Sie heißen "Wotan", "Isolde" oder "Olga" - die Methusalem-Bäume im Bernrieder Park. Fest verwurzelt stehen sie in der Landschaft direkt am Starnberger See und strahlen diese ganz besondere Ruhe aus, wie sie nur Bäumen eigen ist, die schon Generationen von Menschen überlebt haben. Um manche dieser symbolträchtigen Baumriesen ranken sich märchenhafte Geschichten und Legenden, wie etwa um die 300 Jahre alte Buche "Olga". Angeblich wohnt dort ein Baumgeist und deshalb tanzten vor ein paar Jahren Esoteriker nachts um ihren wuchtigen Stamm.
Schlösser und Parks im Landkreis
SZ-Serie, Folge 16
Wenn der Blick über den sanft abfallenden Hügel zum Starnberger See schweift, bleibt er an "Isolde" hängen, einer Eiche, die riesengroß und majestätisch direkt am Ufer steht. Wilhelmina Busch-Woods ist regelmäßig mit ihrer Kutsche an "Isolde" vorbeigefahren und an der Eiche "Wotan" mit den knorrigen Ästen. Die reiche Erbin der amerikanischen Brauerei Anheuser-Busch hat vor 100 Jahren neben den Gütern Bernried und Adelsried auch einen Teil des Bernrieder Parks erworben. Sie war die letzte Privateigentümerin dieses Naturparadieses und hat den Park 1950 in eine Stiftung eingebracht, um "seinen Bestand und seine Schönheit" für die Öffentlichkeit zu erhalten. Laut Stiftungszweck darf der Park niemals parzelliert, bebaut, besiedelt oder geschmälert werden. Bernried profitiert davon noch heute. Dank der geschützten Parkanlagen verfügt das Dorf als einzige Gemeinde am Starnberger See über einen 1,5 Kilometer langen, öffentlich zugänglichen Uferbereich und ein 7,5 Kilometer langes Wanderwegenetz. "Busch-Woods hat zwar den Park zur Verfügung gestellt, aber kein Geld für den Unterhalt", erklärt Karl-Otto Kullmann, einer von insgesamt drei Kuratoriumsmitglieder in der Wilhelmina Busch-Woods-Stiftung, die den 78 Hektar großen Park verwalten. Erst nach einer Zustiftung von 50 000 Euro in den 1990-er Jahren waren die Unterhaltskosten garantiert. "Dennoch müssen wir sparen, wo es geht", sagt Kullmann.
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Zum Teehaus ließ Wilhelmina Busch, Spross der Brauereifamilie Anhäuser-Busch, die Fischerhütte im Bernrieder Park umbauen.
Bild: Arlet Ulfers -
Sanft fällt der 78 Hektar große Park zum Starnberger See hin ab.
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Idyllische Plätze lassen sich im 15 Kilometer langen Wanderwegenetz reichlich finden.
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Um dieses Naturerbe zu schützen, hat sich die Parkleitung dem Projekt "Bernrieder Vorsprung" angeschlossen.
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Karl-Otto Kullmann von der Wilhelmina Busch-Wood-Stiftung gießt an heißen Tagen die Baumriesen mit Kanistern voll mit Wasser aus dem See.
Bild: Arlet Ulfers
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Die Pflege der Methusalem-Bäume ist aufwändig und teuer. Der Eichenhain etwa, der zentral im Bernrieder Park liegt, ist eine uralte Hutefläche. Die Eichen wurden nach Angaben der Gemeindearchivarin Walburga Scherbaum von den Augustiner Chorherren gepflanzt und als Mastbäume für die Schweine genutzt. Busch-Woods züchtete grau-braunes Höhenvieh und hat den Erhalt der Weiden in der Stiftung festgeschrieben. Noch heute sind deshalb rund 50 Prozent der insgesamt 78 Hektar großen Parkfläche eine Waldweide, die vom Hofgut Bernried bewirtschaftet wird. Die landwirtschaftlich genutzten Flächen fügen sich stimmig in die Parkanlage im englischen Stil ein, die 1853 von Carl Effner und seinem Sohn Carl Josef von Effner angelegt worden ist. Der Oberhofgärtner von König Ludwig I. war von dem damaligen Eigentümer Freiherr August von Wendland mit der Gestaltung beauftragt worden, die in ihren wesentlichen Teilen bis heute erhalten geblieben ist.
