Seeshaupt:Die Liebe zu Afrika bleibt

Seeshaupt: Seit 1990 verkauft Gerhild Reid handgefertigte Gebrauchsgegenstände aus Afrika. Jetzt hat sie sich entschlossen, ihr Geschäft aufzugeben.

Seit 1990 verkauft Gerhild Reid handgefertigte Gebrauchsgegenstände aus Afrika. Jetzt hat sie sich entschlossen, ihr Geschäft aufzugeben.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Gerhild Reid aus Ammerland schließt ihren Laden "Amphorum" in Seeshaupt

Von Benjamin Engel, Seeshaupt

Ganz oben auf dem Regal unter der Decke liegt ein 6,40 Meter langer Einbaum aus der Elfenbeinküste. In einem anderen Regal stehen kunstvoll gearbeitete Essensbehälter aus afrikanischem Hartholz vom Stamm der Lodzi, mit Perlen bestickte Puppen, Schmuck, Tongefäße und dazwischen Mode. Gerhild Reid aus Ammerland hat in ihrem "Amphorum" in Seeshaupt auf nur 38 Quadratmetern eine Fülle von handgefertigten Gebrauchsgegenständen aus Afrika zusammengetragen und verkauft sie zusammen mit Bekleidung. Nach einem Vierteljahrhundert will sie ihr Geschäft endgültig schließen, das sie zunächst 1990 in St. Heinrich eröffnet hatte. Dagegen will sie die Holzhauser Musiktage weiterhin mitorganisieren.

Der Entschluss, ihr Geschäft aufzugeben, fiel Reid schwer. Doch sie wolle mehr Zeit für ihre Enkel haben, sagt sie. Ihre Liebe zu Afrika rührt von ihrer Mutter her, die in Tansania aufgewachsen ist. In dem südafrikanischen Land lebten auch ihre Großeltern. Ende der 1960er Jahre zog Gerhild Reid mit ihrem Mann nach Südafrika und blieb zwölf Jahre, ehe sie nach Deutschland zurückkehrte. Die beiden bereisen Afrika regelmäßig. Unter anderem hat sie das Frauen-Hilfsprojekt Monkeybiz (www.monkeybiz.co.za) in Südafrika mitbetreut, dessen Waren sie verkauft. Reid möchte die traditionelle Handwerkskunst fördern. Dieses Ziel verfolgt auch das World Crafts Council (WCC) der Unesco, für das Reid Anfang der 80-er Jahre zu arbeiten anfing. Seit 1964 ist das WCC darum bemüht, traditionelles Handwerk in Afrika, Asien, Latein- und Nordamerika sowie Europa zu fördern. Einerseits zielt die Organisation darauf ab, das kulturelle Erbe zu bewahren. Andererseits sollen die einheimischen Künstler vom Verkauf ihrer Waren leben können. In Athen lernte Reid einen griechischen Soziologen kennen, der sie für das Projekt begeisterte. Sie wurde westdeutsche Präsidentin der griechischen WCC-Sektion. Sie bereiste viele griechische Inseln, vor allem Kreta, und importierte Amphoren und Töpferwaren nach Deutschland. Daran lehnt sich der Name ihres Geschäfts an.

Zu ihren ersten Kunden gehörte der Humorist Loriot, erzählt Reid. Bald hatte sie so viele Amphoren, dass sie den Stall eines alten Pfarrhofs in Endlhausen als Lager anmieten musste. Reid belieferte mehrere Bundesgartenschauen mit ihren Amphoren. Es gelang ihr, den damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß dazu zu gewinnen, eine Ausstellung auf dem alten Messegelände in München zu eröffnen. Ein Bild davon steht immer noch in einem Regal.

Ihre Leidenschaft für Afrika ist jederzeit zu spüren, etwa wenn sie die Patina des Pygmäenbetts aus Ruanda bewundert oder einen der kunstvoll gefertigten und mit figürlichen Darstellungen verzierten Fliegenwedel in die Hand nimmt. Auf ihren vielen Reisen hat Reid auch einen großen Gutshof in der englischen Grafschaft Kent besucht, in dem ihre Waren ebenfalls verkauft wurden. Zu ihren ersten Kunden dort gehörte Prinz Charles. In ihren Worten schwingt ein gewisses Bedauern mit, weil sie das Foto dazu einfach nicht finden mag.

Einen Nachfolger für ihren Laden in Seeshaupt hat sie bis dato noch nicht gefunden.

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