Süddeutsche Zeitung

Senioren-Wohnprojekt :Vehemenz zahlt sich aus

Wolfgang Schrader blickt mit Wohlwollen und ein wenig Stolz auf den Bau des Mehrgenerationencampus - ein Projekt, das es ohne ihn nicht gäbe. Seine Stiftung "Leben im Alter in Gauting" feiert Zehnjähriges

Von Blanche Mamer, Gauting

"Nein, ich habe mir noch keine Suite reserviert", sagt Wolfgang Schrader und lacht. Er sei sich aber sicher, dass er im Betreuten Wohnen auf dem Mehrgenerationencampus in Gauting ein Apartment bekommen könne, wenn er es brauche. Er freut sich jedenfalls, dass die Bauarbeiten für den BRK-Komplex so gut vorankommen. Im Sommer 2020 soll die Senioreneinrichtung eröffnet werden. Das vorgelagerte Kinderhaus ist seit einem Jahr in Betrieb und funktioniert sehr gut.

Neben dem Kampf für das Wohnprojekt hat Schrader vor zehn Jahren die Stiftung "Leben im Alter in Gauting/LiA" gegründet, die heute unter dem Dach der Bürgerstiftung Landkreis Starnberg verwaltet wird. Das Zehnjährige wird am Sonntag, 20. Oktober, 10 Uhr, mit einem Gottesdienst in der Christuskirche gefeiert. In Erinnerung an seine Zeit als Prädikant wird Wolfgang Schrader selbst die Predigt halten, die Liturgie zelebriert Pfarrer Klaus Firnschild-Steuer. Die Stiftung hat den Zweck, soziale Projekte für alte Gautinger zu unterstützen. Die ersten 10 000 Euro gingen an das Altenheim Marienstift, die Gautinger Insel und den Ambulanten Hospizdienst. Jetzt kann Schrader zufrieden berichten, dass 130 000 Euro für die Auslagen von ehrenamtlichen Betreuern und Helfern zur Verfügung stehen.

Wäre Schrader nicht so eine "Nervensäge gewesen" - eine Bezeichnung, gegen die er in diesem Fall nichts einzuwenden hat - gäbe es das Senioren-Projekt vermutlich nicht. Denn er wollte unbedingt eine Alternative zum "Marienstift", dem Altenheim der Caritas in der Schulstraße. Er setzte sich über Jahre vehement für eine Art Seniorenresidenz ein, mit Wohnformen, die den Bedürfnissen der alten Leute gerecht werden: kleine altengerechte Wohnungen, Betreutes Wohnen, Pflegestation, Café und Begegnungsmöglichkeiten und das möglichst im Zentrum von Gauting. Er fand das 8500 Quadratmeter große Grundstück neben dem Lidl-Markt, überzeugte den Eigentümer Peter Nassl, die Bürgermeisterin Brigitte Servatius und den Gautinger Gemeinderat. Er sprach mit mehreren potenziellen Betreibern und stellte schließlich den Kontakt her zu BRK-Kreisgeschäftsführer Jan Lang, den er aus dem evangelischen Kirchenvorstand kannte.

Schrader, der am 1. November seinen 86. Geburtstag feiert, lebt seit 1961 in Gauting, seit 1971 in Königswiesen. Geboren ist er "in der Stadt, die es doch gibt - nämlich Bielefeld", sagt er. Von Jugend auf hat er sich in der evangelischen Kirche engagiert. Als gelernter Industriekaufmann war er von 1956 bis 1959 in Australien und baute in Sydney die deutsche evangelische Jungschar auf. "Ich habe immer ehrenamtlich gearbeitet und kann jedem empfehlen, sich zu engagieren." Er war viele Jahre im Kirchenvorstand der Christuskirche, war lange Prädikant, hat erfolgreich für eine neue Orgel Spenden gesammelt. Auch die Ökumene war ihm wichtig, hat er doch jedes Jahr eine Andacht im St.Ulrich-Kircherl gehalten und an Heilig Abend um 17 Uhr die Christmette in Buchendorf. Zudem war er sehr engagiert im Gautinger Seniorenbeirat, wobei er den dringenden Bedarf einer zweiten Senioreneinrichtung erkannte. Als die Caritas dann plötzlich ihr Haus in der Schulstraße schloss, wurde sein Wunsch das Anliegen von vielen.

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Quelle:
SZ vom 17.10.2019
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