Starnberg:"Starnbergs Ruf bayernweit angeschlagen"

  • Die Landesanwaltschaft Bayern hat gegen die Bürgermeisterin der Stadt Starnberg, Eva John, eine Disziplinarklage am Verwaltungsgericht München erhoben.
  • Dieser liege "eine Vielzahl von Vorwürfen" zugrunde. Unter anderem soll John, die einem parteifreien Bündnis angehört, Stadtratsbeschlüsse nicht umgesetzt und ihre Pflicht zur unparteiischen Amtsführung verletzt haben.
  • Die Disziplinarbehörde hatte ein Jahr lang ermittelt und war bei ihrer Untersuchung auch Hinweisen aus dem Landratsamt und dem Stadtrat nachgegangen.

Von Carolin Fries und Peter Haacke, Starnberg

Die Klage gegen Starnbergs erste Bürgermeisterin Eva John hat unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. Die Mitglieder des Starnberger Stadtrats begrüßen mehrheitlich die Entscheidung der Landesanwaltschaft, doch es gibt auch gegenteilige Stimmen.

Für Vize-Bürgermeister Klaus Rieskamp (Parteifreie) ist "Starnbergs Ruf bayernweit angeschlagen." Die Klage komme nicht unerwartet: "Wegen vieler weiterer Vorfälle musste der Stadtrat ungewöhnliche Wege beschreiten", schreibt Rieskamp. Er spricht von "Verschleppung und Geheimpolitik gegen Beschlüsse des Stadtrats". Mehrmals musste die Rechtsaufsicht angerufen werden, der Stadtrat erstritt sich per Kommunalverfassungsklage Akteneinsicht "und sah sich gezwungen, mittels verschärfter Geschäftsordnung die Verwaltungsvorgänge ungewöhnlich feinkrümelig zu ordnen". Für ihn gehört eine Klage der Bürgermeisterin gegen den Stadtrat "in das Kuriositätenkabinett".

Otto Gaßner (UWG), der im Vorjahr eine Dienst- und Rechtsaufsichtsbeschwerde gegen John auf den Weg gebracht hatte, hegt Zweifel daran, dass sich im belasteten Verhältnis zwischen John und Stadtrat künftig etwas bessert. "Die Wirkung, die man sich erhoffen würde - aus Schaden wird man klug - wird nicht eintreten", glaubt Gassner.

Ähnlich die Einschätzung von Martina Neubauer (Grüne): Sie ist "froh, dass die Landesanwaltschaft die Konsequenzen aus den vielfältigen Verfehlungen der Bürgermeisterin gezogen hat". Es sei aber zu befürchten, dass die erhoffte Wirkung durch die Gerichtsverhandlung "nicht erreicht wird".

Ein "Armutszeugnis für Frau John - und damit leider auch eine massive Beschädigung des Bürgermeisteramtes" steht für Christiane Falk (SPD) im Vordergrund. Angesichts der großen Anzahl an rechtsaufsichtlichen Beschwerden sei "die gerichtliche Behandlung der Vorwürfe notwendig geworden". Johns "intransparente Amtsführung - begonnen mit dem heimlichen Verkauf des Wangener Weihers bis hin zum Beinahe-GAU bei den Bahnverträgen" - habe zur Folge, dass das Gericht eine Fülle an Vorwürfen zu betrachten haben wird. "Die Fraktion der SPD ist froh, dass die Vorfälle der vergangenen Jahre nun von objektiver Seite beurteilt werden." Ob dies jedoch eine Änderung im Verhalten der Bürgermeisterin zur Folge haben wird, bezweifelt auch die SPD.

Stefan Frey (CSU) konstatiert: "Der Stadtrat ist der Kopf. Mangels Arm muss ein Bürgermeister dessen Entscheidungen vollziehen - nur so funktioniert gemeindliche Verwaltungsarbeit. Wie beim Gerichtsverfahren um die Akteneinsicht geht es auch hier im Kern um die Grundprinzipien kommunaler Zusammenarbeit."

Landrat Karl Roth, der im August 2017 aufgrund massiver Beschwerden aus den Reihen der Stadträte über die Amtsführung Johns die Landesanwaltschaft eingeschaltet hatte, war am Mittwoch für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Pressesprecher Stefan Diebl teilte aber mit, dass sich die Behörde im laufenden Verfahren nicht äußern werde; die Zuständigkeit liege allein beim Verwaltungsgericht.

Von den Vertretern der Stadtratsfraktionen BMS und WPS, welche die Bürgermeisterin unterstützen, gab es keine Stellungnahmen. Lediglich Iris Ziebart (FDP) verteidigte John und vergleicht den Fall mit der Affäre um den früheren Bundespräsidenten Christian Wulff. "In allem, was ich miterlebt habe, kann ich kein strafwürdiges Verhalten der Bürgermeisterin sehen", sagte sie. Die Vorwürfe seien konstruiert.

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