Süddeutsche Zeitung

Seefeld:Lüften, bis es grün wird

Gemeinde schafft CO₂-Ampeln für Grundschule an

Von Christine Setzwein, Seefeld

Die "Grundschule am Pilsensee" mit ihren zwei Häusern in Seefeld und Hechendorf bekommt für die 25 Klassenzimmer CO₂-Ampeln. Das hat der Gemeinderat in seiner Sitzung am Dienstag einstimmig beschlossen. Keine Mehrheit gab es für die Anschaffung von Luftreinigungsgeräten - 25 Stück würden etwa 26 400 Euro kosten. Aber zum Testen sollen jetzt vier Geräte unterschiedlicher Hersteller gekauft werden.

Bürgermeister Klaus Kögel (CSU) machte von Anfang an deutlich, das er zum jetzigen Zeitpunkt gegen die Ausstattung aller Klassenzimmer mit Luftfiltergeräten ist. "Ich befürchte, wir kaufen jetzt 25 Geräte, und im Sommer brauchen wir sie nicht mehr." Corona habe sich bis dahin wahrscheinlich "deutlich abgeschwächt". Als langfristige Lösung könne er sich in den Schulhäusern den Einbau von Be- und Entlüftungsanlagen mit einer Wärmerückgewinnung vorstellen. "Die kühlen auch im Sommer."

Die meisten Gemeinderäte hielten nichts von Filteranlagen, weil sie laut Bauamtsleiterin Imke Friedrich zwar die Luft reinigen, aber nicht den CO₂-Gehalt senken würden. Gelüftet werden müsse immer, und Stoßlüftung sei laut einer Studie der Technischen Hochschule Mittelhessen am wirksamsten, sagte Nikolas Rathert (Grüne/BI Eichenallee). Reinigungsgeräte vermittelten eine trügerische Sicherheit, meinte Martin Dameris (SPD). Claudia Winter (CSU) war anderer Ansicht. "Früher hieß es auch, Masken schützen nicht", sagte sie und sprach sich für das komplette Paket aus CO₂-Ampeln und Luftreinigungsgeräten aus. "Wir sollten das Beste für unsere Kinder tun", appellierte Petra Gum (FWG) an das Gremium. Die Grundschüler säßen sechs Stunden in der Kälte. Luftreinigungsgeräte seien eine langfristige Anschaffung, schließlich gebe es nicht nur das Coronavirus, sondern auch Grippe- oder Noroviren. Wenn die Luft gereinigt werde, könnten die Schüler vielleicht sogar die Masken abnehmen. "Mir tun die Kinder leid", sagte die Lehrerin.

Was die CO₂-Ampeln kosten - die von der Regierung gefördert werden -, ist noch nicht bekannt. Oswald Gasser (FDP) konnte sich damit durchsetzen, dass nicht die billigsten für je 80 Euro gekauft werden, die nur piepsen, wenn die Luft zu schlecht wird. Es sollten schon richtige Ampeln sein, die die Farbe wechseln, wenn sie zu viel Kohlendioxid im Raum messen. Auf dem Markt wären sie für 200 bis 300 Euro zu haben. "Wir schauen schon, dass wir was Vernünftiges finden", sagte Geschäftsleiter Fritz Cording.

CO2-Ampeln messen in Räumen die Konzentration von Kohlendioxid und zeigen an, wann gelüftet werden sollte. Denn je mehr ausgeatmet wird, desto mehr steigt der CO2-Spiegel und mit ihm die Aerosolkonzentration. Aerosole sind kleinste Tröpfchen, die längere Zeit in der Luft schweben. Nach aktuellen Forschungsergebnissen stehen die CO2-Belastung und Virenlast in einem Zusammenhang.

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SZ vom 26.11.2020
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