Starnberg:Anerkannte Asylbewerber auf Wohnungssuche

Sabine Mach Kobe STarnberg (Caritas)

Sabine Mach vom Koordinationszentrum stellt Kontakte zu möglichen Vermietern her.

(Foto: privat/OH)

Flüchtlinge, die bleiben dürfen, finden oft keine neuen Unterkünfte im Landkreis, denn aus den Containern müssen sie schnellstens raus.

Von Astrid Becker und Blanche Mamer, Starnberg

Mehr als 1700 Flüchtlinge leben derzeit im Landkreis Starnberg. Die meisten von ihnen wohnen in den Containeranlagen, die einst vom Landkreis errichtet und mittlerweile größtenteils von der Regierung von Oberbayern geführt werden. Einige wenige sind dezentral untergebracht, das heißt in Privatwohnungen, die das Landratsamt zu Beginn der Flüchtlingswelle angemietet hatte. Mittlerweile jedoch müssten 417 von ihnen (Stand 6. September) aus den Containern ausziehen, weil sie anerkannt worden sind. Das Problem: Sie finden keine eigenen Wohnungen. Die Kontaktstelle Wohnraum für anerkannte Flüchtlinge im Ilse-Kubaschewski-Haus will Abhilfe schaffen - und vor allem potenzielle Vermieter beraten.

Täglich durchforstet Sabine Mach vom Koordinationszentrum Bürgerschaftliches Engagement für den Landkreis Starnberg (Kobe) das Internet nach Wohnungsangeboten. Wenn sich dort passende Angebote finden - das heißt: bezahlbarer Wohnraum - greift sie zum Telefonhörer oder nimmt via Email Kontakt mit den Anbietern auf. Als offizielle Institution habe sie es manchmal leichter, auf offene Ohren zu stoßen, als wenn sich ein anerkannter Flüchtling selbst um eine Wohnung bemüht. Es verwundert nicht, dass diese Menschen mittlerweile selbst an die Tür von Sabine Machs Büro in der Hanfelder Straße klopfen - auch wenn das so nicht gedacht war. Als die Kontaktstelle Anfang des Jahres ihre Arbeit aufnahm, ging es vor allem darum, Ansprechpartner für Immobilienbesitzer zu sein - vor und nach Abschluss eines Mietvertrages. Viele, so erzählt Mach, seien verunsichert, zum Beispiel, ob denn ein anerkannter Flüchtling genug Geld für eine Wohnung oder ein Zimmer besitze. Dabei springe das Jobcenter ein, wenn ein Flüchtling keine eigenes Einkommen habe oder zu wenig verdiene.

Für den Landkreis Starnberg gelten hier klare und im Vergleich zu anderen Nachbarlandkreisen weitaus großzügigere Vorgaben - angepasst an die hohen Mieten und damit indirekt auch den Grundstückspreisen des Fünfseenlands. Die Berechnung, wie hoch die Zuschüsse zu den Mieten ausfallen, sind freilich kompliziert. Sie richten sich nach Einkommen, nach Haushaltsgröße und nach der anfallenden Miete - und danach, in welche Gemeinde der anerkannte Flüchtling ziehen will. Im Landkreis Starnberg gibt es da durchaus Unterschiede: Zum Beispiel gilt für eine Person Wohnraum in einer Größe von bis zu 50 Quadratmetern als angemessen. Zudem gibt es festgelegte angemessene Kaltmieten, die in die Berechnung des Anspruchsmiteinfließen: In Andechs beispielsweise 540 Euro, in Tutzing bereits 565 Euro. Wenn mehr Menschen dort leben, Familien beispielsweise, erhöht sich nicht nur die Größe des sogenannten angemessenen Wohnraums, sondern auch der Betrag. Wer wissen will, ob er Anspruch hat, kann dies mit Hilfe eines Onlinerrechners ermitteln, der auf der Internetseite des Landratsamts zu finden ist (www.lk-starnberg.de). Das ist zwar nur die Berechnung für "normales Wohngeld", aber zumindest ein Anhaltspunkt, wie viel ein anerkannter Flüchtling als Mietzuschuss erwarten hat. Denn auch hier gibt es Unterschiede: Normales Wohngeld bewilligt das Sozialamt, den Zuschuss zur Unterbringung für anerkannte Flüchtlinge das Jobcenter. Dieses kommt für die Kosten der Unterkunft bis zur angemessenen Höhe auf und kann Kaution, Miete und Nebenkosten sogar direkt an den Vermieter zahlen. So ist es in einem Flyer vermerkt, den die Kobe aufgelegt hat: "Ich habe das mit dem Jobcenter extra dort vermerkt, weil ich dachte, dass das eine zusätzliche Sicherheit für die Vermieter bedeutet", erzählt Sabine Mach. Doch "Jobcenter" werde häufig gleichgesetzt mit Arbeitslosigkeit und sozialer Schwäche: "Viele fragen auch, ob denn der Bewerber überhaupt arbeitet." Auch diese Fragen beantwortet Sabine Mach geduldig. Immerhin: Seit Jahresanfang konnte sie auf diese Weise um die fünf Mietverträge zwischen Immobilienbesitzern und anerkannten Flüchtlingen vermitteln. "Wir stellen sozusagen den Kontakt her - nach den jeweiligen Bedürfnissen - und das in enger Zusammenarbeit mit den Helferkreisen, die ja die Flüchtlinge am besten kennen", sagt Mach.

Doch einfach ist dieser Job nicht für sie. Denn Wohnraum ist knapp. Und Sabine Mach weiß um die Situation der Menschen, die in den Containeranlagen leben. Kaum hätten diese den Anerkennungsbescheid bekommen, erhielten sie ein Schreiben der Regierung von Oberbayern, dass sie nun ausziehen müssten. Manchen, so sagt sie, werde dabei eine Frist gesetzt - mal abgesehen davon, dass sie als Fehlbeleger auch rund 300 Euro für die Unterkunft zahlen müssten. Die Abrechnung erfolge aber nicht immer sofort, so dass manche sogar Nachzahlungen in Höhe von mehreren tausend Euro zu erwarten hätten.

Die Menschen sehnten sich aber nach einer eigenen Wohnung, weil sie ihnen nach langer Zeit ein Stück normales Leben vermittele, so Mach. Ähnlich äußern sich auch viele Helfer. Zum Beispiel Hans-Wilhelm Knape aus Gauting. Ihm zufolge seien Container keine Wohnungen, in denen sich die Flüchtlinge heimisch fühlten, sondern temporäre Notunterkünfte, mit sechs Etagen- Eisenbetten, sechs Metallspinden, einem Tisch, sechs Stühlen und PVC-Boden. Anderes Mobiliar darf nicht verwendet werden, kein Teppich für die Kinder, um darauf zu spielen, keine Vorhänge, keine Ablagen, keine Schränkchen für persönliche Sachen. Dass anerkannte Flüchtlinge, die eine Arbeit haben und gut integriert sind, aus Wohnungsnot, weiterhin in den Containern wohnten und dafür noch Gebühren entrichteten, sei nicht hinnehmbar.

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