Deutschlands beste Biernase kommt aus Bayern. Der Gilchinger Markus Sailer hat die Deutsche Meisterschaft der Biersommeliers gewonnen und reist nun zur Weltmeisterschaft nach Brasilien. Am Samstag setzte er sich im Finale gegen Guido Grote aus Kelheim (Schneider Weisse) und die zwei Drittplatzierten Julian Menner (Lammsbräu, Neumarkt) und Irina Zimmermann aus Esslingen durch. Dabei hat der 43-jährige Oberbayer beruflich eigentlich nicht viel mit Bier zu tun: Markus Sailer ist promovierter Chemiker.
Es ist etwas ein merkwürdiger Anblick, wie am Samstagnachmittag acht Männer und eine Frau in der Gräfelfinger Brauakademie Doemens um ein Spielbrett stehen, in der Hand ein halbvolles Gläschen Bier. Anstatt den Schluck kurzerhand hinunter zu spülen, wird das Gebräu geschwenkt, vorsichtig geschüttelt, ins Licht gehalten, die Nasen sinken tief ins Glas. "Es geht darum, dass einer die Nase vorn hat. Es geht letztlich um unsere Nase", sagt Wolfgang Stempfl, Geschäftsführer der Doemens Academy.
Vor sechs Jahren hatte die Brauakademie die Weltmeisterschaften für Biersommeliers ins Leben gerufen, mittlerweile ist der Andrang der Bewerber so groß, dass es auf nationaler Ebene Vorentscheide gibt. "Es war ein Wunsch der Sommeliers, dass sie sich gegenseitig messen können", sagt Stempfl.
Ist es ein Scotch Ale oder doch ein Bayerisches Märzen?
Das tun sie an diesem Samstag, indem sie ihr Wissen über Bier und ihren Geschmacks- und Geruchssinn unter Beweis stellen. Das Spielbrett ist konzentrisch in Felder aufgeteilt, ganz außen stehen die Begriffe "untergärig, obergärig, spontanvergoren", im nächsten Ring sind die verschiedenen Alkoholgrade aufgelistet: alkoholfrei, leicht, normal, stark, sehr stark, extra stark. Im dritten Ring wird unterschieden zwischen deutschen Bierstilen, belgischen und amerikanischen, bitteren, solchen mit speziellen Zutaten und sonstigen Bierstilen.
Wer sich auch hier sicher ist, für den wird es noch konkreter: Ist es ein Scotch Ale oder ein Bayerisches Märzen? Im Zentrum des Spielbretts befindet sich das Symbol eines Kelchs. Wer mit seinem roten Kronkorken auf dieses Feld setzt, muss exakt wissen, wie das getestete Bier heißt.
Darauf kommt zwar keiner der Finalisten der Deutschen Meisterschaft am Samstag. Aber die Bierfeinschmecker, die allesamt eine zweiwöchige Ausbildung als Sommelier hinter sich haben, kennen sich trotzdem gut aus. Markus Sailer, der Teilnehmer mit der Nummer 25, setzt schnell auf belgisches Bier, Typ "Strong blond", nachdem er das servierte Helle ein paar Minuten lang gekostet hat.
Der Gilchinger testet nicht nur mit der Nase und den Augen, er hört auch ins Glas hinein, wie die Schaumbläschen langsam zerplatzen. "Man muss ein Bier mit allen Sinnen verstehen", sagt Sailer nach dem Wettbewerb. "Die Komplexität von Bier ist immens." Bis zu 8000 verschiedene Inhaltsstoffe habe ein Bier, Weinsommeliers haben es dagegen nur mit 800 Inhaltsstoffen zu tun.
Auch da kennt sich der Naturwissenschaftler, der bei einem Münchner Chemiekonzern arbeitet, bestens aus. Im toskanischen Weingut Montevertine, wo Sailer eine Zeitlang arbeitete, kam er sozusagen auf den Geschmack und entwickelte dort nebenbei ein kleines Gerät, das Aromen von Wein und Bier besonders stark freisetzt. Nicht, dass Sailer für sich so einen Aromaverstärker brauchen würde. "Die Nase war schon immer mein schärfster, mein wichtigster Sinn."
Beim Biertest am Samstag liegt er dennoch einmal daneben. Das zweite Bier hält er wie die meisten anderen Sommeliers für deutsches Altbier, das Gebräu ist allerdings ein schottisches Red Ale namens "Cock O' The Walk". Beim letzten Bier setzt Sailer erneut auf Alt - und gewinnt mit einem Punkt Vorsprung die Gesamtwertung.
Für Akademie-Chef Stempfl ist der Sieg Sailers "nicht ganz verwunderlich, weil er viel übt und trainiert". Mit seiner Frau hat der Gilchinger nebenbei ein Unternehmen für Bierverkostung und Spezialprodukten rund ums Bier. Die Nase voll hat er von dem Getränk nicht so schnell. Am Abend feierte er im Haidhauser Tap-House - mit einem besonderen Bier natürlich.