Wenn es so etwas wie Liebe auf den ersten Blick gibt, dann ist Barbara Tavernini diesem Gefühl bei einem Spaziergang am Wörthsee erlegen. 2022 war das, und die neue Pächterin des Seekiosks am Badeplatz Rossschwemme erinnert sich noch gut. "Brutal schön", sei es gewesen. Der See war türkisblau, am Ufer entdeckte sie die Skulptur mit dem Herzen, sie spürte eine unglaubliche Energie an diesem Ort und plötzlich wusste sie: "Das hier ist mein Platz, da gehöre ich hin". Auf gut Glück hat sie sich bei der Gemeinde - ihr gehört das Gelände - für den Kiosk beworben. Der war aber noch vergeben.
Ein Jahr später kam der Anruf von Bürgermeisterin Christel Muggenthal mit der Frage, ob die Südtirolerin immer noch Interesse habe. Das hatte sie und ihre Bewerbung mit dem Konzept abgegeben. Dass sich der Gemeinderat aus den etwa 20 Bewerbungen dann tatsächlich für sie entschieden hat, liege auch daran, dass die Bayern Südtirol liebten, ist sich die neue Kioskbetreiberin sicher.
Sie möchte nämlich aus dem Seekiosk eine Art "Buschenschank" mit Südtiroler Speisen wie Schlutzkrapfen, Brotzeitteller, Kaspress-, Speckknödel oder Hirtenmacaroni anbieten, dazu Wein und ihre Spezialität, die selbstgemachten "Strauben". Dieses Schmalzgebäck ist ihr Markenzeichen. Denn mit ihrem mobilen Strauben- und Crêpes-Stand ist "die Barbara" bei Festivals und Märkten unterwegs - auch an ihrem Wohnort Herrsching am Ammersee. Natürlich sollen über die Theke am Kiosk auch Eis, Bratwürste und die typischen Kioskwaren gereicht werden. Zuviel ungesunde Dinge wie Süßigkeiten möchte sie aber nicht verkaufen. Lieber stellt sie eine Schüssel mit Obst auf - natürlich aus Südtirol.
"Ein eigener Kiosk war immer schon mein Traum", schwärmt Tavernini, die derzeit alles für die Eröffnung am Mittwoch, 5. April, vorbereitet. Die Bretterfassade des Kiosks hat sie mintgrün gestrichen. Es ist die Farbe, in der der Wörthsee besonders schön leuchtet. Vor dem Gebäude stehen bereits Pflanzgefäße mit duftenden Kräutern. Eine Plakette mit dem Südtiroler Wappen soll neben der Bayerischen aufgehängt werden. Zum Kiosk mit seinen diversen Nebenräumen wie der Küche und den beiden Kühlkammern, gehört die Wiese bis zum Seeufer, der kleine Kinderspielplatz und die Toiletten, die von den Badegästen und Spaziergängern genutzt werden dürfen. Für die Sauberkeit wird Tavernini sorgen. Der Pachtvertrag läuft drei Jahre mit der Option, drei weitere Jahre zu verlängern.
Sie hat ihre Liebe zum Wörthsee entdeckt: Barbara Tavernini.
(Foto: Arlet Ulfers)Auch der Seekiosk hat es der neuen Pächterin angetan.
(Foto: Arlet Ulfers)Etwa 75 Personen haben auf der Terrasse, die teilweise überdacht ist, Platz. "Es soll ein Ort für die Einheimischen werden", erklärt Tavernini, die sich schon auf Stammtische freut. Bereits jetzt bleiben immer wieder Passanten stehen und erkundigen sich, wann es endlich losgeht.
Das Geheimnis wie die Strauben knusprig werden
Barbara Tavernini hat ihre Kindheit und Jugend in Meran verbracht. Mit 18 hat sie sich in einen Bayern verliebt und ist zwei Jahre später zu ihm nach München gezogen. Es folgten drei Kinder und eine Trennung. Statt "rumzuheulen" habe sie sich eine Arbeit gesucht, erinnert sie sich. Zunächst war sie bei einem Autohandel beschäftigt. 2013 habe sie dann in ihrer Heimat bei einem Konzert der "Südtiroler Spitzbuam" eine Straube gegessen. Die hat ihr so gut geschmeckt, dass ihr die Idee kam, diese Spezialität auch in München anzubieten. Am Meraner Traubenfest hat sie dann an einem Straubenstand mitgearbeitet und dabei gelernt, wie man den Pfannkuchenteig spiralförmig in das heiße Öl tropfen lässt, damit die Strauben knusprig werden. Dazu hat sie dann noch Crêpes angeboten. Der ehemalige Seehofwirt Peter Reichart hatte sie mit ihrem Stand nach Herrsching vor die Gaststätte am Ammersee geholt und dann auf die Wiesn ins Bräuroslzelt. Auf dem Nockherberg ist sie seit sieben Jahren mit ihrem Stand während der Starkbierzeit und im Biergarten. Eine schöne Zeit sei das gewesen mit freundlichen Menschen und ganz aufgeben wird sie diese Einsätze aus Treue nicht, erklärt sie.
Der Spielplatz an der Rossschwemme lädt auch Kinder zum Verweilen ein.
(Foto: Arlet Ulfers)Aber jetzt ist die Rossschwemme Priorität eins. Der Gemeinde sei es wichtig, dass die Pächterin, die in Herrsching lebt, selbst vor Ort ist, erklärt sie. Aber es ziehe sie sowieso jeden Tag an den Wörthsee, wo sie nur so vor Ideen sprudelt. Zum Törggelen möchte sie einladen, ein Knödelfest veranstalten. Und dann hat sie noch die Idee Kindergarten- und Schulkinder vom Ort einzuladen. Rund um den Kiosk gäbe es doch so viele Nistkästen und Vögel und ihr Sohn, der im Naturschutz arbeitet, kennt sich mit den Tieren aus. Er könnte über die kleinen Singvögel erzählen, überlegt sie. "Jetzt fange ich aber erstmal langsam an".