Während der weltweiten Pandemie sind in den vergangenen zwei Jahren viele alltägliche Probleme und Projekte in den Hintergrund gerückt oder zum Erliegen gekommen. Eins, das besonders wichtig zu sein scheint, ist die Inklusion. Zum "Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung" am Donnerstag, 5.Mai, finden im Landkreis Starnberg zwei Veranstaltungen statt, die auf Mängel bei der Inklusion aufmerksam machen sollen.
Sissi Fuchsenberger kümmert sich in der Gemeinde Berg um diese Probleme und möchte nicht nur auf die Inklusionslücken aufmerksam machen, sondern diese auch direkt angehen. Dazu veranstaltet sie am Mittwoch, 27. April, um 14 Uhr eine Ortbegehung zur Barrierefreiheit. Zusammen mit dem Berger Bürgermeister Rupert Steigenberger und weiteren Fachleuten wird der öffentliche Raum daraufhin untersucht, ob Menschen mit Behinderung sich selbstständig bewegen können. Im Fokus stehen dabei Supermärkte, Arztpraxen und der Straßenverkehr. Damit diese Inklusionslücken schnellstmöglich geschlossen werden, ist auch eine Mitarbeiterin des Berger Bauamts dabei. Zudem können Betroffene und Bürger selbst wertvolle Hinweise per E-Mail auf Inklusionslücken liefern unter fuchsenberger@gemeinde-berg.de.
Die ARGE hat Busstationen und den Starnberger S-Bahnhof am See im Fokus
Ein Protestmarsch ist am 5. Mai in Starnberg geplant - organisiert von der Arbeitsgemeinschaft für Behindertenfragen - kurz ARGE - und finanziell unterstützt von der Aktion Mensch. "Da dürfen wir auch den Finger in die Wunde legen", sagt ARGE-Vorsitzender Claus Angerbauer. Der Fokus liegt dieses Jahr auf Mobilität und Barrierefreiheit, denn diese sei in Starnberg meist nicht gegeben. 90 Prozent aller Bushaltestellen seien aktuell nicht barrierefrei, erklärt Maximilian Mayer, Behindertenbeauftragter im Landkreis Starnberg. Barrierefreiheit bedeutet, dass ein stufenfreier Ein- und Ausstieg in den Bus möglich ist und ein taktiles Leitsystem auf dem Boden für Menschen mit Sehbehinderung vorhanden ist. Der S-Bahnhof Starnberg am See etwa sei weit von Barrierefreiheit entfernt, sagt Mayer. Der Protestmarsch beginnt am Starnberger Kirchplatz, führt zum Bahnhof und wieder zurück. Beginn ist um 14:30 Uhr mit einer musikalischen Einstimmung von Erik Berthold. Im Anschluss an den Marsch sprechen Starnbergs Bürgermeister Patrick Janik sowie die stellvertretende Landrätin Britta Hundesrügge. Mayer ist dankbar, dass Janik sich mit einer Rede beteiligt, fordert von der Politik aber auch, dass gehandelt wird. Starnberg hatte sich eigentlich schon vor mehreren Jahren dazu verpflichtet, die Haltestellen barrierefrei zu gestalten, leider sei dies aber noch nicht passiert.
Zusätzlich gibt es zwei Begleitaktionen zum Protestmarsch: Die geistig und körperlich behinderten Kinder der Franziskusschule Starnberg bringen sich bei der Aktion mit selbst gestalteten Plakaten ein. Diese tragen sie teilweise selbst auf dem Marsch oder stellen sie anderen zur Verfügung. Die Unterstützung der Kinder gilt als Highlight des Protestmarsches, sagt Schulbegleiter Reinhard Dirr. Außerdem integriert Franziska Friedl, Studienpraktikantin bei den Offenen Hilfen, auf den Boden gesprühte Fußspuren. "Als Zeichen dafür, wo wir gerade stehen und wo wir hinwollen.", erklärt sie.
Barrierefreie Bahnstationen betreffen alle, die ohne fremde Hilfe reisen wollen
Allen Beteiligten ist es wichtig zu betonen, dass barrierefreie Bahnstationen alle Reisenden betreffen: Personen mit Kinderwagen, gebrochenem Bein, Rollstuhlfahrer, Senioren, Sehbehinderte oder auch schlicht nur Menschen mit schweren Koffern profitieren von einem inklusiv gestalteten Bahnhof. Besonders für Menschen mit Behinderung schafft Barrierefreiheit die Möglichkeit, auf eigenständige Bewegung und Reisefreiheit ohne auf fremde Hilfe angewiesen zu sein.