Seejazz-Festival:Großes Kino

Tutzing, Museumsschiff  Konzert Seejazz - Festival

Bescheiden geblieben: Daniel Stelter mit seinen Musikern Axel Pape, Jean-Philipe Wadle und Ulf Kleiner (von links).

(Foto: Georgine Treybal)

Gitarrist Daniel Stelter und sein Quartett bezaubern auf der "Tutzing" mit feiner Technik und hinreißenden Melodien

Von Armin Greune, Tutzing

Unter Seinesgleichen gehört er zu den eher zurückhaltenden Charakteren. Mögen andere mit großem Gehabe den Frontmann herauskehren oder den tobenden Gitarrero mimen - Daniel Stelters Sache ist das nicht. Er überzeugt lieber mit ausgefeilter Technik, feinem musikalischen Gespür und einer Stilbreite, wie sie nur wenige Gitarristen in Deutschland aufbringen. Auch beim Seejazz-Festival auf der restlos ausverkauften "Tutzing" bluffte Stelter vergeblich mit Understatement und präsentierte sich und die Mitmusiker seines Quartetts als in die Jahre gekommene Schülercombo. Wie er kommt auch Bassist Jean-Philipe Wadle aus Ingelheim, E-Pianist Ulf Kleiner ist im nahen Mainz zuhause. Und mit Schlagzeuger Axel Pape aus Wiesbaden habe er schon in der Abiband zusammengespielt, erzählte der Bandleader. Doch in Stelters Quartett wirkte Pape zum ersten Mal mit: Er vertrat den erkrankten etatmäßigen Drummer Tommy Baldu mit Bravour und ließ auch ein bemerkenswert melodisches Solo zum funkigen, zweiten Stück des Abends hören.

Da hatte die Band bereits mit dem Opener "Lindentree" das Publikum hingerissen. Die bluesige Ballade, gewidmet einer 850 Jahre alten Linde an Stelters Schulweg, kann als Musterbeispiel für die Kompositionen der Band und den schnörkellosen Stil des Gitarristen gelten: Ein wunderschönes Thema wird mal mit feinfühligem, flinken Fingerpicking, mal mit blitzsauberen Slides und Hall umspielt, zu denen Kleiner sein Sound-Spektrum aus dem Fender-Rhodes beisteuert. Ob "Krikel-Krakel", "Yellow Room" oder "Greenhorn/Juli": Stets benutzt das Quartett simple Songstrukturen und eingängige Melodien, um zwischen Blues, Swing und Rock Bilder und Stimmungen heraufzubeschwören. Als kinematografisch könnte man den Stil umschreiben, der vom kühl- intellektuellen Jazz mit ermüdenden Improvisationen viel weiter entfernt ist, als von Popharmonien - und dennoch nicht in gefällige Beliebigkeit abdriftet.

Es war erstaunlich, wie viele verschiedene Klangfarben Stelter seiner Gitarre entlockt. Und so tanzt der 40-Jährige auch auf diversen Hochzeiten. Mit dem Roma-Gitarristen Lulo Reinhardt ist er als Duo in den USA aufgetreten. Mit Drummer Wolfgang Haffner wirkt er neben Lars Danielsson, Jan Lundgren und Sebastian Studnitzky am Projekt "Kind of Spain" mit, das heuer auf der Jazzwoche Burghausen begeisterte. Kurz zuvor war Stelter in Südafrika, um zum wiederholten Mal die Schlager-TV-Show "Sing meinen Song" zu begleiten. Außerdem ist das ehemalige Mitglied des Bundesjazzorchesters Dozent an der Hochschule für Musik in Frankfurt.

In Bayern aber kann man ihn öfter in der Band von Georg Ringsgwandl erleben - als Nachfolger von Nick Woodland, der an diesem Samstag im Rahmen des Festivals im Schlossgut Ambach auftritt. Vom Münchner Altmeister des Blues hat Stelter auch die Mandoline geerbt, mit der er das zweite Set eröffnete: "Game of Tones" schrieb er als Ständchen zum 100. Geburtstag des Instruments. Seiner Heimat Ingelheim war wiederum der klangschöne "Vineyard Waltz" gewidmet: Dort sei es auch idyllisch, sagte Stelter: "Wir haben den Rhein." Der Backstagebereich der "Tutzing" aber sei "schon schwer zu toppen" - zumal kurz vor Konzertbeginn ein winziger, aber leuchtend heller Regenbogen den See illuminierte.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: