Süddeutsche Zeitung

Seefeld:Narrisch traurig

"Weiberkranzl" sagt Servus

Von Christine Setzwein

Der 11.11. ist offizieller Faschingsbeginn, weiß jeder. Der 11. November war aber auch zwölf Jahre lang der Auftakt für einen ganz besonderen Kartenvorverkauf - für das "Weiberkranzl" von Gerti Wimmer. Zwölf Jahre lang hat die Hechendorferin den Faschingsball am Unsinnigen Donnerstag veranstaltet, und jeder war im Dezember schon ausverkauft. Jetzt ist Schluss. Nicht, weil die 77-Jährige keine Lust mehr gehabt hätte. Grund ist die Auflösung der Buggies, der Kapelle, die von Anfang an auf dem Weiberfasching einheizte. "Ich hätte eine neue Band gebraucht", sagt Wimmer. Das Risiko, dass deren Musik nicht ankommt, wollte sie nicht eingehen. "Ich wollte mich lieber auf dem Höhepunkt der tollen Veranstaltungen verabschieden." Es tut ihr nur leid, dass sie nicht früher über die Auflösung der Buggies informiert wurde. "Sonst hätte ich alle Register gezogen und den letzten Ball heuer zu einem unvergesslichen Erlebnis gemacht."

Als Gerti Wimmer 2008 die Tradition des Weiberkranzls wiederbelebte, hätten Faschingsmuffel keinen Cent darauf gewettet, dass so ein Ball langfristig Erfolg hat. Doch alle Jahre wieder kamen um die 200 Frauen, um ein paar Stunden ohne Männer ausgelassen zu feiern. Die Masken wurden immer ausgefallener und fantasievoller. Viele waren von Anfang an dabei, so wie die vier Freundinnen aus Herrsching, die einmal als Polizistinnen, als Katzen, Schwäne oder als Stewardessen der legendären amerikanischen Pan-Am-Fluggesellschaft verkleidet waren. Was Gerti Wimmer immer besonders gefallen hat: dass ihr Ball bei Jung und Alt ankam, von 14 bis über 90 Jahre alt waren die Närrinnen.

Die ersten Weiberkranzl unter dem Motto "Narrisch guat" fanden im "Augustiner am Wörthsee" statt. Bis die Gaststätte 2013 geschlossen und abgerissen wurde. Der mangelnde Brandschutz in dem Wirtshaus hatte Wimmer schon 2012 zu schaffen gemacht. Sie durfte nur noch 200 Karten verkaufen, keine Stoffe mehr dekorieren und musste von einem Architekten eine Plan einreichen, damit der Ball genehmigt wurde. "Das war ein Punkt, an dem ich schon überlegt habe, ob ich weitermachen soll", erinnert sie sich. Aber sie wollte ihre Weiber nicht enttäuschen und fand im Bräustüberl Schloss Seefeld eine Verbündete und neue Heimat. Schließlich war dessen Wirtin Ursula Hartmann die Jahre davor selbst begeisterte Ballbesucherin.

Wie oft sie draufgezahlt hat, sagt Gerti Wimmer nicht. Das Programm musste anspruchsvoll sein: Jedes Jahr engagierte sie eine Faschingsgesellschaft samt Garde und Prinzenpaar, dazu Männerballett, Clown, Stripper oder Elvis-Imitator. Niveauvoll sollte es sein, nicht plump oder ordinär. Ohne Ehemann Bruno und Tochter Ulrike - beide übrigens Faschingsmuffel - wäre es nicht gegangen, sagt sie. Einmal hat ihr Mann für die Deko des Saales 800 CDs aufgefädelt. Die Plakate hat Gerti Wimmer selbst entworfen und gedruckt - und dafür das Arbeiten mit dem Computer gelernt.

Auch wenn das Weiberkranzl "Narrisch guat" in Seefeld Geschichte ist, der Fasching ist es für Gerti Wimmer nicht. Sie war immer schon eine "Faschingskanone", wie sie selber sagt. Vielleicht liegt es am Geburtsmonat der gebürtigen Krummauerin, denn im Januar ist immer Fasching. Seit 1962 hat sie alle ihre Kostüme selber genäht - und aufgehoben. Was ihr von den Weiberkranzln geblieben ist: von jedem Ball ein Fotobuch und viele schöne Erinnerungen.

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Quelle:
SZ vom 11.11.2019
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