Sozialausschuss:Der lange Weg zu gleichen Chancen

Der Landkreis will für Menschen mit Behinderung Barrieren abbauen und neue Wohnformen fördern

Von Sabine Bader, Starnberg

Gleichberechtigt dabei zu sein, das klingt einfach, ist aber für Menschen mit Behinderung nicht immer leicht. Der Kreistag hat sich zum Ziel gesetzt, ihre Teilnahme am Alltagsleben zu fördern. Gerade während und nach der Corona-Pandemie sei dies besonders wichtig, hieß es in der jüngsten Sitzung des Sozialausschusses des Landkreises. Denn nur wenn alle Menschen dabei sein könnten, werde es auch normal, verschieden zu sein. Hinzu komme, dass alle etwas von der Teilhabe hätten: Wenn es zum Beispiel weniger Treppen in Innenstädten oder auf den Dörfern gebe, hätten es auch Leute mit Kinderwagen und Ältere leichter, die nicht mehr so gut zu Fuß sind. "Inklusion funktioniert nicht ohne Barrierefreiheit", sagte der Behindertenbeauftragte des Landkreises, Maximilian Mayer.

Das will sich der Landkreis trotz knapper Kassen auch weiterhin einiges kosten lassen. 60 000 Euro waren 2020 für Veranstaltungen wie die Disconacht von und für junge Menschen mit und ohne Behinderungen und die Fortführung des Videoprojektes "Reden auf Rädern" eingeplant. Doris Meszaros, die sich im Auftrag des Landkreises verstärkt um die Inklusion von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Handicap kümmert, berichtete den Kreisräten über das Videoprojekt und über das "Sportabzeichen zum Schnuppern". Aktionen, die bei Behinderten wie Nichtbehinderten gleichermaßen gut angekommen seien. Da aber wegen der Corona-Pandemie Präsenzveranstaltungen größtenteils nicht stattfinden konnten, wurde nur ein Teil der Mittel (nicht ganz 33 000 Euro) hauptsächlich dafür verwendet, die Kosten für Informations- und Dokumentationsschriften zu bestreiten: etwa den Wegweiser für Senioren und Menschen mit Behinderung, eine Online-Karte für barrierefreie Orte und die Checkliste "Lebenswerte Kommune für Alle! barrierefrei. generationengerecht. demenzfreundlich."

Im August 2020 widmete man sich in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Wirtschafts- und Tourismusentwicklung im Landkreis (Gwt) darüber hinaus der beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderung. Schließlich haben sich im Aktionsplan des Landkreises private und öffentliche Arbeitgeber unter anderem dazu verpflichtet, von 20 Beschäftigten an fünf Prozent der Stellen mit schwerbehinderten Menschen zu besetzen. Wird diese Quote nicht erfüllt, muss eine Ausgleichsabgabe bezahlt werden. Diese sei viel zu niedrig, kritisierte Kreisrat Peter Unger von den Grünen im Ausschuss. Und der Behindertenbeauftragte Mayer hat die Erfahrung gemacht: "Hier gilt es noch, viele Vorurteile von Arbeitgebern abzubauen." Bei der Frage nach dem Ist-Stand in den Gemeindeverwaltungen des Landkreises blieben Andechs, Berg, Inning, Krailling und Wörthsee die Angaben schuldig, da sie die Beschäftigungsquote für 2020 im Februar noch nicht errechnet hatten. In Tutzing (2,5 Prozent) und Herrsching (3,9 Prozent) wurde die Quote nicht eingehalten. Alle anderen Kommunen im Landkreis und das Landratsamt selbst lagen über den vereinbarten fünf Prozent.

Im November startete anlässlich des Welttags der seelischen Gesundheit die Postkartenaktion "Gemeinsam Mut machen". Mayer präsentierte den Kreisräten die bunten Karten zum Verschicken, deren Slogans Mut machen sollen - gerade in der Corona-Pandemie. Im vergangenen Dezember hatte es ein erstes Online-Treffen mit den Verantwortlichen für Aktionspläne aus anderen bayerischen Kommunen und 52 Teilnehmern gegeben. Das Treffen hatte Mayer organisiert.

Der Aktionsplan "Gemeinsam stärker" sieht auch vor, die Gebäude der Kommunen im Landkreis und die kreiseigenen Bauten nach und nach auf ihre Behindertengerechtigkeit zu überprüfen und weiterzuentwickeln. Die 2019 begonnenen Ortsbegehungen konnten 2020 unter anderem in Wörthsee fortgesetzt werden. Dabei wurde eine Bestandsaufnahme über Barrieren im öffentlichen Verkehrs- und Freiraum erstellt und der Gemeinde zur Verfügung gestellt. Mit einbezogen waren auch Vertreter der Senioren-und Behindertenarbeit.

Bereits 2019 haben Bürger den Verein "Participes" ins Leben gerufen. Sein Ziel ist es, bezahlbaren Wohnraum für behinderte und nicht behinderte Menschen zu schaffen. Der Verein betreibt laut Landratsamt bislang eine inklusive Wohngemeinschaft in Herrsching. Auch der Verband Wohnen plane für die Zukunft unter anderem ein gemeinsames inklusives Wohnprojekt mit der Lebenshilfe Starnberg am Schönmoos in Tutzing, heißt es. Der Ausschuss nahm die Berichte von Mayer und Meszaros zustimmend zur Kenntnis.

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