Starnberg:Backen als Therapie

Krebskranker kreiert Plätzchen und Torten für gute Zwecke.

Sylvia Böhm-Haimerl

- Das Wohnzimmer von Heinz H. gleicht einem Süßwarenladen. Im Regal stapeln sich Nüsse und Mandeln, Rosinen und Orangeat, sauber geordnet nach Sorten. In der Ecke stehen Umzugskisten voller Gläser für die Marmelade, die er kocht. Heinz H. hat das Backen und Einkochen für sich entdeckt, seit er von schwerer Krankheit gezeichnet ist. Denn er kann das Haus nur noch mit fremder Hilfe verlassen. Seit einem Jahr backt er Plätzchen für die Pfleger und Kuchen für die Weihnachtsfeier. Ja sogar an die armen Menschen in der Gemeinde denkt er. Denn seine Bäckereien und Marmeladen werden über die Tafel an Bedürftige verteilt. Auch den zehn Kindern in seinem Wohnhaus macht er die Plätzchensorten, die sie besonders gerne mögen. Das Besondere an seinen Kreationen ist, dass er einfach drauflos backt, ganz ohne Rezept, und kein einziges Plätzchen selbst isst. Denn H. mag nichts Süßes.

"Ich mache das zum Zeitvertreib", sagt der 59-Jährige, der vor vier Jahren an Krebs erkrankte und eine lange Leidensgeschichte hinter sich hat. Denn schon ein Jahr nach seiner Operation war der Krebs in der Leber. Dann folgte ein Schlaganfall. Seither kann er kaum mehr Laufen. Auch die linke Hand er nicht mehr gebrauchen. Daher fällt ihm die Arbeit in der Küche sehr schwer. Dennoch ist Kochen und Backen zu seinem Lebensinhalt geworden. "Es ist sehr schwierig, aber es ist meine einzige Beschäftigung", sagt er. Und schließlich stehe er ja nicht unter Zeitdruck. Wenn er nicht mehr kann, macht er einfach Pause. Eine Freundin hatte den ehemaligen Handwerker auf das Hobby gebracht, damit ihm die Decke nicht auf den Kopf fällt. Im vergangenen Jahr hat er 200 Gläser Marmelade gekocht und 30 Kilo Plätzchen gebacken. Heuer wird er wohl auf 40 Kilogramm kommen. Gerade bereitet der Gebäck für die Weihnachtsfeier der Ambulanten Krankenpflege vor. Das Verzieren mit Couverture mache ihm allerdings keinen Spaß. Daher backe er "nur ganz einfache Kuchen", sagt er und schwärmt von seiner neuesten Kreation, einer dreistöckigen Torte mit Lagen aus Rumkugeln und Kirsch-Ananas. Denn "stimmungsvoll" sollen seine süßen Verführungen schon sein, damit sie anderen Leuten schmecken.

Heinz H. ist arbeitsunfähig und verfügt nur über den Hartz IV-Satz von 360 Euro. Wenn er einmal pro Woche vom Fahrdienst abgeholt wird, um seine Einkäufe zu erledigen, gibt er den größten Teil seines Geldes für Backzutaten aus. "Für mich brauche ich nicht viel", sagt er. Sein größter Wunsch ist eine Küchenmaschine - ein Gerät, mit dem man nicht nur Teig kneten kann, sondern auch Nüsse mahlen und Obst für die Marmelade pürieren kann. Auch einen Laptop hätte er gerne zur Verfügung, damit er über das Internet wieder Kontakt bekommt zu anderen Menschen. Denn er lebt alleine. Mit Spenden aus dem SZ- Adventskalender könnte Heinz H. geholfen werden.

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