B2-Tunnel:Starnberg droht der Verkehrskollaps

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"In dieser Zeit ist der Verkehr in Starnberg leider beeinträchtigt": Die Verantwortlichen bemühen sich derzeit noch um eine harmlose Beschreibung der zu erwartenden Auswirkungen auf den Verkehr. (Foto: Arlet Ulfers)

Die Kreisstadt wird sich verkehrstechnisch vom 24. August an im absoluten Ausnahmezustand befinden. Die wichtigste Ortspassage ist dann zwei Wochen lang gesperrt, weil für den B2-Tunnel auch eine neue Bahnbrücke gebaut werden muss.

Von Peter Haacke, Starnberg

Den Starnbergern steht ein heißer Sommer bevor, der insbesondere motorisierten Verkehrsteilnehmern und Fahrgästen der Bahn gut zwei Wochen lang einiges an Geduld abverlangen wird: Mit dem Einbau einer sieben Millionen Euro teuren neuen Eisenbahnbrücke über die Bundesstraße 2 - unabdingbar für den Bau des B2-Tunnels - werden die beiden wichtigsten Verkehrsverbindungen der Kreisstadt komplett gekappt. Die B2, auf der an Spitzentagen bis zu 40 000 Fahrzeuge unterwegs sind, wird vom 24. August bis voraussichtlich 6. September gesperrt, Bahnfahrer müssen sich vom 27. August bis 4. September auf "Schienenersatzverkehr" einstellen.

Welche konkreten Folgen Sperrung und Umleitungen zum Ende der bayerischen Sommerschulferien auf den Verkehrsfluss haben werden, ist kaum vorhersehbar. Nur soviel ist schon jetzt klar: "In dieser Zeit ist der Verkehr in Starnberg leider beeinträchtigt", sagte Projektleiter Mark Wüller von der DB Netz AG am Donnerstag.

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Was seitens der Bahn vergleichsweise harmlos klingt, dürfte sich zum Starnberger Sommerende drastisch auswirken: Die Stadt wird sich in verkehrstechnischer Hinsicht im absoluten Ausnahmezustand befinden, was zu großen Verdruss führen wird, zumal es für Autofahrer so gut wie keine "Schleichwege" gibt. Der kürzeste Weg durch die Stadt führt dann von der A 952 von München kommend über Petersbrunner und Leutstettener Straße in Richtung Weilheim. Aus der Gegenrichtung wird der Verkehr über Leutstettener Straße und die - zur Einbahnstraße umfunktionierte - Gautinger Straße nach München in östliche Richtung auf die B2 umgeleitet. Ultimatives Nadelöhr ist die Bahnunterführung in der Leutstettener Straße, die noch aufgeweitet werden muss, um auch größeren Lkw die Durchfahrt zu ermöglichen.

Erschwerend hinzu kommt: Die Staatsstraße 2063 von Starnberg nach Gauting, die eine Umleitung über Königswiesen ermöglicht hätte, ist auf Höhe des Forsthauses Mühlthal von Mitte Juni an bis Ende September wegen dringend erforderlicher Sanierungsarbeiten ebenfalls komplett gesperrt. Die neben der Würm verlaufende Böschung droht abzubrechen und muss stabilisiert werden. Aus diesem Grund ist während der B2-Vollsperrung auch ein Linksabbiegen von der Leutstettener Straße in Richtung Gauting nicht möglich: Das nötigt zwar Autofahrern, die nach Leutstetten möchten, eine Extrarunde über Gautinger Straße, Moosstraße und Petersbrunner Straße ab, soll insgesamt aber den Verkehrsfluss begünstigen. Darüber, wie sich Polizei, Notdienste, Rettungskräfte oder Feuerwehr am besten durch den erwarteten Dauerstau im Berufsverkehr am Starnberger Nadelöhr schlängeln sollen, soll noch ausführlicher gesprochen werden.

Alternativen zur geplanten Verkehrsführung gibt es nicht: Die Steuerungsmöglichkeiten des Verkehrs der Behörde in Weilheim sind vergleichsweise beschränkt, lediglich die Veränderung einzelner Ampelphasen ist möglich. Bis zur angekündigten Vollsperrung bleibt es auf der B2 bei einer dreispurigen Verkehrsführung, die sich im Übrigen bewährt habe und weitaus weniger Staus erzeugt habe als erwartet, wie Herwig Ludwig bemerkte, der Tunnel-Projektleiter beim Staatlichen Bauamt. Eine Sanierung der Hanfelder Straße, über die unlängst der Starnberger Stadtrat debattierte, wird es dieses Jahr definitiv nicht geben, sagte Behördenleiter Stefan Scheckinger. Und auch die für dieses Frühjahr geplante Probephase mit reduzierten Wegeverbindungen zur Starnberger Innenstadt wird frühestens 2024 erfolgen.

Aus Perspektive der Deutschen Bahn befindet sich das Vorhaben absolut im Zeitplan, erklärte Mark Wüller, Projektleiter für den Neubau der Eisenbahnbrücke. Derzeit entstehen neben den Bahngleisen die Eisenbetonsockel, auf die das neue Bauwerk im Sommer eingeschoben werden soll. Die Hälfte der Baukosten in Höhe von sieben Millionen Euro übernimmt die Bahn, 46 Prozent zahlt der Bund, und gut vier Prozent - also rund 300 000 Euro - verbleiben bei der Stadt für Extrawünsche wie Geh- und Radwege. Weniger klar ist hingegen, wie S-Bahn- und Regiofahrgäste in der Zeit der Brückenerneuerung an ihre Ziele gelangen. Derzeit arbeiten die Verantwortlichen an Plänen für einen Schienenersatzverkehr. Im Klartext: Bahnreisende müssen auf Busse umsteigen. Ob die Sammelfahrzeuge dann zwischen Bahnhof-See und Bahnhof-Nord oder Gauting verkehren, ist noch ungewiss.

Die Vorarbeiten für den Einschub der neuen Bahnbrücke laufen bereits. (Foto: Arlet Ulfers)
Lukas Schulte (links) und Herwig Ludwig (rechts) erklären die geplanten Umleitungen. (Foto: Arlet Ulfers)

Einigkeit herrscht bei Staatlichem Bauamt, Bahn und Stadt darüber, dass "jede Vollsperrung schlecht für den Verkehr" ist, sagte Scheckinger - insbesondere im sensiblen Starnberger Verkehrssystem, wo jede Änderung kurzzeitig durchschlagende Wirkung entfaltet. Doch auch für Einzelhandel und Gewerbetreibende stehen erschwerte Zeiten an: Für Betroffene ist laut Bürgermeister Patrick Janik (CSU, UWG, SPD, BLS) voraussichtlich im Juli eine Infoveranstaltung geplant. Gleichwohl sollen alle Betriebe während der B2-Vollsperrung erreichbar bleiben - wenn auch auf Umwegen.

Für Autofahrer hingegen wird es bei einer weiträumigen Umfahrungsempfehlung für die Kreisstadt am Starnberger See bleiben: Wenige Wochen vor der Komplettsperrung der Bundesstraße 2 sollen Infotafeln auf die Arbeiten hinweisen. Das Beste aber wird sein: Man meidet die Durchfahrt durch Starnberg, verschiebt sie auf die verkehrsarmen Nachtstunden - oder setzt sich unverdrossen aufs Fahrrad.

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