Starnberger Hotel:Die Bieterschlacht bleibt aus

Alles muss raus: Nach einer Online-Auktion ist das Interieur des Bayerischen Hofs zum Großteil verkauft. Spitzenpreise erzielen Designer-Stühle, Küchenmaschinen und Bilder.

Von Peter Haacke, Starnberg

Starnberger Hotel: Ausverkauf: Eine Kini-Büste des Bayerischen Hofs brachte 337 Euro ein.

Ausverkauf: Eine Kini-Büste des Bayerischen Hofs brachte 337 Euro ein.

(Foto: Rockmann Industrieauktionen GmbH)

Das Starnberger Hotel "Bayerischer Hof" ist Geschichte: Seit Dezember 2020 ist das marode Gebäude verwaist, bis Ende Mai soll es nun komplett geräumt sein. Das Interieur - also die gesamte Ausstattung - ist am Wochenende unter den Hammer gekommen: Im Rahmen einer Online-Auktion waren seit Mitte April insgesamt 659 Posten zur Versteigerung im Angebot. Spiegel, Lampen, Teller, Tassen, Küchengerät, Werkzeuge: Das Auktionshaus Rockmann, ein zertifiziertes und professionelles Unternehmen aus dem Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen (Mittelfranken), hat ganze Arbeit geleistet. Lediglich 28 Lose sind noch im Nachverkauf. Einige wenige zog der bisherige Hotelpächter Nicolas Schrogl allerdings kurzfristig zurück, weil das Angebot zu niedrig war. Der Erlös blieb mit einer fünfstelligen Summe zwar im erwarteten Rahmen, dennoch wurden laut Schrogl nicht einmal 20 Prozent der Investitionssumme in Höhe von 200 000 Euro erzielt. Die Überraschung: Nicht etwa eines der hochwertigen Küchengeräte oder Bilder erzielte den höchsten Preis, sondern ein Konvolut mit 27 Stühlen für 2700 Euro.

Starnberger Hotel: Eine alte Weltkarte gehörte ebenfalls zu den Auktionsstücken.

Eine alte Weltkarte gehörte ebenfalls zu den Auktionsstücken.

(Foto: Rockmann Industrieauktionen GmbH)
Starnberger Hotel: Hotelbett zu ersteigern: Die komplette Ausstattung des Starnberger Traditionshotels ist unter den Hammer gekommen.

Hotelbett zu ersteigern: Die komplette Ausstattung des Starnberger Traditionshotels ist unter den Hammer gekommen.

(Foto: Rockmann Industrieauktionen GmbH)

Rund 80 Personen hatten sich bereits am letzten April-Wochenende eingefunden, um das Inventar noch einmal zu begutachten. Auktions-Profis waren darunter, aber auch viele Vertreter der älteren Generation. In kleine Gruppen eingeteilt - mehr als 20 Personen durften laut behördlicher Auflage zeitgleich nicht hinein - ging es durch das 1865 erbaute Haus, wobei auch "viele Tränen geflossen sind", berichtete Auktionator Markus Rockmann: Die Starnberger fühlen sich dem geschichtsträchtigen Haus, in dem unzählige Veranstaltungen der verschiedensten Gruppen stattfanden, offenbar eng verbunden - ein sentimentaler Abschied mit vielen Erinnerungen. Rockmann: "Viele wollten einfach nur mal reinschauen."

Die Bilder stoßen auf überraschend großes Interesse

Bei einem Startpreis von einem Euro - hinzu kamen 18 Prozent Aufgeld und 19 Prozent Umsatzsteuer - herrschte dennoch Schnäppchenalarm. Spitzenpreise erzielten etwa zwei "Flat Base Easy Chair"-Designerstühle von Herman Miller für 674,02 Euro oder eine Terrassentisch-Garnitur (589,76 Euro). Weniger gut ging betagte Technik: Sechs 32-Zoll-Fernseher für 224,67 Euro dürften als günstig gelten, die Telefonanlage mit Haupt- und Nebentelefon sowie 20 Zimmerapparaten blieb bei 1,40 Euro. Ein Angebot für ein komplettes Doppelzimmer mit Betten, Nachtkästen, Stühlen, Schrank, Garderobe, Lampen und Vorhängen erzielte 77,23 Euro, andere Ausstattungen gab es noch billiger. Immerhin, die Rezeptionsklingel erzielte 63,19 Euro. So etwas wie eine Bieterschlacht deutete sich kurzzeitig um das sehr aufwendig gestaltete, teilweise blattvergoldete "König Ludwig"-Zimmer im königlichen Stil mit zwei goldfarbenen Schwänen an. Am Ende aber blieb der Preis bei nur 393,18 Euro.

