Süddeutsche Zeitung

Klinik-Neubau in Seefeld:Schwere Vorwürfe gegen Naturschützer

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Der Gemeinderat lehnt deren Bürgerbegehren gegen den Neubau im Landschaftsschutzgebiet ab. Der Anwalt des Rathauses wirft den Initiatoren vor, das demokratische Instrument zu missbrauchen.

Von Christine Setzwein, Seefeld

Der Gemeinderat Seefeld hat das Bürgerbegehren gegen einen möglichen Klinik-Neubau im Landschaftsschutzgebiet für unzulässig erklärt. Damit stimmen die Seefelder nur über das Ratsbegehren am 27. Juni ab. Dessen Frage lautet: "Sind Sie dafür, dass die Gemeinde Seefeld für den Neubau eines Krankenhauses auf einer Fläche östlich des neuen Friedhofes an der Bahnhofstraße die planungsrechtlichen Voraussetzungen schafft?"

Der Anwalt der Gemeinde, Gerhard Spieß, hat das von der Bürgerinitiative Eichenallee (BI) und der Kreisgruppe des Bund Naturschutz (BN) angestrengte Bürgerbegehren am Dienstag geradezu zerpflückt. So suggeriere die Fragestellung "Sind Sie dafür, dass die Gemeinde Seefeld für einen möglichen Krankenhausneubau nur auf Flächen außerhalb des derzeitigen Landschaftsschutzgebiets die planungsrechtlichen Voraussetzungen schafft?", dass es andere Standorte gebe. Das sei nicht der Fall, sagte er. Die Prüfung der Gemeinde habe "klar ergeben, dass im Gemeindegebiet rechtlich durchsetzbare und objektiv geeignete Standorte außerhalb des Landschaftsschutzgebietes aus verschiedensten Kriterien nicht existieren".

In seiner Begründung verschweige das Bürgerbegehren, dass Gemeinde und Gemeinderat zusammen mit den wichtigsten Fachbehörden insgesamt elf Standorte geprüft und abgewogen habe. Das Bürgerbegehren suggeriere außerdem, dass bei einem Ja zum Ratsbegehren sofort mit dem Klinikbau begonnen werden könne. Spieß: "Ganz ausdrücklich handelt es sich hier lediglich um den Beginn einer rechtlichen und planerischen Prüfung dieses Standorts, keineswegs um eine abgeschlossene Standortentscheidung."

Das Bürgerbegehren verschweige außerdem die zeitlichen Zwänge, die vorliegen. Das Gesundheitsministerium habe den Bedarf für einen Klinik-Neubau im westlichen Landkreis festgestellt. Diese Festlegung sei aber befristet. Bis spätestens Juni 2023 müssten die planungsrechtlichen Voraussetzungen geschaffen sein. In der Begründung des Bürgerbegehrens behaupteten die Initiatoren, dass sie die Sicherstellung der medizinischen Grundversorgung im westlichen Landkreis begrüßten. Tatsächlich aber seien Fragestellung und Begründung darauf ausgerichtet, "einen Klinikneubau innerhalb des Gemeindegebiets zu verhindern und damit gerade die Sicherstellung der medizinischen Versorgung im westlichen Landkreis zu vereiteln", folgert der Fachjurist.

Für Spieß ist die Absicht von BI und BN eindeutig: Sie wollten in erster Linie das Ratsbegehren kritisieren. Ein Bürgerbegehren müsse nicht unbedingt sachlich sein, meinte der Anwalt, aber der Bürger müsse richtig und umfassend informiert werden. Das sei beim Begehren der BI und des BN nicht der Fall. Mit der direkten Bürgerbeteiligung müsse vorsichtig umgegangen werden, sagte Spieß. Ein Bürgerbegehren, das wesentliche entscheidungsrelevante Tatsachen und Zwänge verschweige, sei unzulässig. Der Jurist sprach sogar vom "Missbrauch" von rechtlichen Instrumenten der Demokratie.

Nachdem das Bürgerbegehren mit 15 zu vier Stimmen für unzulässig erklärt worden war, gab es eine heftige Auseinandersetzung. Peter Schlecht (FWG) warf der BI vor, die Bürger mit Unwahrheiten und Halbwahrheiten zu manipulieren, und zweifelte deren Demokratieverständnis an. Martin Dameris (SPD) sprach von "Torpedierung" des Ratsbegehrens. Thomas Zimmermann (Grüne/BI Eichenallee) sagte, es sei eine Hypothese, dass es keinen anderen Standort gebe, nannte aber keine realistische Alternative. Josef Wastian (FWG) kritisierte Grüne und BI lautstark dafür, dass sie nur dagegen seien, aber keine eigenen Vorschläge machten. Er regte sich so auf, dass er aufstand und mit den Worten "mir ist jetzt schlecht" die Sitzung verließ.

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SZ vom 17.06.2021
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