Amtsgericht Starnberg:Sieben Sünden à 50 Euro

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Ein 27-Jähriger hatte wegen des mehrmaligen Erwerbs von Cannabis einen Strafbefehl erhalten. Sein Einspruch dagegen war teilweise erfolgreich.

Von Linus Freymark, Starnberg

Es ist immer die gleiche Zahl, die die Staatsanwältin beim Verlesen der Anklage herunterleiert, sieben Mal wird sie sie am Ende sagen: 3,7 Gramm à 50 Euro. Das ist die Menge an Cannabis, die der 27-jährige Angeklagte im Herbst 2020 von einem Bekannten gekauft haben soll. Erwischt worden ist er bei der Transaktion nicht. Die Polizei hatte aber den Dealer des jungen Mannes festgenommen und sich dessen Chatverläufe durchgelesen. So stießen die Ermittler auf den 27-Jährigen. Im Mai 2021 erging das Urteil für die sieben Drogendeals: Ein Strafbefehl über 90 Tage à 40 Euro - 3600 Euro für insgesamt etwa 25 Gramm Gras.

Dagegen hatte der junge Mann Einspruch erhoben, und so fand er sich am Dienstagmittag erneut im Amtsgericht wieder. Diesmal jedoch hatten sich Verteidiger, Richter und Staatsanwältin im Vorfeld auf eine Vereinbarung verständigt: Der Beschuldigte, so der Plan, müsse den Strafbefehl nicht sofort begleichen. Vielmehr werde er eine Bewährungszeit von eineinhalb Jahren vorgeschrieben bekommen, in der er regelmäßig Suchtberatungsgespräche und Drogen-Screenings absolvieren müsse. Würde er die Auflagen erfüllen und nicht wieder auffällig werden, müsste er die Tagessätze nicht bezahlen. Ein Aufschub auf Bewährung sozusagen.

Der sichtlich erleichterte 27-Jährige musste nicht lange überlegen. Er nahm den Vorschlag an und räumte ein, das Cannabis im Herbst 2020 auch gekauft zu haben. "Es war ein Fehler", sagte er über den Erwerb der Betäubungsmittel. Seither habe er aber keinen einzigen Joint mehr geraucht - seine Freundin habe ihm den Konsum untersagt, nachdem er erwischt worden war. Zudem gab der gelernte Raumausstatter an, nun auch wieder eine feste Anstellung zu haben, wenn auch nicht in seinem Ausbildungsberuf. Er arbeite Vollzeit in einem Burgerladen, sagte er, und habe stabile soziale Verhältnisse.

Der Angeklagte war außerdem zuvor nicht strafrechtlich auffällig geworden, wie auch Richter Ralf Jehle feststellte und diese Umstände bei der Urteilsfindung berücksichtigte. Es handele sich um "relativ geringe Menge" einer vergleichsweisen weichen Droge, sagte er. Nun liege es in den nächsten eineinhalb Jahren am Angeklagten, ob er die Strafe begleichen müsse oder nicht. "Lassen Sie die Finger von den Drogen!", riet er ihm zum Abschluss. Ein Ratschlag, der zumindest in Bezug auf Cannabis wohl bald nicht mehr in Gerichtssälen erteilt werden dürfte.

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