Starnberger Hotel: Weniger gefragt: die Telefonanlage mit 20 Zimmerapparaten.

Weniger gefragt: die Telefonanlage mit 20 Zimmerapparaten.

(Foto: Rockmann Industrieauktionen GmbH)
Starnberger Hotel: Erzielte immerhin 63,19 Euro: die Rezeptionsklingel.

Erzielte immerhin 63,19 Euro: die Rezeptionsklingel.

(Foto: Rockmann Industrieauktionen GmbH)

Insbesondere die Bilder hatten laut Schrogl überraschend viele Interessenten gefunden. Neben Abbildungen von Kaiserin Elisabeth und König Ludwig II. überwogen Heimatdarstellungen, die zumeist zu angemessenen Preisen den Besitzer wechselten. Lediglich die martialisch anmutenden Jagdszenen auf Wildschweine, Hirsche oder Hasen erzielten jeweils nur 1,40 Euro. Ebenfalls gefragt: Gemälde wie "Schiff im Meer", "See vor Bergen" oder "Berge mit See", eine König-Ludwig-Büste (337 Euro) oder eine Maria-mit-Kind-Holzfigur (308 Euro). Im krassen Gegensatz dazu die beeindruckende Replika "Frau mit Kopftuch": Der einzige Posten mit einem Startpreis von 550 Euro verbleibt weiterhin bei Schrogl, weil das Bild vermutlich sehr viel mehr wert sein könnte.

Gleiches gilt auch für zwei qualitativ hochwertige Kaffeeautomaten. Für ein nahezu neuwertiges vollautomatisches Modell mit Milchkühler hatte der Hotelpächter noch vor zwei Jahren 18 000 Euro bezahlt, im Verkauf erzielte die Maschine lediglich 2106 Euro - viel zu wenig. "Die haben wir nicht hergegeben", sagte Schrogl, "die vermiete ich lieber". Im Gegensatz dazu eine professionelle Gastro-Spülmaschine, für die ein Käufer 1544 Euro zahlte, oder die Aufschnittmaschine für 477 Euro.

Im Gegensatz zu den meisten Käufern, die sich ein Stück Erinnerung an das Starnberger Hotel sicherten, war die Auktion für Rockmann, der auf zwei Einträge ins Guinessbook der Rekorde verweisen kann, reine Routine - wenn auch unter neuen Vorzeichen: "Es ist nicht mehr so, wie es früher einmal war", sagte der Präsident des Bayerischen Versteigerer-Verbands. Per Internet müssten sich die Bieter nun registrieren, dabei werde das Eigentum doch traditionell per Hammerschlag übertragen. Dieser Tage erstellt er die Rechnungen, in den kommenden Tagen müssen die Käufer ihren Erwerb aus dem Bayerischen Hof holen; die Zimmer sind "besenrein" zu übergeben. Schrogl ist im Großen und Ganzen zufrieden mit dem Verlauf der Auktion, auch wenn "einige Dinge überhaupt nicht den erwarteten Preis erreicht haben". Der Verlust des Hauses, das bis 31.Mai leer stehen muss, sei schon "sehr, sehr schade", sagt Schrogl . Vor allem für Stammgäste, von denen viele getrauert hätten.

Wie es mit dem maroden Haus im Eigentum der Stadt Starnberg weitergehen wird, ist ungewiss. Der Stadtrat setzt auf einen Konzeptwettbewerb, der neben dem Bayerischen Hof auch die Alte Oberschule (Villa Bayerlein) mit einbeziehen soll. Die Stadtverwaltung erarbeitet derzeit Rahmenbedingungen für eine Ausschreibung für das insgesamt knapp 7500 Quadratmeter umfassende Areal, denkbar sind vielfältige Nutzungsmöglichkeiten. Bis sich im Herzen der Stadt aber etwas tut, werden voraussichtlich noch Jahre vergehen. Nur in einem Punkt herrscht bislang politische Einigkeit: Die prägende Wirkung der historischen Gebäude soll in jedem Fall erhalten bleiben.

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