Hockey ist teuer und gefährlich, Fußball zeitintensiv, und wer erfolgreich Basketball spielen will, braucht lange Beine. "Alles Quatsch", sagt Nils Kowalczek. Den 44-Jährigen ärgert das Halbwissen über Sportarten, vor allem wenn Eltern darauf basierend eine Entscheidung für ihre Kinder treffen - und dann enttäuscht werden. "Mit Pech ist die Frustration darüber so groß, dass das Kind für einen Vereinssport komplett verloren ist." Der ehemalige Hockey-Nationaltorwart hat darum 2017 "Tinongo" ins Leben gerufen, ein Internet-Portal, das Eltern bei der Suche nach der richtigen Sportart für das Kind unterstützt. "Denn jedes Kind soll die Möglichkeit haben, Sport zu machen."

Mehr als 70 Sportarten stellt der Gilchinger vor, darunter auch Exoten wie Floorball, Orientierungstauchen, Korfball oder Finswimming. Ein kurzer Text erklärt den Sport, dann folgen Angaben zu Altersempfehlungen, Kosten- und Zeitaufwand, wobei sich Kowalczek dabei auf die Angaben der jeweiligen Verbände bezieht. Wer will, kann mit entsprechenden Filtern Indoor- und Outdoorsport ausschließen, zwischen Einzel- und Mannschaftssport wählen sowie passend zum Alter des Kindes suchen. Um zu vermeiden, dass Eltern mit Wohnsitz in Kiel sich dann für den Bobsport erwärmen, um schließlich festzustellen, dass der nächste Verein vier Autostunden entfernt liegt, baut der Online-Marketingprofi, der hauptberuflich für eine Firma in Krefeld tätig ist, aktuell eine Datenbank für eine Umkreissuche auf. Doch auch ohne das Zusatzangebot ist die Nachfrage groß. Monatlich besuchen 6300 Menschen die Seite, 500 von ihnen nutzen die integrierte Vereinssuche der Verbände.

Für Kowalczek war sein Sport immer eine Selbstverständlichkeit. Von Limburg wechselte er 2000 zum HLC Rot-Weiß München, wo er noch in der gleichen Saison Deutscher Meister wurde. Zu seinen sportlichen Höhepunkten im Nationaltrikot zählt der Europameistertitel 1997 sowie die Bronzemedaille bei der WM im Jahr darauf. "Den Einsatz, den meine Eltern damals für mich gebracht haben, weiß ich erst heute zu schätzen", sagt er. Denn Sport sei viel mehr als gesund. Ihm selbst habe er das Leben gerettet. Das jedenfalls sagten ihm die Ärzte, als sie im vergangenen Jahr einen aggressiven, schnell wachsenden Darmkrebs diagnostizierten. Zweimal wurde der ehemalige Leistungssportler operiert, "ich war danach sehr schnell wieder fit". Der Familienvater spielt nach wie vor Hockey in München, wenn auch nur noch in der zweiten Mannschaft. Zur Halle fährt er dennoch fast täglich: Die beiden Kinder und Ehefrau Angelika spielen ebenfalls Hockey. "Der Klassiker." Doch was, wenn die Eltern keinen Bezug zu einer bestimmten Sportart haben?
Der Einstieg ist wichtig, davon ist Kowalczek überzeugt. Seit ein paar Monaten interviewt er für einen Blog auf seiner Seite regelmäßig Spitzensportler wie Britta Steffen, Matthias Steiner oder Julius Brink. Es geht darum, wie sie ihre Karriere gestartet haben und durch ihre Erfolge mitunter Vorurteile über ihren Sport entkräftet haben. "Es ist machbar" heißt Tinongo, eine Redewendung in Simbabwe. Das entdeckte Kowalczek aber erst, als er die Plattform startete. Ursprünglich hatte seine Tochter das Wort kreiert. Als Kleinkind meinte sie damit Flamingos. Das gefiel Kowalczek und Jahre später kramte er es wieder hervor, weil es sein Idee zur Sportartsuche treffend beschreibt: "Eine bessere Sicht auf etwas, was man zu kennen glaubt."