Seeanbindung:Gütliche Einigung mit der Bahn angestrebt

Stadtrat entscheidet sich für Schlichtungsverfahren im Streit um die Erfüllung des DB-Vertrags

Von Peter Haacke, Starnberg

Im Bemühen der Stadt Starnberg um eine Einigung mit der Deutschen Bahn AG (DB) zum 30 Jahre alten Bahnvertrag zeichnet sich für das weitere Vorgehen nur eine einzige Lösung ab: Per Schlichtungsverfahren soll der Versuch unternommen werden, eine millionenschwere Klage der DB auf Schadenersatz zu vermeiden. Der Stadtrat befasste sich am Mittwoch in nicht-öffentlicher Sitzung mit der brisanten Angelegenheit. Inhaltliche Details wurden bislang nicht bekannt, auch die Stadtverwaltung äußerte sich nicht auf SZ-Anfrage. Gleichwohl wirft das Vorgehen eine Reihe weiterer Fragen auf, die spätestens 2018 beantwortet werden müssen.

Die DB hatte in der Vorwoche in einem Schreiben an Bürgermeisterin Eva John und alle neun Stadtratsfraktionen unmissverständlich klar gemacht, dass ein Auslaufen des bis 31. Dezember befristeten Bahnvertrags aus dem Jahr 1987 nicht folgenlos bleiben werde. John hatte seit 2015 sämtliche Aufträge des Stadtrats, mit der DB eine Klärung der Sachlage herbeizuführen, ignoriert und den Mitgliedern des Gremiums bis zuletzt Einsicht in Unterlagen verwehrt. Erst mit erheblicher Verspätung hatte John nach monatelanger Untätigkeit angesichts zunehmenden Drucks eine Expertise zu den Folgen eines nichterfüllten Vertrags aus Sicht der Stadt in Auftrag gegeben. Dieses Papier hielt John aber zunächst ebenso unter Verschluss wie die zwischenzeitlich geführte Korrespondenz mit DB-Verantwortlichen.

Zu Beginn dieser Woche kam Bewegung in die Angelegenheit: Nach einem Gespräch mit dem Rechtsvertreter der DB konnten die Stadträte am Dienstag und Mittwoch endlich auch Einsicht in die relevanten Unterlagen nehmen. Der Handlungsspielraum der Stadt war zu diesem Zeitpunkt jedoch schon eingeschränkt: Als Optionen hatte die DB eine Klage oder ein Schlichtungsverfahren in Aussicht gestellt. Unter diesen Vorzeichen ging das Gremium am Mittwochabend in die Beratung und entschied sich mangels weiterer Alternativen notgedrungen für die Einleitung eines Schlichtungsverfahrens.

Die Bürgermeisterin selbst hatte im September in einem Schreiben an die DB den Streitwert um den bislang nur teilerfüllten Bahnvertrag mit 120 Millionen Euro beziffert und den Rechtsvertretern der Bahn damit die Vorlage für ihre weitere Arbeit geliefert. Während die Stadträte zu diesem Zeitpunkt noch in Unkenntnis der aktuellen Sachlage waren, führte Anwalt Walter Georg Leisner auf Geheiß von Bürgermeisterin John, aber ohne Mandatierung des Stadtrates, ein weiteres Gespräch mit der DB. Über den Inhalt der Unterredung schweigen sich die Beteiligten öffentlich bislang aus. Im Sommer 2016 hatte John der DB lediglich lapidar mitgeteilt, dass die Stadt finanziell nicht in der Lage sei, die vertraglich vereinbarte Finanzierung der Projektkosten zu stemmen.

Ungewiss ist der weitere Fortgang des Verfahrens, das nun ins Jahr 2018 verschoben ist. John ging in der Vorwoche von einem Zeitrahmen von einem Jahr aus; die DB hat sich dazu bislang aber ebenso wenig geäußert wie zu inhaltlichen Fragen des Vertrags. Dem Vernehmen nach steht zunächst nur die Klärung rechtlicher Aspekte im Vordergrund. Kritische Aspekte sind etwa eine von der Bahn stets geforderte Gleisverlegung oder der barrierefreie Umbau des Bahnhofs, sofern es nicht zu einem Neubau einer Station am See kommt.

In Reihen des Stadtrats wächst derweil der Unmut über das Agieren der Bürgermeisterin. Es überwiegt die Meinung, dass John mit ihrem zögerlichen Agieren die Stadt unnötigerweise in ein Verfahren hineingedrängt hat, weil sie ihre Aufgaben trotz zeitlichen Vorlaufs und mehrfach eindringlicher Aufforderung nicht erledigt hat. Jetzt gab es für die Stadträte nur noch die Wahl zwischen Klage und Schlichtung. Als ärgerlich empfindet Vize-Bürgermeister Klaus Rieskamp auch die permanenten "Maulkorb-Erlasse" und den Info-Boykott der Bürgermeisterin: "Es ist eine Katastrophe für die Stadt, dass Bürger und die Öffentlichkeit nicht in diesen für Starnberg wichtigen Prozess eingebunden werden."

Die Schlichtung wird voraussichtlich erst Mitte Januar 2018 starten. Unklar ist jedoch, wer aus den Reihen des Stadtrats an den Verhandlungen teilnehmen soll; angestrebt ist eine eher kleine Gruppe. Um die Teilnahme könnte zwischen den neun Fraktionen noch ein Streit erwachsen. Klar zu sein scheint bislang nur: Verhandlungsführerin für die Stadt wird voraussichtlich Bürgermeisterin Eva John sein.

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