Süddeutsche Zeitung

Seefeld:Idee für neues Gewerbegebiet im Aubachtal

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Detlef Schneider, Geschäftsführer der Firma TQ Systems, überrascht bei der Bürgerversammlung in Hechendorf mit dem Vorschlag, ein High-Tech-Gewerbeareal im Landschaftsschutzgebiet einzurichten. Denn die Gemeinde ist finanziell klamm. Naturschützer halten den Vorschlag für "Wahnsinn".

Von Christine Setzwein, Seefeld

Detlef Schneider, Geschäftsführer des Unternehmens TQ Systems, möchte im Aubachtal Gewerbe ansiedeln. Im Süden seiner Firma, die ihren Hauptsitz auf Gut Delling hat, könnte er sich zwischen Aubach, Eichenallee und Kastanienallee ein 15 Hektar großes Gewerbegebiet vorstellen. Nicht für sich. "TQ ist gut versorgt", sagt er. Aber die Gemeinde Seefeld "ist pleite".

Der Vorschlag Schneiders in der Hechendorfer Bürgerversammlung stieß dort auf breite Zustimmung, Bürgermeister Wolfram Gum wurde davon überrascht, Naturschützer sind entsetzt. Das sei "Wahnsinn", sagt Constanze Gentz, Vorsitzende des Seefelder Bundes Naturschutz (BN). Das Aubachtal liegt im Landschaftsschutzgebiet, ist Heimat seltener Tiere und Pflanzen wie Kammmolch und die Gelbbauchunke, Lichtnelke, Laabkraut, Schwarze Akelei oder Teufelskralle. "Wir werden uns für die Natur stark machen", kündigt Gentz an. Mit "wir" meint sie den BN und die Bürgerinitiative Eichenallee, auch der Landesbund für Vogelschutz soll ins Boot geholt werden.

"Ich liebe das Aubachtal!" Sagt Detlef Schneider. Er sieht es, wenn er aus seinem Büro schaut, "und den Blick möchte ich behalten". Trotzdem spricht sich der Hechendorfer für Gewerbebetriebe dort aus. Aus zwei Gründen: Zum einen braucht die Gemeinde Geld. "Seefeld hat jahrelang im Speck gelebt", sagt er. Bis die Firma 3M die Produktionsplanung in die Schweiz verlegte und Millionen an Gewerbesteuereinnahmen wegbrachen. Seitdem unternehme die Gemeinde nur "jämmerliche Versuche", wieder Gewerbe anzusiedeln.

Zum anderen geht es Schneider um die deutsche Wirtschaft. Man dürfe nicht alles den Chinesen überlassen. So wie in Oberpaffenhofen könnten sich auch in Seefeld High-Tech-Firmen niederlassen, aber nur solche, die CO₂-neutrale Technologie entwickeln. "Wir könnten hier ein richtig schickes Gewerbegebiet bauen", meint der 63-Jährige. Ideal nennt er die Anbindung über die Umgehungsstraße Weßling. Ganz wichtig sind für Schneider auch ortsnahe Arbeitsplätze. "Was gibt es Schöneres, als mit dem Fahrrad in die Arbeit fahren zu können?", fragt er. Auf Gut Delling beschäftigt TQ Systems mittlerweile an die 700 Mitarbeiter.

Mit seinem Vorstoß sei "der Ball losgetreten", sagt Schneider. Annehmen sollten ihn vor allem die vier Seefelder Bürgermeisterkandidaten von CSU, Freien Wählern, Grünen und BVS. Sie sollten Farbe bekennen, ob sie sich ein Gewerbegebiet im Aubachtal vorstellen könnten oder nicht.

Freilich bräuchte Schneider für sein Vorhaben nicht nur die Zustimmung der Bürger, von Gemeinderat und Landratsamt. Auch die Stadt München hat ein gewichtiges Wort mitzureden. Ihr nämlich gehört Gut Delling. Das TQ-Firmengelände ist auf Erbpacht vergeben. Im Aubachtal selbst werden etwa 260 Hektar nach Naturland-Richtlinien bewirtschaftet. Es werden vorwiegend verschiedene Getreide- und Leguminosenarten angebaut und regional vermarktet. Etwa 16 Hektar Grünflächen sind an einen Züchter von schottischen Hochland- und französischen Aubrac-Rindern zur Mutterkuhhaltung verpachtet. Mit dem Kommunalreferat habe er bereits Gespräche geführt, sagt Schneider. Dort sei man "hoch begeistert", wenn nicht noch mehr Pendler nach München fahren würden. Die Stadt selber aber werde nicht von sich aus tätig, sagt Birgit Unterhuber, Sprecherin des Kommunalreferats. "Wir werden in Seefeld weder Grundstücke verkaufen noch bebauen", erklärt sie.

Überhaupt nicht dazu äußern will sich Seefelds Bürgermeister Wolfram Gum (CSU), der noch gut fünf Monate im Amt ist. "Ich kenne keine Planung und halte mich zurück", sagt er. Die finanzielle Lage Seefelds sei prekär, das sei richtig. Aber über ein solch umstrittenes politisches Thema wie ein Gewerbegebiet im Aubachtal müsse die ganze Gemeinde entscheiden. Es gehöre in den Lenkungskreis zur Ortsentwicklung.

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SZ vom 06.11.2019
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