Seeanbindung in Starnberg:Eine Frage der Kosten

Seeanbindung in Starnberg: Die Stadt, der See und die Bahn - hier dargestellt auf einer undatierten historischen Postkarte aus einer Zeit, als Starnberg noch "unverbaut" war

Die Stadt, der See und die Bahn - hier dargestellt auf einer undatierten historischen Postkarte aus einer Zeit, als Starnberg noch "unverbaut" war

(Foto: oh)

Die Stadt Starnberg will die finanziellen Risiken einer Seeanbindung berechnen lassen. Ein Arbeitskreis soll die Arbeit an dem Projekt aber erst im Oktober fortsetzen

Von Peter Haacke, Starnberg

Die Planung eines "Jahrhundertprojekts" - ein Vorhaben also, das für Generationen Bestand haben wird - erfordert neben Zeit und Geld auch gewisse Sorgfalt. Allein daran gemessen, sollte die Starnberger Seeanbindung, die nach derzeitigem Stand auf wenigstens 60 Millionen Euro taxiert wird, ein Bauprojekt von besonderer Güte sein. Tatsächlich verbirgt sich hinter dem Begriff ein Projekt, für das es in seiner Komplexität bislang keine Vergleichsparameter gibt. Nun hat sich erstmals seit Amtsantritt von Bürgermeisterin Eva John der "Projektausschuss Bahnhof See" mit der Materie befasst. Wichtigstes Ergebnis der Debatte am Donnerstag: Man wird sich im Oktober erneut unterhalten.

Hinter der Seeanbindung steht das Bemühen, die Trennwirkung der Bahngleise abzumildern, die das Nordufer des Starnberger Sees abtrennt von der Stadt. Doch die bisher vorliegende Planung mit oberirdischer Gleisverlegung ist politisch umstritten: Seit Jahren gibt es Streit um die städtebaulich vermeintlich beste Lösung an Starnbergs attraktivstem Flecken, der aber seit 1854 von der Bahn in Beschlag genommen worden ist. Im Jahr 1987 schloss die Stadt Starnberg mit der Deutschen Bahn einen Vertrag, der im Wesentlichen eine Rückübereignung nicht benötigter Bahnflächen sowie des historischen Bahnhofgebäudes am See vorsieht. Im Gegenzug erstellte die Stadt den Bahnhof-Nord und müsste - so sieht es der Vertrag vor - auch einen Umbau der Gleise finanzieren, denn Regional-Züge und ICE sollen künftig mit 80 Stundenkilometern am See durchrauschen.

Lange blieb das Thema unbearbeitet, erst unter dem vorherigen Bürgermeister Ferdinand Pfaffinger schien es wieder voran zu gehen: Mehrere Wettbewerbe wurden ausgeschrieben, es gab Workshops mit Bürgerbeteiligung, ein Arbeitskreis widmete sich unter Beteiligung von Experten der Thematik. Am Ende einigte sich der Stadtrat aus Kostengründen für eine oberirdische Lösung, die aber umstritten ist. Insbesondere die WPS und der Verein "Schöner zum See", aber auch BMS, BLS und FDP bezweifeln die Notwendigkeit der Gleisverlegung; bislang unverrückbarer Bestandteil der Bahnforderungen. Erklärtes Ziel dieser Gruppierungen ist es, den Bahnvertrag 2017 "auslaufen" zu lassen; ein Vorhaben mit unabsehbaren Folgen für die Stadt.

Stadtbaumeister Stephan Weinl und Fachplaner Stefan Gödeke präsentierten den Mitgliedern des "Projektausschusses Bahnhof See" und rund 30 weiteren Zuhörern zum Einstieg einen gut einstündigen Vortrag, der Rahmenbedingungen, Kostenschätzungen und den Stand des Verfahrens skizzierte; ein Referat, das beide schon mehrfach im vergangenen Jahr gehalten haben und trotz der Faktenfülle kaum neue Aspekte beinhaltete.

Der Ausschuss und auch John lehnten entgegen der Empfehlung der Verwaltung überraschenderweise die Unterzeichnung des Entwurfs zu einer "verkehrlichen Aufgabenstellung" (VAST) ab - laut Gödeke ein standardisiertes Prüfverfahren der verkehrstechnischen Rahmenbedingungen für den Umbau der Bahnhöfe See und Nord. Zustimmung fand dagegen der Antrag zur Offenlegung der Verträge mit der Deutschen Bahn unter der Voraussetzung zu, dass auch der Vertragspartner dem zustimmt. Zudem sollen Ausgaben, Nebenkosten und Leistungen bei der bisherigen Vertragsumsetzung sowie eine Kalkulation aller zu erwartenden Ausgaben einschließlich Nebenkosten und Risiken dargestellt werden. Den wohl wichtigsten Antrag aber brachte Annette von Czettritz ein: Sie möchte wissen, welche finanziellen und rechtlichen Auswirkungen die Nichterfüllung des Vertrages nach sich ziehen. Von der Bahn gibt es dazu bislang kein Statement: Hier hieß es bislang lapidar, dass man weiterhin von einer Vertragserfüllung der Stadt ausgeht.

Stefan Frey (CSU) beantragte vergeblich, dass neben anderen bereits vorliegenden Arbeiten als Alternative auch eine neuere Studie von Lutz Janssen in die Betrachtungen einbezogen wird. Zentrale Aussage der Arbeit, die auch den Fraktionen vorliegt: Durch Bau eines "Kompakt-Tunnels", der kostengünstiger ausfallen könnte als eine oberirdische Gleisverlegung, sei ein "freier Seezugang ohne Gleise" möglich - im Grunde die Ideallösung für die Seeanbindung.

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