Süddeutsche Zeitung

Standort für Gymnasium:17 Eigentümer, kaum Gemeinsamkeiten

Im Streit um das Herrschinger Gymnasium erläutert Bürgermeister Christian Schiller seine Bemühungen und wirft den Organisatoren des Bürgerbegehrens "Unwahrheiten" vor. Initiator Willi Welte widerspricht.

Von David Costanzo

Bislang hat Bürgermeister Christian Schiller sich bedeckt gehalten: Im Dezember hat er allen Grundeigentümern zwischen Seefelder Straße und Gewerbegebiet geschrieben und sie gefragt, ob sie tatsächlich für 70 Euro pro Quadratmeter verkaufen wollen, falls das geplante Gymnasium dort und nicht wie bislang geplant an der Mühlfelder Straße gebaut werden sollte. Genau dafür werben die Initiatoren des Bürgerbegehrens. Doch nach Darstellung Schillers stehen gar nicht genügend Flächen zum Verkauf. Damit wäre die Unterschriftensammlung hinfällig.

Das hätten die Antworten der Grundbesitzer ergeben, in die der Bürgermeister am Montagabend den Gemeinderat hinter verschlossenen Türen eingeweiht hat. Mit Blick auf das Bürgerbegehren - initiiert von CSU-Gemeinderat Willi Welte und Gerhard Knülle - spricht er von "Unwahrheiten und Polemik". Welte widerspricht und bleibt bei seiner Aussage, dass genügend Besitzer einen Deal mit Gemeinde und Landkreis eingehen würden, um das Gymnasium doch noch im Norden der Gemeinde bauen zu können.

Die Äcker zwischen Seefelder Straße und Gewerbegebiet messen etwa zehn Hektar, das entspricht vierzehn Fußballfeldern. Drei Hektar sind bereits im Besitz der Gemeinde. Der Rest besteht aus 25 Flurstücken, die im Besitz von 17 Eigentümern sind - ein Flickenteppich aus schmalen Streifen unterschiedlicher Größe. Von 17 Besitzern hätten 14 geantwortet, sagt Schiller. Acht hätten ihm eine glatte Absage erteilt. Drei wollten etwa zwei Drittel ihres Grundes zu einem "angemessenen Preis" verkaufen, woraus Schiller schließt, dass sie mehr als die angebotenen 70 Euro pro Quadratmeter fordern - und dazu verlangten sie Baurecht für den Rest ihres Grundstücks. Drei weitere erwarteten ebenfalls einen "angemessenen Preis" und machten den Bau des Gymnasiums auf ihrem Grund zur Auflage. Die übrigen drei Eigentümer hätten das Einschreiben der Gemeinde schlicht nicht beantwortet.

Weltes Rückzug

Das Bürgerbegehren bewegt nicht nur die Gemeinde Herrsching, sondern ganz besonders den Ortsverband der CSU. Initiator Gerhard Knülle war lange Ortsvorsitzender, Willi Welte war Sprecher der Gemeinderatsfraktion und Mitglied des Ortsvorstands. Beide Funktionen hat Welte nicht mehr inne: Nachdem die Fraktion ihn vor Weihnachten als Sprecher abgewählt hatte und sich gegen das Bürgerbegehren positionierte, hat Welte wiederum seinen Rücktritt als Mitglied des Ortsvorstands eingereicht. "Das Vertrauensverhältnis ist nicht mehr so, dass ich mich engagieren will." Am Dienstagabend wollte der Ortsvorstand über die Forderung aus der Partei beraten, eine außerordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen. Ein Ergebnis wurde nicht bekannt.dac

Wobei der Preis nicht einmal das größte Problem sei. "Selbst wenn wir die Grundstücke geschenkt bekommen, wäre ein Gymnasium dort unmöglich", sagt Schiller. Um aus dem Flickenteppich ein zusammenhängendes Baufeld zu stricken, sei eine Art Grundstückstausch nötig, ein Umlegungsverfahren, bei dem auch die fehlenden Flurnummern nötig seien. Noch dazu sei die Bedingung "Verkauf gegen Baurecht" eine "illegale Kopplung". Ganz davon zu schweigen, dass ein Teil des Gemeindegrunds noch Jahre für die Asylunterkunft an den Landkreis verpachtet sei. An die Adresse der Initiatoren der Unterschriftensammlung sagt er darum: "Ein Bürgerbegehren ist ein wichtiges demokratisches Instrument. Wenn es auf Unwahrheiten oder auf Polemik basiert, dann läuft man Gefahr, dass dieses Werkzeug missbraucht wird." Es sei nicht so, dass die Herrschinger eine Wahl hätten, wo das Gymnasium gebaut werde. Im Gegenteil: Landrath Karl Roth (CSU) habe klar gemacht, dass die Schule nur an der Mühlfelder Straße gebaut werde.

Initiator Welte will keinen Zwischenstand abgeben, wie viele der etwa 720 nötigen Unterschriften für einen Bürgerentscheid schon beisammen sind. Er rechne damit, dass die Zahl bis Ende Januar erreicht sei. Der Gemeinderat will auch nicht mehr auf Provokationen eingehen: "Da fällt mir nichts mehr ein." Welte bleibt bei seiner Aussage, dass sieben von neun Eigentümern ihm die Zusage gegeben hätten, Grund zu verkaufen. Das entspreche 30 000 Quadratmetern - zusammen mit dem Gemeindegrund genug zusammenhängender Platz für das Gymnasium. Die anderen von Schiller befragten Besitzer seien gar nicht für den Bau nötig.

Im Gegenteil blieben sogar etwa 12 000 Quadratmeter, um Wohnungsbau oder ein Einheimischenmodell zu verwirklichen. Aus diesem Grund seien die Initiatoren und ihr Rechtsanwalt auch der Meinung, dass die Verbindung mit dem Baurecht möglich sei, da ein sozialer Zweck vorliege. Die Chance auf ein Einheimischenmodell in Herrsching sei seine Motivation für das Bürgerbegehren - und nicht "persönliche Sachen".

Schiller verhehlt nicht, dass er ein Auge auf das Areal an der Seefelder Straße habe. Auch wenn dort kein Gymnasium entstehe, würde die Gemeinde Grund für die angebotenen 70 Euro pro Quadratmeter kaufen. Das Gelände biete "eine einmalige Chance der Entwicklung" für Herrsching. Das aber sei ein "Jahrhundertprojekt" und ein "Generationenauftrag" - sprich: Zukunftsmusik.

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SZ vom 10.01.2019
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