Kunst:Hausmusik unter dem Hammer

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Der deutsche Porträtmaler und Genremaler Walther Firle (1859-1929) lebte einst in Seeshaupt. (Foto: brandstaetter images/SZ Photo)

Porträtmaler Walther Firle lebte jahrelang in Seeshaupt, jetzt wird eines seiner stilprägenden Gemälde in München versteigert.

Von Katja Sebald, Seeshaupt/München

Vom einstigen Ruhm des Malers Walther Firle (22. August 1859 – 20. November 1929) ist nicht viel übrig geblieben, heute ist er nahezu in Vergessenheit geraten. Das Gemälde mit dem Titel „Hausmusik“ aber, das jetzt in einem Münchner Auktionshaus versteigert werden soll, ist vor allem wegen seines Bezugs zum Starnberger See eine Besonderheit: Das kleine Sprossenfenster und der Wandfries im Hintergrund lassen sich eindeutig dem Wohnhaus des Künstlers in Seeshaupt zuordnen, das in unmittelbarer Nähe zur Dampferanlegestelle stand und vor einigen Jahren einem Neubau weichen musste.

Das Gemälde "Hausmusik" von Walther Firle sieht zwar aus, als sei eine niederländische Szene gezeigt, das Sprossenfenster und der Wandfries im Hintergrund lassen sich aber eindeutig dem Haus in Seeshaupt zuordnen. (Foto: Scheublein Art & Auktionen)

Firle war eine bekannte Persönlichkeit im München der Prinzregentenzeit. Er hatte berühmte Männer wie Paul von Hindenburg und Henrik Ibsen porträtiert. Die Berliner Nationalgalerie hatte eines seiner Bilder angekauft und ihn damit schlagartig berühmt gemacht. Auch die Königliche Pinakothek in München hatte Ankäufe getätigt, ebenso seine Heimatstadt Breslau für das Schlesische Museum. Vor allem aber ging der etwas korpulente Künstler mit dem verwegen gezwirbelten Schnauzbart sozusagen am Münchner Hof ein und aus, um die königlichen Herrschaften zu porträtieren. Prinzregent Luitpold saß ihm gleich mehrmals Modell, auch wurden die bayerischen Briefmarkenserien unter König Ludwig III. alle nach Firles Bildnissen gestaltet.

Aber nicht nur als Porträtmaler hatte sich der 1859 in Breslau geborene Firle, der ab 1879 in München unter anderem bei Ludwig von Löfftz studiert hatte, einen Namen gemacht. Auch seine stimmungsvollen Genrebilder wurden ihm praktisch aus der Hand gerissen. Die Münchner Künstler des 19. Jahrhunderts interessierten sich insbesondere wegen der spezifischen Behandlung des Lichts für die niederländische Malerei. Max Liebermann war 1872 erstmals nach Holland gereist, andere machten es ihm nach.

Auch Firle war 1883 zu Studienzwecken dort. Nach seiner Rückkehr ließ er eigens die typische Kleidung und vor allem die Hauben der Holländerinnen nachnähen, stellte die so bekleideten Modelle in seinem Münchner Atelier auf und malte die „Morgenandacht in einem holländischen Waisenhaus“. 1886 wurde das Bild bei der Jubiläumsausstellung in Berlin von der Kritik begeistert aufgenommen, anschließend mit einer Goldmedaille ausgezeichnet und von der Berliner Nationalgalerie erworben. Firle verlegte sich fortan auf eine „niederländisch“ anmutende Malerei, die vor allem durch das seitlich einfallende Licht und ein gedämpftes Kolorit gekennzeichnet war.

Auch das jetzt zum Verkauf stehende Gemälde „Hausmusik“ zeigt zwei musizierende junge Frauen und eine ältere, die ihnen im Sessel sitzend zuhört, in ein fließend helles Licht getaucht. Die beiden Jüngeren tragen die typische Tracht mit weißen Hauben. Der Raum mit dem Sprossenfenster und dem Fries mit den darauf drapierten Tellern im Hintergrund scheinen ebenfalls ein niederländisches Interieur abzubilden. In Wirklichkeit aber lag das Zimmer in Seeshaupt am Starnberger See: in Walther Firles Wohnhaus. Der vermeintliche Fries war die Unterkante der Balustrade eines Treppenabsatzes über dem Raum mit den Sprossenfenstern, den der Künstler zum Malen nutzte, bevor er 1912 direkt über dem See einen separaten Atelierbau errichten ließ.

Firle galt als jovial und liebenswürdig

Im Jahr 1917 – Firle dürfte sich damals auf dem Höhepunkt seines Ruhms befunden haben – berichtete die Zeitschrift „Sport & Salon“ in der Rubrik „Münchner Künstlerateliers“ nicht nur über seine Nähe zum bayerischen Königshaus, sondern auch über seine Wohnverhältnisse: Firle, „im Privatleben eine der jovialsten Naturen und einer der liebenswürdigsten Gesellschafter“, sei unverheiratet und lebe mit seiner Schwester unter einem Dach. Und weiter: „Sowohl die Räume in seiner entzückenden Villa am Starnberger See, als in seinem, mit raffiniertem Geschmack eingerichteten Atelier in der Pettenkoferstraße, lassen eine feine Frauenhand erkennen.“

Nach Firles Tod im Jahr 1929 wurde sein Seeshaupter Haus an den Maler Hannes Fritz-München verkauft. Fritz hatte sich nach einer Zufallsbegegnung während seiner Hochzeitsreise auf das Porträtieren von Maharadschas spezialisiert. Mitte der 1930er Jahre kehrte er endgültig aus Indien zurück und lebte danach noch fast ein halbes Jahrhundert lang in Seeshaupt. Vor einigen Jahren wurde das Wohnhaus verkauft und abgerissen; das Atelier, das zu einem Drittel in den See hineinragt, gehört immer noch seinen Nachkommen.

Konstantin Fritz, der ehemalige Pressesprecher des Fünfseen-Filmfestivals, ist sein Enkel. Er sagt, in seiner Familie werde überliefert, Firle habe bei einer der Porträtsitzungen dem Prinzregenten eine Sondergenehmigung für den Bau des Ateliers auf dem eigentlich viel zu kleinen Grundstück abgeschwatzt.

Die Versteigerung des Bildes „Hausmusik“ von Walther Firle findet am Freitag, 28. Juni, ab 12 Uhr im Auktionshaus Scheublein (Waltherstraße 23, München) statt, Gemälde kommen voraussichtlich ab 16.30 Uhr zum Aufruf. Die Ausstellung zur Vorbesichtigung ist bis 27. Juni zwischen 10 und 17 Uhr geöffnet.

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