Mit verschränkten Armen hinterm Rücken verfolgte der 31-jährige Angeklagte am Freitag die Verkündung des Urteils: Zwei Jahre und sechs Monate wegen Vergewaltigung und Körperverletzung. Nach dem vierten Prozesstag sah das Schöffengericht Starnberg die Anklagepunkte als erwiesen an. Der Besucher einer Party soll im Februar 2022 in die damals 24 Jahre alte Gastgeberin nachts in ihrem Doppelbett gegen ihren Willen zweimal eingedrungen sein. Der Elektroingenieur, der die Frau über seinen Freund erst am Abend der Feier kennengelernt hatte, hat die Tatvorwürfe bestritten.
Er behauptete, den „Geschlechtsverkehr einvernehmlich“ mit der Klägerin mit einem Kondom in der Nacht ausgeübt zu haben. Zudem habe er sich nicht ungefragt in ihr Bett gelegt. Doch das bestätigte niemand der Zeugen. Das Gericht folgte vielmehr der Anklage und verwies auch auf ein rechtsmedizinisches Gutachten: 22 Stunden nach dem Vorfall stellte eine Ärztin frische Hämatome an den Oberschenkeln und an einem Arm der Frau fest. Das spreche für festes Zugreifen, Heranziehen und auseinander gedrückte Beine, erläutert die Sachverständige. Die Rechtsmedizinerin sagte zudem, die Frau und auch der Gast seien nur angetrunken gewesen; beim Angeklagten komme daher keine verminderte Schuldfähigkeit in Betracht.
Die junge Frau hatte in einer Videovernehmung vor einem Ermittlungsrichter erklärt, dass der Mann ihre klare Ansage missachtet habe, keinen Geschlechtsverkehr zu wollen. Es sei alles sehr schnell passiert. Sie sei „geschockt und wie gelähmt“ gewesen, nachdem sie zuvor noch versucht habe, sich wegzudrehen und mit ihren Ellenbogen nach hinten zu schlagen. Die Starnbergerin war zum Tatgeschehen unter Ausschluss der Öffentlichkeit auch im Gerichtssaal vernommen worden.
Die Aussagen der Geschädigten seien „detailliert und glaubwürdig“, sagte Richter Florian Schöfberger in seiner Urteilsbegründung. Die Klägerin habe auch nicht verschwiegen, dass sie den neuen Gast in der Küche und anfangs auch im Bett geküsst sowie bei einem Party-Trinkspiel wegen fehlender Stühle auf seinem Schoß gesessen habe. Auch sei nachvollziehbar, dass die Frau in der Schocksituation nicht in der Lage war, Hilfe zu holen. Drei weitere Personen – darunter der Freund des Angeklagten – hatten ebenfalls in dem Raum geschlafen, sagten aber aus, nichts vom Vorfall in dem abseits gelegenen Doppelbett mitbekommen zu haben.
Auch die psychischen Folgen für das Opfer sind gravierend
Es gebe keine Hinweise oder Motive, dass die Frau den Angeklagten zu Unrecht belastet hätte, sagte der Richter. Er verwies auf die psychische Belastung der heute 26-Jährigen: Sie befinde sich seither in Therapie, sei aus ihrer Wohnung ausgezogen und habe den Arbeitsplatz gewechselt. Auch ihr Wesen habe sich geändert, würden Freunde berichten.
Aus Gründen des Opferschutzes wurden die Plädoyers nicht öffentlich vorgetragen. Die Staatsanwältin forderte zwei Jahre und acht Monate Haft, die Vertreterin der Nebenklage drei Jahre und fünf Monate. Der Verteidiger verlangte einen Freispruch. Der Anwalt kündigte nach dem Urteil an, in Berufung gehen zu wollen.