Süddeutsche Zeitung

Klimaschutz:Wörthseer sollen auf Silvesterböller verzichten

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Am liebsten hätte der Gemeinderat das Feuerwerk verboten, das darf er aber nicht. Nun wird eine Veranstaltung zum Jahreswechsel geplant.

Von Patrizia Steipe, Wörthsee

Es ist teuer, laut, gefährlich, umweltschädlich - und trotzdem extrem beliebt. Die Rede ist vom Silvester-Feuerwerk. Kommunen wie München und Bayreuth haben bereits dem Geballere am Jahresende einen Riegel vorgeschoben und Sperrzonen eingerichtet. Auch die Gemeinde Wörthsee ist gegen die privaten Feuerwerke, setzt dabei aber auf Freiwilligkeit. Im Juli erst hatte die Gemeinde den Klimanotstand ausgerufen. Um die Feinstaubbelastung zu Silvester zu reduzieren, hat die Gruppierung "Wörthsee Aktiv" jetzt die Silvesterknallerei auf den Prüfstand gestellt. Es könnten alternative Veranstaltungen mit Licht- und Lasershow angeboten werden, lautete der Vorschlag.

Für dieses Jahr reiche die Vorbereitungszeit nicht mehr, hieß es im Gemeinderat, der aber eine Gemeindeveranstaltung für den Jahreswechsel 2020/21 erwägt - allerdings ohne ein zentrales Feuerwerk: Wenn die Gemeinde CO₂ produziere, würde das ein falsches Signal senden, meinte Bürgermeisterin Christel Muggenthal. Mit einem Appell sollen die Bürger stattdessen aber dazu bewogen werden, auf Raketen und Böller zu verzichten.

Am liebsten hätten die meisten Gemeinderäte die privaten Feuerwerke sogar ganz verboten. Doch das ist rechtlich nicht möglich. Das Abbrennen von Pyrotechnik regelt der Bund in der Sprengstoffverordnung. Laut Gesetz hätten die Bürger das Recht, an Silvester überall Feuerwerke zu zünden. Ausnahmen gelten nur für Verbotszonen wie dicht besiedelte Innenstädte, Kirchen, Krankenhäuser, Kinder- und Altenheime sowie brandempfindliche Gebäude. Allerdings gibt es derzeit auf Bundesebene Bestrebungen, das Sprengstoffrecht zu novellieren, um weitere Einschränkungen bei Feuerwerken zu ermöglichen.

In Weßling gibt es als Alternative an Silvester zum zweiten Mal die Aktion "Lichterkette um den Weßlinger See". Unter dem Motto "Kerzen statt Feuerwerksraketen" sollen die Bürger um 18 Uhr zum Kiosk am See kommen. Ziel ist es, die Herzform des Sees zum Leuchten zu bringen, so die Kulturgruppe des Integrationspunkts Weßling (IPW). "Wir möchten ein Zeichen setzen, dass mit Kerzenlicht ebenso eine feierliche Silvesterstimmung aufkommen kann und auf unnötigen Müll und Lärm durch Silvesterböller verzichtet wird", heißt es in der Ankündigung auf der Homepage der Gemeinde. Im Vorjahr hatte die Aktion 150 Menschen angezogen. "Smoke on the Water" gab es nicht als optische Begleiterscheinung eines Feuerwerks, sondern als Livemusik. Zu Mitternacht setzte trotzdem ein Feuerwerk ein. Ob weniger abgebrannt wurde, vermochte Bürgermeister Michael Muther jedoch nicht zu sagen.

Bundesweit werden rund 4500 Tonnen Feinstaub in der Silvesternacht in den Himmel geblasen. Diesen Wert hat das Umweltbundesamt aufgrund der Absatzmengen an Feuerwerkskörpern errechnet. Im Internet hat die Behörde eine Karte veröffentlicht, auf der die Luftverschmutzung an Silvester im Stundentakt abgebildet ist: Um 20 Uhr werden rund um München gerade einmal fünf Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft gemessen. Um ein Uhr nachts aber schnellte der Wert im vergangenen Jahr auf 160 bis 320 hoch. Vor allem Asthmatiker, Menschen mit Herz-, Kreislauf- oder Atembeschwerden seien gesundheitlich gefährdet.

Anträge oder Appelle zum Verbot des Silvesterfeuerwerks sind - abgesehen von Wörthsee und Weßling - auch von Krailling bekannt. In der Kreisstadt war es bisher kein Thema. "Erwägungen in Starnberg ein generelles Böller- beziehungsweise Feuerwerkskörperverbot an Silvester zu erlassen, wurden daher politisch nicht beraten", berichtet Stadtsprecherin Lena Choi. Der Stadtrat hat aber vor vier Jahren die Nutzung von privaten Feuerwerken unter dem Jahr eingeschränkt. Professionelle Feuerwerker dürfen das weiterhin, wenn sie spätestens zwei Wochen zuvor einen Antrag beim Landratsamt gestellt haben. "Hier kann die Stadt keinen Einfluss nehmen", hieß es. Neben der Feinstaubbelastung ist es vor allem Müll, der am Neujahrstag die Kommunen beschäftigt. "Mehrere Betriebshofmitarbeiter sind an Neujahr schon früh morgens unterwegs, um die Innenstadt, die Seepromenade, den Kirchplatz und die Ortsteile von den Hinterlassenschaften der Silvesterfeierlichkeiten zu befreien", teilte die Stadtsprecherin mit.

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SZ vom 04.11.2019
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