Schlösser und Parks im Landkreis:Der gute Geist von Schloss Seefeld

In Ermangelung eines Schlossgespenstes wacht Hans C. Graf zu Toerring-Jettenbach selber über seinen historischen Besitz. Und das tut er auch. Er pflegt das Anwesen und die dazugehörigen Ländereien mit Fingerspitzengefühl und Sachverstand. Zu seinem Eigentum gehören auch der Wörthsee und der Pilsensee

Interview von Christine Setzwein, Seefeld

Der Mann hat Stil. Aber wenn nicht er, wer dann. Für das Foto zieht Hans C. Graf zu Toerring-Jettenbach trotz hochsommerlicher Temperaturen sein Jackett wieder an. Denn Hemd mit Krawatte ohne Blazer "geht gar nicht", sagte der 62-jährige Adelige. Graf Toerring, so spricht man ihn an, ist nicht nur Besitzer von Schloss Seefeld, sondern auch Herr über 2300 Hektar Wald und über zwei der schönsten Seen. Der Wörthsee, 400 Hektar, und der Pilsensee, 200 Hektar, gehören ihm. Seit Mitte des 15. Jahrhundert ist Schloss Seefeld im Besitz der Familie. In der Barockzeit wurde rege daran gebaut. Seit 20 Jahren restauriert Graf Toerring das Anwesen hoch über dem Pilsensee. "Ich möchte das Schloss hegen und pflegen, weil es ein Juwel ist in diesem Landkreis", sagt er.

SZ: Wie muss man sich das Wohnen im Schloss vorstellen?

Hans C. Graf zu Toerring-Jettenbach: Wir wohnen zwar nicht mehr auf Schloss Seefeld, ich bin aber hier aufgewachsen. Das Wohnen in einem Schloss ist mit einem normalen Privathaus vergleichbar - nur dass die Wege länger sind und man ständig von Familien- und Landesgeschichte umgeben ist. Schlösser werden von der Öffentlichkeit romantisch verklärt. In unserem Falle ist es der Stammsitz meiner Familie, mit dem ich viele Kindheitserinnerungen verbinde. Für mich ist das Schloss mein Zuhause.

Und was sollte das Schloss für die Öffentlichkeit sein?

Die Öffentlichkeit sollte Schloss Seefeld als ein im Privatbesitz befindliches historisches Denkmal begreifen, welches sich über dem Pilsensee befindet. Bauhistorisch reicht Schloss Seefeld vom 9. bis ins 19. Jahrhundert.

Sie sind ein gern gesehener Gast bei gemeindlichen Veranstaltungen, werden als 100. Mitglied beim Schützenverein geführt. Wie ist Ihr Verhältnis zur Gemeinde Seefeld?

Die Gemeinde Seefeld und meine Unternehmensverwaltung haben viele Berührungspunkte. Sei es beispielsweise bei der Modernisierung des Campingplatzes Strandbad Pilsensee bis hin zum Vereinswesen in der Gemeinde selbst. Unser Verhältnis mit der Gemeinde kann als gut und konstruktiv bezeichnet werden.

Es ist Sommer, Tausende Besucher kommen ins Fünfseenland zum Urlaub machen und zum Baden. Sie wollen Ihre Seen schützen, aber auch nutzen.

Ich bin der Meinung, dass eine nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen praktizierte Naturnutzung der beste Naturschutz ist. Nur Naturschutz bringt nichts. Unsere beiden Seen sind seit etwa 50 Jahren an den Fischereiverein Pilsensee-Wörthsee verpachtet, der die darin befindlichen Fischbestände aufopferungsvoll hegt und pflegt. Außerdem vermieten wir in unseren Seen liegende Badestege und Bojenfelder für Segelboote.

Ist es eher Last oder Freude, die schöne Landschaft und
Umwelt zu erhalten?

Da ich ein größerer privater Waldbesitzer und ein begeisterter Jäger bin, ist es mir ein großes Anliegen, unsere Landschaft und Umwelt nach Kräften zu erhalten. Dies haben viele Generationen vor mir so gehalten, und kommende Generationen werden dies auch tun, wenn man sie lässt. Die Aufgabe, unsere barocke Kulturlandschaft bestmöglich zu pflegen, wird uns nicht immer leicht gemacht, weil die Öffentlichkeit über die Ansprüche von Flora und Fauna kaum aufgeklärt ist oder zeitweise sogar ideologisiert wurde. Vergessen wir nicht, dass unsere Kulturlandschaft niemals mit einem großen "Englischen Garten" verwechselt werden darf.

Bräustüberl, Kino, Läden, Büros, Arztpraxen - gefällt Ihnen die Mischung im Schloss?

Wir haben ganz bewusst diese betriebliche Struktur auf Schloss Seefeld gewählt. Im Hochschloss gibt es eine ruhige Büronutzung und im Brunnenhof eine bunte Nutzung mit Bräustüberl, Kino, Läden und einer Kunstgalerie. Wir sind sehr zufrieden mit dieser Nutzungsform, weil sie uns die Möglichkeit eröffnet, das Schloss über diese Einnahmen zu erhalten. Wir müssen Geld verdienen, um das Schloss erhalten zu können. Allein die Dachfläche ist 1,5 Hektar groß. Das Schloss hat kein Fundament. Deshalb bilden sich immer wieder Risse im Gemäuer, die repariert werden müssen.

