Nachverdichtung:Starnberg wehrt sich gegen die neue Bauordnung

Starnberg vom See aus gesehen

Geschosswohnungen und Villen prägen Starnberg. Wie groß der Abstand zwischen den Häusern sein soll, wollen die Kommunen selbst bestimmen.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Damit "Bauträger nicht alles zupflastern", beschließen die Kommunen im Landkreis größere Abstandsregeln, als der Freistaat vorschreibt - bis auf eine Gemeinde.

Von SZ-Autoren

Bauen in Bayern soll künftig einfacher und schneller gehen. Der Landtag hat dazu im Dezember eine Reform der Bayerischen Bauordnung beschlossen, die zum 1. Februar in Kraft tritt. Mittels einer neuen Frist soll der Weg zu Baugenehmigungen künftig maximal drei Monate dauern. Liegt dann noch keine Entscheidung vor, gelten die beantragten Baugenehmigungen automatisch als erteilt.

Hinzu kommen neue Regelungen zu Abstandsflächen für neue Gebäude, die den Flächenverbrauch reduzieren sollen. Doch die Novelle der Bauordnung, die eine Reduzierung des Abstands zwischen zwei Gebäuden auf 40 Prozent der Wandhöhe (bisher 100 Prozent) bei einem Mindestabstand von drei Metern vorsieht, kommt speziell im Landkreis Starnberg, in dem der Siedlungsdruck immens und die Immobilienpreise schwindelerregend sind, nicht gut an: Kommunen und Städte bangen um ihr Ortsbild.

Der Bauausschuss der Stadt Starnberg folgte nun dem Beispiel anderer Gemeinden und erließ eine Satzung, wonach die bisherigen Regelungen weiterhin gültig bleiben. Im Gremium herrschte überwiegend Einigkeit darüber, dass eine zugebaute Innenstadt keine Option für Starnberg sein könne. Zwar gilt in der Kreisstadt weiterhin der Grundsatz "Innenverdichtung vor Baulandausweisung", doch die Neuregelung schaffe "bauliche Möglichkeiten, die wir nicht wollen", sagte Christiane Falk (SPD).

Schon jetzt würden Bauherren in Starnberg - oft genug finanzstarke Gesellschaften, die ihre Objekte schnellstmöglich veräußern - ihr Baurecht ohne Rücksicht auf die Gestaltung bis zum Äußersten ausreizen, sagte Stadtbaumeister Stephan Weinl. Verringerte Abstände zwischen Gebäuden hätten aber gravierenden Einfluss auf Lichtverhältnisse, Akustik und nachbarschaftliche Beeinträchtigungen. Einzig regulierendes Element biete lediglich Paragraf 34 des Baugesetzbuches, dessen Vorgaben sich an Eigenart und Gegebenheiten der näheren Umgebung orientiert.

Abhilfe gegen allzu überdimensionierte Vorhaben könnten aber auch Bebauungspläne mit konkreten Vorgaben bringen, was jedoch eine erhebliche Mehrbelastung der Verwaltung mit sich brächte, erläuerte Bürgermeister Patrick Janik. Im Bauausschuss überwog die Meinung, dass die Satzung im Spagat zwischen Verdichtung und Wohnqualität das Schlimmste verhindern könne - auch wenn es laut Janik keine Gewähr dafür gebe, dass die städtische Satzung auch "rechtlich hält".

Widerspruch kam einzig von Otto Gaßner (UWG): Von der Neuregelung, die bereits in anderen Bundesländern Anwendung findet, seien "keine bürgerkriegsähnlichen Zustände zu erwarten". Entscheidend sei nicht die Bauordnung, sondern das jeweilige Bauplanungsrecht. "Das hilft uns viel mehr als die ganzen Satzungen, die uns den Frieden erhalten sollen", sagte er. Die "Hysterie" um die Abstandsflächen wolle er nicht mitmachen.

Der Seefelder Bürgermeister kritisiert den "massiven Zeitdruck"

Neue Satzung, alte Regel heißt es auch in Berg und Wörthsee. Ohne große Diskussion haben beide Gemeinderäte einstimmig die größeren Abstandsflächen festgelegt: Die Wandhöhe bleibt der Maßstab. Im Übrigen verlässt man sich darauf, dass ein Bebauungsplan die Satzung sticht.

"Wir wollen keine Schlechterstellung der Bürger haben", sagt der Feldafinger Bürgermeister Bernhard Sontheim. Der Gemeinderat beschloss deshalb ebenfalls eine Abstandsflächensatzung, mit der die bisherige 1H-Regel beibehalten wird. Sie gilt für das gesamte Gemeindegebiet.

Rege diskutiert wurde im Seefelder Gemeinderat. Das Vorgehen der Staatsregierung "spottet jeder Beschreibung", ärgerte sich Bürgermeister Klaus Kögel (CSU) und meinte damit den "massiven Zeitdruck". Vom 1. Februar an gilt die neue Bayerische Bauordnung, die Kommunen mussten auf die Schnelle eigene Satzungen ausarbeiten, beraten und beschließen lassen. Die Verringerung der Abstandsflächen werde "nachhaltige Auswirkungen auf unser Ortsbild und möglicherweise auch auf den Nachbarschaftsfrieden haben", so Kögel. Gegen eine maßvolle Verdichtung hatte kein Gemeinderat etwas, aber nur dort, "wo es möglich und gewollt ist", sagte Christian Wagner (BVS).

Es sei ein Unterschied, ob Einheimische für ihre Kinder bauen wollten "oder Bauträger alles zupflastern", meinte sein Fraktionskollege Josef Wastian. Christoph Drewes vom Bauamt wies darauf hin, dass die Gemeinde die Abstandsflächen auch über Bebauungspläne regle. "Wir haben die Planungshoheit." Einen Kompromiss nach dem Vorbild Gilchings schlug Oswald Gasser (FDP) vor. Er beantragte für Seefeld eine 0,9 H-Regel. Der Antrag wurde abgelehnt. "Ich möchte hier kein Gilching haben", sagte Bürgermeister Kögel.

In Gilching gilt eine Abstandsfläche von 80 Prozent der Wandhöhe. So würde eine Nachverdichtung ermöglicht und zugleich das Ortsbild, der nachbarschaftlichen Frieden und die Privatsphäre geschützt, sagte Bürgermeister Manfred Walter (SPD). Als einzige Gemeinde im Landkreis hat Herrsching die neue Baurechtsnovelle akzeptiert. Bürgermeister Christian Schiller befürchtet sonst eine Klagewelle von Bauwerbern.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: