Seefeld:Herrschaftliche Mode

Schloss Seefeld ist Sitz der Firma "Handstich", die hochwertige Kleidung entwirft. André Berger hat das Unternehmen gegründet, weil er nicht nur für andere designen wollte

Von Christine Setzwein, Seefeld

Ärmelschoner also. Nein, nicht die Schläuche aus Leder, Leinen, Gummi oder Polyethylen, mit Gummizug oder Kordeln am oberen und unteren Ende. Nicht die Teile, die vor Schmutz, Tinte oder Chemikalien schützen sollen. Die Ärmelschoner von "Handstich" sind richtig edel. Sie schmücken die Jacken des Seefelder Labels genau so wie die vielen Taschen außen und innen, die Reißverschlüsse, die Lederdetails an Kragen und Klappen, der Materialmix und die verschiedenen Farben. Warum Handstich-Modelle so aussehen wie sie aussehen? André Berger drückt es so aus: "Wir sind produktverliebt und mit Leidenschaft bei der Sache."

handstich residiert im Schloß Seefeld

Natürlich trägt Firmenchef André Berger ein Handstich-Modell.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Seit 20 Jahren schon lebt der gebürtige Gießener in Seefeld. Nach seiner Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann studiert er Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Marketing und betreut anschließend bei einer Bank die Kreditkartenkunden. Doch es zieht ihn zurück in die Textilindustrie, er arbeitet bei Daniel Hechter und landet schließlich bei More & More in Starnberg. "Von klassischer Mode bis Young Casual war alles dabei", sagt Berger. Aber auch wenn ihm die Arbeit bei Karl-Heinz Mohr sehr gut gefällt - die Lust auf Selbstständigkeit wird immer größer: Vor 14 Jahren gründet Berger die United Fashion Service GmbH.

handstich residiert im Schloß Seefeld

Im Showroom in Schloss Seefeld werden die Kollektionen präsentiert.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Jetzt macht er Marken erlebbar, emotionalisiert sie. BMW, Porsche, Robinson-Klub, Stihl heißen die Kunden. Bergers Firma entwickelt Shirts, Jacken, Hosen, Accessoires. Wie muss das Produkt mit dem "Marken-Gen" aussehen? "Das sehen wir uns genau an", sagt Berger. Aber United Fashion Service designt nicht nur für die Kunden, sie übernimmt auch Musterung und Produktion bis zur kompletten Lagerhaltung. Die Geschäfte laufen offensichtlich gut, über Umsatzzahlen will Berger nicht reden. Nur: Die Produkte müssen dem Kunden gefallen, nicht unbedingt dem, der sie entwirft. "Da ist vieles dabei, was nicht dem eigenen Gusto entspricht", sagt Berger. Den eigenen Geschmack kann nur eine eigene Kollektion zufrieden stellen.

handstich residiert im Schloß Seefeld

Es sind die Details, die Verarbeitung und das Material, die aus einer klassischen Steppjacke eine echte Handstich machen.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Vor vier Jahren gründet André Berger deshalb Handstich. "Handcrafted stuff" soll es sein, handgemachtes Zeug, und er beginnt mit rahmengenähten und handeingestochenen Schuhen für Herren und Damen. Langlebige Produkte für Menschen mit hohem Anspruch sollen es sein. Dazu passt das Ambiente, in dem Berger und sein Team von 25 Mitarbeitern tätig sind. 1200 Quadratmeter hat er im Schloss Seefeld gemietet. Vom Showroom ganz unten bis zu den Büros im zweiten Stock. Der Chef hat den schönsten Ausblick auf Pilsensee, Ammersee und Alpen. "Das Fünfseenland ist cool", sagt der Vater von zwei erwachsenen Söhnen. Anders ausgedrückt: Inmitten von Wiesen, Wäldern und Seen funktioniert Entschleunigung besonders gut. Und die ist nötig, damit die Kreativität wieder auf Touren kommt. "Wir sind in der ganzen Welt unterwegs, aber im Fünfseenland zu Hause", sagt Berger. Das zeigt die Firma auch: Neue Modelle werden gerne auf Ständern im Pilsensee fotografiert.

Auf die Schuhe folgen Steppjacken, Mäntel, Blusen, Hemden, Poloshirts. Klassische Formen, modern interpretiert und nur aus besten Materialien. "Wir haben uns eine klassische Jacke genommen und uns gefragt, was passieren muss, damit sie eine Handstich-Jacke wird", erklärt er. Zu kaufen gibt es Handstich nur im gehobenen Fachhandel, von Sylt bis München. Eine Lederjacke kann schon mal 1000 Euro kosten. Luxuriös aber bequem, emotional und intellektuell, traditionell und modern, für Berger sind das keine Widersprüche. "Das Kundenverhalten hat sich auch verändert", sagt er, "heute Fastfood, morgen Drei-Sterne-Restaurant." Sein "handgemachtes Zeug" soll zwar langlebig und von bester Qualität sein, gleichzeitig soll es Spaß machen und nutzen. "Aber den Nutzen soll man nicht zu hoch halten", schränkt er ein. Sprich: Der Spaß an dem Kleidungsstück soll überwiegen. Dabei ist der Nutzen nicht von der Hand zu weisen: Die Jacken etwa haben Innentaschen für Tablet und Handy, in Poloshirts sind verborgene Kreditkartentaschen eingenäht.

Pro Saison werden 50 bis 60 Modelle entworfen. Produzieren lässt Handstich vorwiegend in Portugal, aber auch in der Türkei und in China. Die Leitung der Firma in Seefeld teilt sich Berger mit seinem Mit-Geschäftsführer Holger Philipps, die Buchhaltung macht Ehefrau Susanne.

Wie geht es weiter? Einen "gewissen Bekanntheitsgrad haben wir erreicht", sagt Berger, aber noch nicht genug. Mit Events, mit Online-Auftritten und über Soziale Medien will Handstich jetzt noch mehr in die Öffentlichkeit. Sponsoring gehört auch dazu. Der deutsche Automobilrennfahrer Timo Klock trägt das Handstich-Emblem auf seinen Rennanzügen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: