Starnberg:Amüsantes Spiel mit Klischees

Die Migrantigen

Lassen sich coachen: Aleksandar Petrovic und Faris Endris Rahoma (li) als kriminelle Einwanderer.

(Foto: FSFF)

"Die Migrantigen" ist der neueste Komödien-Coup aus Österreich

Von Armin Greune, Starnberg

Ohne die Österreicher wäre es ja um den Humor im neueren deutschsprachigen Film und Fernsehen übel bestellt. Von "Indien" (1993) über "Braunschlag" (2012) bis zur "Wilden Maus" schaffen es Autoren, Regisseure und Darsteller wie Josef Hader, David Schalko, Nicholas Ofczarek und Simon Schwarz selbst dann noch komisch zu sein, wenn sie eigentlich Dramen, Krimis, Gruselfilme oder bitterböse Gesellschaftsatiren drehen. Und jetzt geht auch noch mit "Die Migrantigen" ein neues Drehbuch-Dreigestirn am rot-weiß-roten Horizont auf, das sich fast schon mit dem legendären "Brenner"-Trio Hader/Wolf Haas/Wolfgang Murnberger messen kann.

Zwei Jahre lang haben Regisseur Arman T. Riahi und seine beiden Hauptdarsteller Aleksandar Petrovic und Faris Endris Rahoma gemeinsam am Drehbuch gewerkelt. Das merkt man dem Ergebnis auch an: "Die Migrantigen" ist so voll an pointierten Dialogen, urkomischen Szenen und witzigen Charakteren bis in die kleinsten Nebenrollen, dass es locker für zwei Filme gereicht hätte. Bei der leider mäßig besuchten Vorstellung am Donnerstag in der Schlossberghalle räumte Riahi freimütig ein, dass ihr Buch mehrmals von der Filmförderung abgelehnt wurde, "weil es nicht gut genug war, was ja auch stimmte". Am Ende hatte er für seinen ersten Spielfilm 1,5 Millionen Euro zur Verfügung. Es sei "ein sehr persönlicher Film" geworden, sagte der gebürtige Iraner Riahi. Ebenso wie der aus Serbien stammende Petrovic und der in Ägypten zur Welt gekommene Rahoma könne er "mit Nationalitäten nicht viel anfangen, wir können uns eher mit der Wiener Kultur identifizieren".

Doch die schauspielenden Kollegen müssten immer Figuren "wie Dealer, Taxifahrer und Zuhälter verkörpern, für die der Migrationshintergrund ein Problem ist". Hier nimmt auch "Die Migrantigen" seinen Ausgangspunkt. In der Folge entsteht ein vielschichtiges Spiel mit bekannten Klischees, bei dem das Publikum fast den Überblick verliert, wer hier alles wen verarscht. Da sind die längst integrierten Freunde Benny (Rahoma) und Marko(Petrovic), die für eine ehrgeizige Fernsehredakteurin (Doris Schretzmayer) die kriminellen Einwanderer Omar und Tito mimen und so den Ruf ihres Wiener Grätzls "Rudolfsgrund" ruinieren. Um glaubhafter rüberzukommen, engagieren sie den "echten Tschusch" Juwel (Mehmet Ali Salman) als Coach, der sich allerlei perfide Scherze auf Kosten seiner gutgläubigen Klienten Benny und Marko leistet.

Trotz kleiner dramaturgischer Schwächen entwickelt sich ein ebenso amüsantes wie hintergründiges Geschehen, das auch als Satire einer Medienlandschaft am Rand der Hysterie funktioniert. Die variantenreiche Kameraführung und ein perfekt abgestimmter Soundtrack (köstlich: "Esterreich" von Pireli) tragen das ihre zu diesem höchst gelungenen Erstling bei. Dazu kommen hervorragende Profiakteure (Josef Hader und Dirk Stermann setzen in Nebenrollen Akzente) und grandiose Laiendarsteller wie Salman. "Wir hoffen, dass der Film ein Geheimtipp wird", wenn er ab 7. September in deutschen Kinos läuft, sagte Riahi in Starnberg. Daheim haben ihn bereits 60 000 Besucher gesehen, an diesem Samstag wird er nochmals um 15.30 Uhr im Kino Starnberg gezeigt.

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