine "Nacht des Impfens" vorbereitet oder ein "langer Donnerstag". Zudem erwartet die Behörde die Rückmeldungen aus den Schulen, ob sich dort volljährige Schüler der Abschlussklassen impfen lassen wollen.

"Viel zu spät", wie Angela Richter, Leiterin der Tutzinger Benedictus-Realschule findet. An ihrer Schule seien bereits etliche jugendliche Schüler komplett geimpft. Volljährige Schüler gebe es an der Schule zudem nur zwei oder drei. Auch Sylke Wischnevsky, Direktorin am Gautinger Otto-von-Taube-Gymnasium, hat von den erwachsenen Abiturienten und Elftklässlern "kaum Rückmeldungen" auf das Impfangebot des Landkreises bekommen. "Ich gehe davon aus, dass die meisten bereits geimpft sind."

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