Amtsgericht Starnberg:Am Bankschalter ausgerastet

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Der Mann beleidigte auch einen Mitarbeiter des Starnberger Jobcenters als „Nazi“ - was jedoch der Angeklagte im Prozess vor dem Amtsgericht abstritt. (Foto: Arlet Ulfers)

Ein 39-Jähriger wird wegen Bedrohung und Beleidigungen zu einer Geldstrafe verurteilt. Der Angeklagte zeigt sich uneinsichtig.

Von Christian Deussing, Starnberg

Weil seine Mutter wegen eines gepfändeten Kontos Anfang des Jahres in einer Starnberger Bank kein Geld mehr abheben durfte, ist ihr Sohn rabiat geworden: Er warf laut Anklage einen Kugelschreiber mit Standfuß an einer erschrockenen Mitarbeiterin vorbei durch den Schalterraum und beleidigte sie als „Nazi“ und „ausländerfeindlich“. Der Angeklagte soll trotz Hausverbots einen Monat später mit einer Servicekarte zudem eine Filiale der Bank in Gauting betreten und im SB-Terminal die Botschaft eingetippt haben: „Ich töte den Betreuer.“

Doch damit nicht genug: Zwei Wochen zuvor hatte der Mann der Anklage zufolge einen Mitarbeiter des Starnberger Jobcenters in einem Telefonat wegen noch nachzureichenden Unterlagen als „Nazi“ beleidigt und behauptet, dass die Behörde „mit Banken und serbischen Geheimdiensten“ zusammenarbeite.

Der 39-Jährige, der sich im Prozess vor dem Starnberger Amtsgericht uneinsichtig zeigte, wurde nun wegen Bedrohung und Beleidigung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu 15 Euro verurteilt. Die Staatsanwältin forderte 3600 Euro und somit das doppelte Strafmaß. Sie verwies hierbei auch auf die einschlägigen Vorstrafen des derzeit arbeitslosen Systemingenieurs. Der hatte erklärt, dass die Videoaufnahmen von ihm am SB-Terminal „Deep Fakes“ seien, denn er kenne sich damit aus. Der Mann stritt zudem den Vorfall im Telefonat mit dem Jobcenter ab.

Die Bankangestellte und ihr Starnberger Filialleiter betonten, sich korrekt gegenüber der Kundin und ihrem Sohn verhalten zu haben und ihnen die nicht mögliche Auszahlung vom gesperrten Konto aufgrund der Pfändung erklärt zu haben. Man sei nicht ausländerfeindlich und behandele alle Kunden gleich, sagte der Filialleiter. Seine Mitarbeiterin gab an, dass der Vorfall für sie ein Schock gewesen sei und sie nicht gedacht habe, dass „jemand so aggressiv“ in der Bank auftreten könne.

Amtsrichter Ralf Jehle hielt die Aussagen der beiden Zeugen und einer Angestellten des Jobcenters in der Verhandlung als glaubhaft. Es gebe keinen Anlass, an deren Angaben zu zweifeln. Es müssten – wie in diesem Fall – Angestellte von Banken und Jobcenter vor diesen „völlig unangemessenen Verhaltensweisen geschützt werden“, befand der Richter. Gleichwohl berücksichtigte er in seinem Urteil die damalige finanzielle Notlage von Mutter und Sohn: Sie hätten sich offenbar ungerecht behandelt gefühlt und in einem „psychisch angespannten Zustand befunden“.

Darauf hatte auch der Verteidiger in seinem Plädoyer hingewiesen. Die beiden hätten seinerzeit nichts zu essen gehabt und seien verärgert gewesen, in dieser „Ausnahmesituation“ kein Geld erhalten zu haben, sagte der Anwalt im Prozess. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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