Die Bernrieder Gemeindearchivarin Walburga Scherbaum kann sich zwar selbst nicht mehr an Wilhelmina Busch-Woods erinnern, die Erzählungen ihres Vaters aber sind noch immer lebendig. Demnach erregte die "Gnädigste" stets großes Aufsehen, wann immer sie mit ihrer Kutsche durch das Dorf fuhr, nicht zuletzt wegen ihrer auffälligen Hüte. Regelmäßig ist die reiche Brauereierbin von ihrem Schloss Höhenried mit einer Kutsche oder ihrer schwarzen Limousine den Seeweg entlang bis zum Teehaus gefahren, einem ehemaligen Fischerhaus, das sie zur Villa ausbauen ließ. Das Gebäude ist von Freiherr August von Wendland errichtet worden, der nach der Säkularisation 1852 das ehemalige Augustinerkloster mit Schlossgarten und dem riesigen Areal im Süden übernommen hat. Das so genannte "Schweizerhaus" im südlichen Teil des Parks war ein kleines Landhaus, wie es laut Scherbaum damals Mode war. Wie Mechthild von Sigriz, eine geborene von Wendland, in ihrem Aufsatz "Spaziergang durch die Zeit" berichtet, gehörten zu dem verlassenen Klostergebäude neben einem Brauhaus, Viehbestand sowie drei Alpen bei Kreuth am Tegernsee auch ausgedehnte Ländereien im Süden des Klosters dazu. Den Park ließ er von dem Gartenbauinspektor Carl Effner gestalten, der die von den Augustiner Chorherren angepflanzten Eichen in die Anlage einbezog und wunderschöne Wegeverbindungen geschaffen hat. 1869 ließ die Adelsfamilie ihre "Alpensicht", wie sie das Landhaus nannte, zu einer Miniaturvilla mit einer verglasten Panoramafront zum See hin ausbauen. Sogar die österreichische Kaiserin Elisabeth soll laut Sigriz einmal angefragt haben, ob sie das kleine Schloss mieten könne. Als Wilhelmina Busch-Woods den Bernrieder Park erwarb, wurde das auf Pfählen errichtete Gebäude direkt am Wasser um zwei Flügelanbauten erweitert. Das idyllische "Teehaus" mit kleinem Park und einem eigenen Bootssteg wurde zum Refugium der amerikanischen Brauereierbin. Während das Klostergebäude mit seinem Schlossgarten - die 150 Jahre alten Rosen blühen übrigens heute noch - 1949 von den Tutzinger Missionsbenediktinerinnen erworben wurde, blieben Park und Teehaus dank der Busch-Woods-Stiftung für die Öffentlichkeit erhalten. Die Stiftung konnte sich jedoch die hohen Unterhaltskosten für das Teehaus nicht mehr leisten. Seit 1990 ist das Gebäude daher vermietet. Hin und wieder wird das Anwesen auch für Filmaufnahmen oder für Hochzeiten genutzt. Das ist jedoch nur eingeschränkt möglich, denn ohne Sondergenehmigung darf der Park nicht mit dem Auto befahren werden. SBH
Um dieses Naturerbe zu schützen, hat sich die Parkleitung dem Projekt "Bernrieder Vorsprung" angeschlossen. Bei dem bayernweiten Pilotprojekt werden die mächtigen Baumriesen katalogisiert und begutachtet. Zudem werden Nachwuchsbäume gepflanzt. Sie sollen die alten Bäume ersetzen, wenn diese sterben. Dadurch wird sichergestellt, dass sich das Erscheinungsbild des Parks auch in Zukunft nicht ändert. In den vergangenen Jahren wurde der Gehölzaufwuchs entfernt, um den Altbaumbestand auszulichten und die ehemaligen Sichtachsen wieder herzustellen. Kullmann: "Man muss unter den Bäumen durchsehen können zum See und zu den Bergen." Diese mächtigen Bäume müssen vor den Menschen geschützt werden, aber auch die Menschen vor den Bäumen. Das nennt sich Verkehrssicherungspflicht. Die Bäume wurden eingezäunt, damit sich keine Badegäste darunter legen und womöglich durch einen herabfallenden Ast verletzt werden. Der Orkan im Frühjahr hatte einen großen Schaden auf dem Areal angerichtet. Bäume lagen über den Wegen, die zudem vom starken Regen ausgewaschen waren. Da es viel zu wenig ehrenamtliche Helfer gibt, bleibt die Hauptarbeit zur Instandhaltung an den von den zuständigen Ministerien eingesetzten Kuratoriumsmitgliedern selbst hängen.
Die Rückbank von Kullmanns Geländewagen ist ausgebaut. Den Platz benötigt er für zahlreiche Gartengeräte, wie Spaten, Zangen, Arbeitshandschuhe, Helm und Säge. Wenn er zwei Mal pro Woche durch den Park fährt mäht er Gras, schneidet die Brombeersträucher unter den Eichen zurück oder entfernt überstehende Äste, um die Wege freizuhalten. Auch einen großen Kanister hat er im Kofferraum. Damit holt er Wasser aus dem See, um die Bäume zu gießen, wenn es wochenlang nicht regnet, wie in diesem Sommer. Kullmann ist dankbar, dass ein Areal des Parks ein Feuchtbiotop ist. Es gleicht einem Urwald. Das Totholz des Altbestands wird nicht entfernt und bietet noch Jahre danach vielen vom Aussterben bedrohten Insekten und Pilzen Raum. "Da machen wir nichts", sagt Kullmann. "Hier dürfen die Bäume in Ruhe sterben."