Hinter dem Schloss gibt es einen schönen Weg durch den Schlosspark, aber der Schlossgarten ist abgesperrt.

Schloss Seefeld liegt auf einem Bergsporn, von wo aus ein Fußweg über Widdersberg nach Kloster Andechs führt. Es ist namens- und bildrechtlich vor missbräuchlicher Nutzung durch Dritte geschützt. Am südlichen Ende des Schlosses befindet sich unser Schlossgarten. Er ist eine ehemalige barocke Anlage und wie Schloss Seefeld selbst in die Denkmalliste des Freistaates Bayern eingetragen. Der Schlossgarten wird durch meine Familie privat genutzt, und ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich.

Bummeln und genießen

1736 ist das Torhaus, die Pforte zum Schloss Seefeld, durch ein Unwetter schwer beschädigt worden. Drei Jahre später erstrahlte es in neuem Rokoko-Glanz. Heute befindet sich das Atelier von Nele Spari im Torbogen. Wer sich vor dem Genuss einer Brotzeit im Bräustüberl bewegen mag, geht nach dem Torhaus links den Hang hinunter in den Höllgraben. Rechts liegt der Schlossgarten, freilich hinter einem Zaun. Die Nutzung ist der gräflichen Familie vorbehalten. Dahinter beginnt der wild-romantische Weg durch den Wald. Wer Waalwege in Südtirol kennt und schätzt, wird sich wohlfühlen. Entlang des Bachlaufs im Höllgraben gelangt der Spaziergänger im Schatten vieler großer Laubbäume und weniger Nadelgehölze nach Widdersberg. Es gurgelt und plätschert, mal laut, mal leise, je nachdem, wie nah sich Weg und Wasser kommen. Bis Widdersberg sind es etwa 1,5 Kilometer, das ist in 20 Minuten zu schaffen. Außer, es sind Kinder mit dabei. Dann dauert es länger. Was macht schon mehr Spaß, als mit Stecken am Wasser zu spielen, Steine hineinzuwerfen und sich dabei gehörig nass zu machen. Ausdauernde Wanderer können nun weitergehen bis nach Andechs, aber es lockt der Schlosshof von Seefeld. Dort gibt es nicht nur das Bräustüberl, wo Graf-Toerring Hell und Schwarzbier ausgeschenkt wird, das seit langem im Hofbrauhaus Freising gebraut wird. Zum Bummeln laden Künstler, Handwerker und Läden ein: Dirndldesignerin Tanja Pflaum, die Kollektionen von Claudia Mayr und Uhren von Helmut Mayr, die Goldschmiede von Ulf Minow, die Kunstwerkstatt von Bettina Siegmund, die Kunsthalle von Jürgen Stenzel, die Schreinerei von Edmund Prejlowski. Im Schloss haben sich aber auch Ärzte, Rechtsanwälte, Wirtschaftsberater, eine Kochschule, eine Physiotherapiepraxis und ein Kosmetikstudio niedergelassen. Außerhalb des Schlossareals werden Öfen gebaut und verkauft, und Kokon offeriert Lifestyle. Alles soll zum Schlossambiente passen. Dazu gehört neben der formgebenden auch die Tonkunst. Im Sudhaus veranstaltet der Seefelder Kulturverein regelmäßig Konzerte und Kabarett. Man könnte den Tag auf Schloss Seefeld im Kino "Breitwand" von Matthias Helwig ausklingen lassen. Oder mit einem Sprung ins saubere Wasser des Pilsensees. Parkmöglichkeiten gibt es auf dem Parkplatz unterhalb des Schlosses oder oben hinter dem Ofenbauer. csn

Was hat es eigentlich mit dem riesigen Stein im Schlosshof auf sich?

Bei dem sogenannten Stein in unserem Schlosshof handelt es sich um einen Brunnen, der bereits seit der Romantik im Schlosshof steht. Zur Hochzeit meines Großvaters im Jahre 1898 war der Brunnen etwa halb so groß wie er heute ist. Seine Wasserzufuhr wird durch eine Leitung von einer Quelle in Widdersberg sichergestellt. Da wir uns in einer Moränenlandschaft mit kalkhaltigem Wasser befinden, wächst der Brunnen kontinuierlich durch das sich laufend verkalkende Moos auf dem Brunnen, das Zug um Zug versteinert und den Brunnen dadurch anwachsen lässt.

Sie leben nicht im Schloss, haben zusammen mit ihrer Frau drei Töchter, zwei Söhne und drei Enkel. Wird Ihre Familie irgendwann zurückziehen ins Schloss Seefeld?

Derzeit lebe ich mit meiner Familie im Landkreis Fürstenfeldbruck. Schloss Seefeld ist, wie Sie wissen, das Haus meiner Kindheit und Zentrum unserer Familie. Ob und wann meine Familie eines Tages dorthin wieder zurückziehen wird, steht in den Sternen. Letztlich wäre es nicht realistisch gegenwärtig zum Ausdruck zu bringen, was vermutlich in zehn oder 20 Jahren passieren wird. Lassen wir uns hiervon überraschen.

Zum Schluss die allerwichtigste Frage: Gibt es ein Schlossgespenst?

So weit ich weiß, gibt es kein Schlossgespenst in Seefeld. Man könnte höchstens mich als Hausherrn als solches sehen - hoffentlich insbesondere als den guten Geist des Hauses!

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