Süddeutsche Zeitung

Städtepartnerschaft:Teure Freunde

Feldafing will eine Partnerschaft mit der ähnlich noblen südfranzösischen Kleinstadt Bouc-Bel-Air eingehen. Besuche dort könnten kostspielig werden.

Von Sylvia Böhm-Haimerl

Die Gemeinde Feldafing wird eine Städtepartnerschaft mit der südfranzösischen Kleinstadt Bouc-Bel-Air eingehen. Den Text zur Partnerschaftsurkunde hat der Gemeinderat gegen die Stimme von Maximiliane Gerber (BGF) abgesegnet. Die Freundschaft soll zur Völkerverständigung beitragen. Zudem sollen die menschlichen, kulturellen, sportlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Gemeinden gefördert werden. Insbesondere die Jugend soll durch einen Schüleraustausch zwischen dem Tutzinger Gymnasium und dem dortigen Collège freundschaftlich zusammengeführt werden. Bürgermeister Bernhard Sontheim hofft, dass im Herbst eine Feldafinger Delegation nach Frankreich reisen kann, um die Partnerschaftsurkunde offiziell zu unterschreiben.

Bouc-Bel-Air liegt im Arrondissement Aix-en-Provence und hat knapp 15 000 Einwohner. Nach Angaben von Sontheim ist in Bouc-Bel-Air kulturell viel geboten, der Ort sei allerdings ähnlich hochpreisig wie Feldafing. Bereits vor zwei Jahren hatte der Gemeinderat die Städtepartnerschaft grundsätzlich befürwortet. Damals war eine französische Delegation nach Feldafing gekommen, laut Sontheim zeigte sie sich begeistert von dem Ort am See.

Ein Gegenbesuch war für 2020 geplant, doch Corona machte den Feldafingern einen Strich durch die Rechnung. Dies tat den guten Beziehungen jedoch keinen Abbruch. Bei einer Video-Konferenz habe sein Amtskollege kürzlich den Wunsch geäußert, trotz der Pandemie mit der Städtepartnerschaft zu starten, sagte Sontheim. Der Vorschlag mit dem Ort in der Nähe von Aix-en-Provence freundschaftliche Beziehungen einzugehen, kam von den Feldafinger Bürgerinnen Ilse Vossius und Margret Nouicer-Gehle, die dort private Verbindungen haben.

Wie sie berichteten, gebe es in Bouc-Bel-Air eine sehr engagierte Gruppe von Bürgern, die bereits einen ersten Prospekt auf Deutsch herausgebracht habe. Auch in Feldafing habe sich ein Kreis von etwa 25 "Frankophilen" gebildet, die beispielsweise einen Französisch-Auffrischungskurs anbieten könnten.

Kritisch beurteilte Gerber zweierlei: dass die Orte etwa 1000 Kilometer voneinander entfernt sind und dass Besuche mit hohen Kosten verbunden sind. Es gebe auch Normalverdiener in Feldafing. Für diese Familien seien der Schüleraustausch und Gegenbesuche nur schwer zu finanzieren. "Wir sollten eine Partnerschaft für alle möglich machen", sagte sie. Zudem werde bereits seit Jahren in den Gymnasien Tutzing und Starnberg ein Schüleraustausch mit Frankreich angeboten.

Nach den Erfahrungen von Nouicer-Gehle ist es jedoch in der heutigen Zeit sehr schwierig, in Frankreich Gruppen zu finden, die an einer Städtepartnerschaft interessiert sind: "Wir sollten uns das nicht entgehen lassen." Der ADFC-Kreisvorsitzende und Grünen-Gemeinderat Anton Maier relativierte die Entfernung. "Nur 1000 Kilometer - das bietet sich für eine Radl-Tour an", sagte er.

Vor dem Hintergrund, dass die Städtepartnerschaft mit der ungarischen Gemeinde Tóalmás in den vergangenen Jahren im Sand verlaufen ist, war das Gremium begeistert von der Aussicht auf eine neue Jumelage. "Es ist sehr schön, wenn es von Feldafing aus belebt wird", fand Nandl Schultheiß (CSU). Dem Vorschlag von Stephan Zeckser (Grüne) wegen einer möglichen politischen Nähe zu Marine Le Pen im Text der Partnerschaftsurkunde explizit rechtsextreme Strömungen auszuschließen, erteilte das Gremium eine Absage. "Ich möchte das nicht politisieren", brachte Ute Eiling-Hütig (CSU) die Meinung der Räte auf den Punkt. Ebenso wie Sontheim war das Gremium überzeugt, dass ein Partnerschaftsverein gegründet werden soll, um die neue Freundschaft auf eine breite Basis zu stellen.

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SZ vom 08.06.2021
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