Süddeutsche Zeitung

Buchtipp:Blutleer

Eva Baders Gilching-Krimi "Fünfzehenland"

Ein Mann mit grünem Hut beugt sich über eine Tote und schneidet ihr alle fünf Zehen vom linken Fuß ab. Doch der Kerl in Tracht ist kein Mörder. Die Frau ist kurz zuvor von einem Baumhaus auf den Boden geplumpst. Selber schuld. Kann man nichts machen. "Fünfzehenland" heißt der Oberbayern-Krimi der Gilchingerin Eva Bader, was für ein Titel! Inspiriert worden ist sie zu dem Buch, weil ihr Ältester keinen Platz im Kindergarten bekam, ja gut. Ihr Personal besteht aus der Frau eines Polizisten, die den Fall mit baggerversessenem Söhnchen im Schlepptau klärt. Einer alten Diva, die blöderweise auf Görings Hochzeit gesungen hat, aber sonst ganz famos ist. Einem inkompetenten Polizeichef, der Zither spielt, einer ungewaschenen Waldfee und anderen Schwarzweiß-Zeichnungen. Das Ganze spielt in Gilching, das so frei von Verbrechen ist, dass einem die Zehen einschlafen, so man welche am Fuß hat. Und obwohl sich die satirisch gemeinte Geschichte mit Lokalkolorit schwer dahinschiebt wie ein Kinderwagen, Bader auch sprachlich kaum ein Klischee auslässt, unfreiwillig komisch sein kann und alle Vergleiche und Synonyme packt, die nicht bei drei auf dem Baum sind, hat "Fünfzehenland" seine Reize: Die liebliche Story ist fein aufgebaut, Bader behält die Übersicht über ihre Handlungsstränge, irgendwie legt man das putzige Buch dann doch nicht aus der Hand. Letztlich bleibt der Frauen-Krimi aber: blutleer. Schade, aus den Typen hätte man was machen können.

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Quelle:
SZ vom 23.06.2015 / sum
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