Süddeutsche Zeitung

Starnberg:Anwalt des Wespenbussards

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Naturschützer wollen den Bau der Starnberger Westtangente verhindern und bereiten Klage vor. Sie berufen sich dabei auf den Artenschutz.

Armin Greune

Selbst der Bau einer 2,5 Millionen Euro teuren Grünbrücke am Galgenberg kann die Kreisgruppe des Bunds Naturschutz (BN) nicht überzeugen: Der Umweltverband spricht sich nach wie vor entschieden gegen den Bau der Starnberger Westumfahrung aus. Fristgerecht wurden die Einwendungen zur Texturänderung des Vorhabens am Montag eingereicht. Sollte den Bedenken nicht Rechnung getragen werden, werde man weitere Schritte gegen die Umfahrung einleiten, sagt BN-Kreisvorsitzender Günter Schorn: "Die Stellungnahme dient auch der Vorbereitung einer Klage." Auch nach der jüngsten Änderung der Planung stünde der Nutzen der 3,2 Kilometer langen, rund zehn Millionen Euro teuren Spange zwischen Söcking und Hadorf in keiner Relation zum Schaden, der in der Natur angerichtet werde. Die in einem Gutachten zur Nordostumfahrung vorgelegten Prognosen wiesen die Westumfahrung abermals als "für die Verkehrsentlastung vollkommen unnützes Projekt" aus, meint Schorn. Der zu erwartenden siebenprozentigen Verkehrsentlastung der Starnberger Ortsdurchfahrt stünden schwerwiegende Eingriffe in die Landschaft und die Lebensräume bedrohter Tierarten gegenüber. Schorn kritisiert insbesondere die veraltete Biotopkartierung, die der Planung zu Grunde liegt: Darin seien viele geschützte Tier- und Pflanzenarten nicht berücksichtigt worden, die der BN im Bereich der Trasse festgestellt habe. Dies betreffe etwa Rotmilan, Wespenbussard, Rotes Waldvögelein und Sumpf-Glanzkraut. Weil zudem auch besonders gefährdete Kammmolche, Springfrösche und drei Fledermausarten vorkommen, hält der BN die Umfahrung nach europäischem Artenschutzgesetz für gar nicht genehmigungsfähig: Mit den vorgesehenen Schutzmaßnahmen an der Straße ließe sich weder das Störungs- noch das Tötungsverbot umgehen. Die nun vorgesehene Grünbrücke, die den 20 Meter tiefen Trasseneinschnitt am Galgenberg kaschieren soll, hat in Schorns Augen nur eine "Feigenblattfunktion": Zu beiden Seiten der 79 Meter breiten Brücke bliebe ein insgesamt 500 Meter langer Bereich, der von Tieren nicht überwunden werden könne. Zudem befürchtet der BN für das an die Trasse angrenzende FFH-Gebiet "Standortübungsplatz Maising" eklatante Beeinträchtigungen: Wenn der Verkehr über die Maisinger Schlucht durch die Westtangente wie prognostiziert bis zum Jahr 2025 auf das 2,4-Fache zunimmt, steige auch das Risiko für Fledermäuse, mit Autos zu kollidieren. Zwar seien Anpflanzungen von Bäumen geplant, um die nächtlichen Jäger auf höhere Flugrouten über die Straße zu leiten. Doch bis die Bäume dazu hoch genug gewachsen sind, könnten die Fledermauspopulationen schon erloschen sein, fürchtet Schorn. Und mit der Verkehrszunahme würden neben dem FFH-Gebiet auch die nahen Söckinger Wohngebiete unter der stark angestiegenen Lärmbelastung leiden. Nicht nur aus diesem Grund sei auch eine negative Stellungnahme der betroffenen Anlieger zur Westumfahrung zu erwarten, sagt Schorn. Die privaten Gegner und der Bund Naturschutz wollen ihre Interessen durch einen gemeinsamen Anwalt vertreten lassen.

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Quelle:
SZ vom 23.11.2011
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