Wahlbeteiligung:"Es braucht Frauen und Männer in der Politik"

Die Starnberger Gleichstellungsbeauftragte Sophie von Wiedersperg möchte Wählerinnen mobilisieren - denn die Beteiligung geht immer noch auseinander zwischen den Geschlechtern.

Interview von Valerie Künzl

Bei den bisherigen Bundestagswahlen war die Wahlbeteiligung der Männer höher als die der Frauen. Dabei gilt: In allen Altersgruppen unter 60 Jahren gehen Frauen etwas häufiger zur Wahl als Männer. Dagegen sinkt ihre Beteiligung von 70 Jahren an deutlich. Das könnte nach einer Studie daran liegen, dass Frauen in diesem Lebensabschnitt öfter alleinstehend sind und zurückgezogen leben. Was sich offenbar im Wahlinteresse niederschlägt. Auch wenn sich der Unterschied tendenziell reduziert hat - von 3,1 Prozentpunkten bei der Bundestagswahl 1953 auf 0,4 Punkte 2017 -, findet Sophie von Wiedersperg es wichtig, das zu ändern. Sie ist seit 2006 Gleichstellungsbeauftragte im Landratsamt Starnberg. Für die Bundestagswahl 2021 hat sie die Postkartenaktion "Frauen, seid wählerisch!" ins Leben gerufen. Im Interview erklärt sie, was sie damit erreichen möchte und wie Frauen Politik verändern können.

SZ: Frau von Wiedersperg, wie sind Sie auf die Idee mit der Postkartenaktion gekommen?

Sophie von Wiedersperg: Die Idee ist unter anderem im Arbeitskreis "Fraueninteressen" entstanden. Das ist ein Gremium, wo wir gemeinsam laut denken: Was funktioniert, wo hakt es, was können wir verbessern und wo gibt es Lücken? Wir haben uns gefragt: Wie können wir Frauen besser in die Politik mitnehmen?

Sind denn Frauen die besseren Politikerinnen?

Starnberg LRA, Sophie v.Wiedersperg

"Wir Frauen müssen lernen, laut und deutlich zu sagen, was wir brauchen": Sophie von Wiedersperg.

(Foto: Georgine Treybal)

Nein.

Warum nicht?

Ich glaube, es ist gut und wichtig, aus unterschiedlichen Blickwinkeln hinzuschauen. Wenn Frauen und Männer in einem Team sind, dann läuft das einfach anders. Ich als Frau kann nur erahnen und mutmaßen, was Männer brauchen. Ich bin kein Mann und habe damit auch kein männliches Denken. Ich kann versuchen, mich in Männer reinzudenken, aber das ist ein riesen Unterschied. Ich hätte gerne als Gleichstellungsbeauftragte einen Mann im Team. Es braucht einfach Frauen und Männer in der Politik.

Was möchten Sie mit den Postkarten erreichen?

Wir Frauen haben einen Anteil von 52 Prozent an der Bevölkerung, also könnten wir eigentlich mehr Stimmen bei der Wahl abgeben. Aber wir liegen immer noch hinter den Männern, das muss nicht sein.

2017 lag die Wahlbeteiligung der Frauen bei 76,6, die der Männer bei 77 Prozent. Woran könnte das liegen?

In der älteren Generation war die Politik häufig das klassische Stammtischthema und damit Männersache. Die 30- bis 65-Jährigen waren schon immer relativ aktiv. Die Generation darunter hat jetzt erst nachgezogen.

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Was können Frauen tun, um etwas in der Politik zu bewirken?

Wir Frauen müssen lernen, laut und deutlich zu sagen, was wir brauchen. Das Problem ist: Sobald eine Frau lauter wird, wird sie von Männern gerne als hysterisch bezeichnet. Das darf es nicht mehr sein. Männer haben gelernt, laut und deutlich zu sagen, was sie brauchen, und sie werden gehört. In der Regel haben sie auch immer noch das Sagen. 31 Prozent Frauen sitzen im Bundestag, das ist immer noch mager. Die Männer sind in der Überzahl. Wir haben uns mit dem Wahlrecht ein Stückchen was erkämpft und könnten jetzt teilhaben. Wir werden nie alle Frauen erreichen, aber wenigstens ein paar, die hoffentlich ins Nachdenken kommen.

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