Seeshaupt:In voller Blüte

Der Architekt und Künstler Thomas Grubert zeigt in einer maßgeschneiderten Ausstellung in der Seeresidenz in Seeshaupt Lotusblumen in extremen Querformaten und ungewöhnlichen Drucken

Von Katja Sebald, Seeshaupt

Als Architekt machte Thomas Grubert zuletzt mit dem spektakulär schönen Anbau für das Penzberger Campendonk-Museum Furore. In der Seeresidenz Alte Post in Seeshaupt ist er nun als Künstler zu Gast. Gute Architektur dient dem Menschen, sie wird für die Bedürfnisse späteren Nutzer entwickelt. Die Ausstellung "Lotus" von Thomas Grubert beweist, dass auch gute Kunst dem Menschen dienen und für die Bedürfnisse ihrer "Nutzer" entwickelt werden kann.

Grubert näherte sich dem schwierig zu bespielenden Ausstellungsraum zunächst nicht als Künstler, sondern mit der Herangehensweise des Architekten: Er sah den wenig attraktiven unterirdischen Ausstellungsgang, über den die betagten Bewohner der Seeresidenz auf ihren täglichen Wegen das Hauptgebäude erreichen, und dachte an die Menschen, die auf ein schweres und bewegtes Leben zurückblicken: Er wollte sie mit einem "leichten" Thema erfreuen. Er dachte an eine Geschichte, die er ihnen im Fluss des Gehens erzählen könnte, und er dachte an Blumen. Nicht irgendwelche Blumen sollten es sein, sondern besondere Blumen. Und schließlich fiel ihm der Lotusteich ein, den er auf einer Reise nach Amerika fotografiert hatte. Ausgehend von diesen Fotos entstand eine Ausstellung, die ein stringentes Konzept mit dekorativer Gestaltung zu verbinden weiß.

In weiten Teilen Asiens gilt die Lotuspflanze als Symbol der Reinheit und Vollkommenheit. Thomas Grubert interessiert sich nicht für die esoterische Symbolkraft der Lotuspflanze, sondern einzig und allein für die Schönheit ihrer runden, leicht trichterförmigen Blätter, ihrer sternförmigen Blüten und ihrer Fruchtstände mit den charakteristischen Vertiefungen. Als "Flos, Folium, Fructus" hat er sie in den zurückliegenden Monaten so oft dargestellt, dass er einen Teil seiner Arbeiten zu diesem Thema nun in einer Parallelausstellung im Penzberger Museum zeigt. Mehr als dreißig Papierarbeiten aber sind im Ausstellungsgang und in den beiden Foyers der Seeresidenz zu sehen, drei davon haben ein extremes Querformat und sind jeweils mehrere Meter lang - es sind Bildgeschichten, die man im "Fluss des Gehens" abschreiten kann. Wenn man denn will.

Wenn man ein bisschen mehr Zeit hat, dann sollte man freilich im eiligen Gehen innehalten und ein wenig genauer hinschauen: Erst dann nämlich wird man entdecken, dass sie mit einem japanischen Tuschepinsel und Aquarellfarben extrem feinteilig gestaltet sind, jedes dieser "Lotusbänder" entstand in mehreren Wochen nächtlicher Arbeit.

Eher zurückhaltend farbig und in der Wirkung eher grafisch ist eine dieser perfekt auf den Raum abgestimmten langen Bildtafeln, in tiefgründigen Grün- und Blautönen als rhythmisch stimmige Farbanordnung erscheint die andere und als spielerisch-freie Malerei die dritte. Dazu gibt es eine Vielzahl von kleineren Papierarbeiten, die den Formenkanon der Lotuspflanze buchstäblich durchdeklinieren. Zumeist entstehen sie in einer Mischtechnik aus Aquarell und Ölkreide auf Papier. Für einige kommt auch Acrylfarbe zum Einsatz, um vielschichtige Bildwelten aus deckenden und lasierenden Schichten aufzubauen.

Neben gestischer Malerei gibt es hier auch zeichnerische Elemente, Schrift und Schriftfragmente, die zuweilen nachträglich wieder verunklärt werden. Und schließlich besteht eine dritte Werkgruppe aus ungewöhnlichen druckgrafischen Arbeiten, für die Fotos zunächst digital stark bearbeitet und dann auf speziellen Papieren ausgedruckt werden. Ein großer Reiz geht von diesen extrem reduzierten, zuweilen in feinsten Grauabstufungen gestalteten und zuweilen ganz auf Schwarz und Weiß beschränkten Drucken aus, die eher als Holzschnitte denn an Fotografien denken lassen und in stimmig angeordneten Gruppen präsentiert werden.

Die Ausstellung "Lotus" von Thomas Grubert ist noch bis zum 7. Mai in der Seeresidenz Alte Post in Seeshaupt zu sehen.

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