Wer hat die 114 Briefe in einem Wald bei Perchting weggeworfen und unter Laub versteckt? Der Verdacht fiel nach dem Fund auf den Fahrer eines Postservice-Partners. Ihm wurde zu Last gelegt, die Weihnachtspost im Dezember 2020 im Unterholz in der Starnberger Region entsorgt und aus sechs Briefen insgesamt 160 Euro gestohlen zu haben. Denn das Waldstück befand sich auf der Tour des Zustellers, der zwischen Huglfing und Starnberg Briefkästen entleert hatte, die als Einwurfort zu den Adressen der geschädigten Absender passten. Doch der angezeigte Postbote legte gegen den Strafbefehl von 120 Tagessätzen zu 40 Euro, also 4800 Euro, Einspruch ein. Denn er war sich keiner Schuld bewusst.
Die Geldstrafe hatte der 38 Jahre alte Mann, der in München wohnt, wegen Verletzung des Post- und Fernmeldegeheimnisses sowie wegen Diebstahls erhalten. Doch auch am dritten Prozesstag vor dem Starnberger Amtsgericht waren dem Angeklagten die Taten nicht nachzuweisen. Das hat schließlich auch der Staatsanwalt erkannt und plädierte auf Freispruch. Das Gericht folgte dem Antrag.
Der Angeklagte sei freizusprechen, weil es zu viele Widersprüche und zu wenig eindeutige Erkenntnisse in dem Fall gebe, befand Richterin Tanja Walter. Zwar hatte ein Mitarbeiter der Post-Security in dem Indizienprozess anhand von Touren- und Dienstplänen den Zusteller belastet, wobei sich der Zeuge auch auf GPS-Daten des Fahrzeugs berief. Allerdings kam bei späteren polizeilichen Ermittlungen heraus, dass im relevanten Tatzeitraum im Transporter des verdächtigen Zustellers kein GPS-System mehr verbaut gewesen ist.
Überdies gab es keine lückenlosen Nachweise darüber, wer die Briefkästen wann geleert hatte. Im Fokus standen zwar die Samstags- und Freitagstouren, doch auch andere Tage mit unterschiedlichen Briefkastenstrecken konnten nicht ausgeschlossen werden. Zudem hatte der Angeklagte an einem Tag seinen Briefkastenschlüssel verloren, der aber bald wieder auftauchte. Aber auch hier war nicht mehr zu klären, wer den Schlüssel womöglich eigenhändig benutzt haben könnte.
Die GPS-Daten waren zur fraglichen Zeit nicht vorhanden
Vieles blieb an diesem Fall nebulös, trotz erkennbaren Bemühens des Gerichts, die Sache aufzuklären. Die Verteidigerin führte zudem an, dass der Mitarbeiter der Post-Security, der den Zusteller belastet hatte, bei seiner zweiten Aussage in dem Verfahren ihrer Ansicht nach einen "konfusen Eindruck" hinterlassen habe - zum Beispiel hinsichtlich der GPS-Daten, die in der fraglichen Zeit gar nicht vorhanden gewesen seien.
Dass vieles in diesem Prozess nicht mehr zu verifizieren war, hat letztlich zu dem Freispruch geführt - bei dem "im Zweifel für den Angeklagten" entschieden wurde.