Süddeutsche Zeitung

Starnberg:80 000 Euro ersparen Vorstrafe

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Gericht stellt Radiologen-Prozess gegen hohe Geldauflage ein

Von Christian Deussing, Starnberg

Einem selbständigen Radiologen soll in seiner Klinik-Praxis ein verhängnisvoller Fehler unterlaufen sein: Der Staatsanwaltschaft zufolge hatte der Arzt "aus Unachtsamkeit" die Hirnblutung eines 91-jährigen Patienten in der Computertomografie übersehen. Der Pöckinger hatte sich im Oktober 2014 zuhause nach einem Sturz gegen einen Heizkörper am Kopf verletzt. Der Zustand des Mannes verschlechterte sich so dramatisch, dass er kurzfristig in eine Unfallklinik verlegt werden musste. Dort starb der Rentner jedoch kurz darauf. Laut Anklage wäre der Tod des Pöckingers "vermeidbar" gewesen, wenn man mit einer "richtigen Diagnose medikamentös und operativ" der Blutung unter der Hirnhaut begegnet wäre.

Der Radiologe erhielt später wegen "fahrlässiger Tötung durch Unterlassen" einen Strafbefehl von 90 Tagessätzen à 500 Euro - also eine Geldstrafe von 45 000 Euro. Das wollte der 64-jährige Mediziner allerdings nicht akzeptieren, weshalb der Fall am Mittwoch vor dem Amtsgericht Starnberg verhandelt werden sollte. Mit drei Verteidigern war der Angeklagte erschienen, die gleich nach Verlesung der Anklage um ein Rechtsgespräch baten. Der Deal dauerte nicht lange, die Parteien einigten sich hinter verschlossen Türen nach zehn Minuten: Die Amtsrichterin stellte das Verfahren gegen eine Geldauflage von 80 000 Euro ein. Die Staatsanwaltschaft habe für die Vereinbarung zunächst noch die doppelte Summe des Strafbefehls - demnach 90 000 Euro - gefordert, hieß es. Das war offenbar aber keine Hürde mehr.

Laut Gericht müssen die 80 000 Euro bis zum 30. September zugunsten der Staatskasse eingezahlt sein. Wird die Frist eingehalten, ist das Verfahren zu den Akten gelegt. Somit hätte der Radiologe eine Vorstrafe abgewendet. Die Details kamen in der Hauptverhandlung - ohne Zeugen, Plädoyers und Stellungnahme eines Sachverständigen - nicht mehr zur Sprache. Die Verteidigung hatte überdies erst einen Tag vor dem Prozess ein eigenes Gutachten vorgelegt.

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Quelle:
SZ vom 29.06.2017
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