Bayerischer Yacht-Club:Segler soll vier Mädchen sexuell missbraucht haben

Bayerischer Yacht-Club: Das Gelände des Bayerischen Yacht-Clubs: Der 24 Jahre alte Angeklagte ist für den Club bei Regatten angetreten.

Das Gelände des Bayerischen Yacht-Clubs: Der 24 Jahre alte Angeklagte ist für den Club bei Regatten angetreten.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Der 24-jährige Jurastudent muss sich vor dem Jugendschöffengericht in Starnberg verantworten. Er soll unter anderem junge Seglerinnen nach einer Regatta auf dem Starnberger See missbraucht haben.

Von Christian Deussing, Starnberg

Die zwei jungen Seglerinnen betreten am Donnerstag nur zögernd und fast ängstlich den Saal 125 im Starnberger Amtsgericht. Es ist für sie ein schwerer und schmerzvoller Tag. Die Eltern und eine Familientherapeutin sind dabei. Die Jüngere der beiden mutmaßlichen Opfer ist heute 16 Jahre alt und hält sich an der Hand ihrer größeren Freundin fest. Die Jugendlichen sind Nebenklägerinnen und blicken kurz hinüber zu dem Angeklagten, mit dem sie früher gesegelt sind. Der 24-jährige Jurastudent trägt eine weiße FFP2-Maske und versucht, den Blicken seiner mutmaßlichen Opfern auszuweichen, indem er seiner Anwältin Andrea Combé etwas zuflüstert. Die Juristin hat schon den Wettermoderator Jörg Kachelmann erfolgreich verteidigt.

Der 24-Jährige ist vor dem Jugendschöffengericht Starnberg angeklagt, im Sommer 2020 die damals 14 und 15 Jahren alten Mitseglerinnen aus dem Bayerischen Yacht-Club (BYC) nach einer Regatta auf dem Starnberger See sexuell missbraucht zu haben, während sie bei einer gemeinsamen Übernachtung in einem Starnberger Haus schliefen. Der Topsegler und Vereinskamerad hatte offenbar ihr Vertrauen ausgenutzt.

Zudem wirft ihm die Staatsanwaltschaft vor, sich bei einem Wettbewerb vor sechs Jahren im Ausland an einer erst 14-jährigen Seglerin vom BYC vergangen zu haben. Zwei Jahre später soll der Angeklagte den Ermittlungen zufolge in einem Segelcamp in einem anderen Land eine 16-Jährige aus dem Sportclub in einem Hotel missbraucht haben. Aber erst als sich die beiden Mädchen nach der Starnberger Nacht im Jahr 2020 ihren Eltern offenbarten, wurden auch die vorherigen möglichen Geschehnisse bekannt - es folgten die Strafanzeigen.

Nun muss sich also der talentierte Segler, der nicht mehr im Bayerischen Yacht-Club in Starnberg aktiv ist, wegen Vergewaltigung und sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger und minderjähriger Personen vor Gericht verantworten. Bei diesen schwerwiegenden Vorwürfen droht dem jungen Mann eine Gefängnisstrafe. Dessen Eltern sitzen während des ersten Verhandlungstages stumm in der ersten Reihe. Doch gleich zum Prozessauftakt beantragt Florian Wille als zweiter Verteidiger des Studenten, die Öffentlichkeit aus der gesamten Hauptverhandlung auszuschließen. Denn der Angeklagte sei zu den vorgeworfenen Tatzeiten in den Jahren 2016 und 2018 noch Heranwachsender gewesen.

Dessen persönliche Lebens- und Intimsphäre gelte es daher zu schützen, begründet Wille seinen weitreichenden Antrag im Prozess. Der Rechtsanwalt ist bundesweit auf Sexualstrafrecht spezialisiert und gibt selbst an, in jenen Verfahren die mediale Aufmerksamkeit zum Schutz der Mandanten zu meiden.

Die schutzwürdigen Interessen des Angeklagten würden jene der Öffentlichkeit überwiegen, so der Richter

Der Staatsanwalt und die Vertreter der Nebenklägerinnen wandten sich aber gegen das Ansinnen, die Öffentlichkeit ausschließen zu lassen. Doch nach kurzer Beratung des Schöffengerichts wurde beschlossen, dem Antrag der Verteidigung stattzugeben. Dies begründete Richter Ralf Jehle damit, dass in diesem Fall die schutzwürdigen Interessen des Angeklagten jene der Öffentlichkeit überwiegen würden.

Die Eltern einer der betroffenen Seglerinnen haben gehofft, dass es eines Tages zu diesem Prozess kommt und der ehemalige Teamkamerad zur Rechenschaft gezogen wird. Ihre Tochter und die Familie seien seit zweieinhalb Jahren extrem belastet, aber die Aufarbeitung des schlimmen Geschehens sei wichtig, denn solche Fällen dürften sich nicht wiederholen, sagen die Eltern.

Dem Vernehmen nach soll der Angeklagte einen Teil der Vorwürfe eingeräumt haben und es in einem Fall zu einem Täter-Opfer-Ausgleich gekommen sein. Der Prozess wird am Donnerstag, 1. Dezember, fortgesetzt. Dann wird auch mit einem Urteil gerechnet.

Auch der Bayerische Yacht-Club weiß von dem Prozess: Der Vorfall in einem Privathaus im Starnberger Raum sei im Sommer 2020 vorgetragen und der Segler unmittelbar zur Rede gestellt worden, heißt in einer Stellungnahme des Clubvorstands. Der Betroffene habe ein Hausverbot erhalten, bis der Sachverhalt aufgeklärt sei. Der Vorstand betont, dass die Vorfälle im Umfeld internationaler Segelmeisterschaften nicht in einer Zeit stattgefunden hätten, in der er für den BYC Regatten gesegelt sei. "Der BYC hat und hatte keinerlei Kenntnisse von solchen Vorfällen". Dem Club sei die Schwere und Tragweite der Situation für die Betroffenen und die Familien bewusst. Der Vorstand versichert außerdem, größten Wert auf die Sicherheit und den Schutz der Jugend im Segelclub zu legen.

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