Süddeutsche Zeitung

Schwieriger Markt:Codello gibt Stammsitz auf

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TQ Systems übernimmt das Firmengebäude im Inninger Gewerbegebiet. Geschäftsführer Heinz Schnabl spricht von Fehleinschätzung: "So viel Platz brauchen wir einfach nicht mehr."

Von Astrid Becker, Inning

Die Textilfirma Codello hat ihr Stammhaus im Gewerbegebiet in Inning an TQ Systems verkauft. Das hat Geschäftsführer Heinz Schnabl bestätigt. Als Gründe nannte er den sich verändernden Markt und damit verbundene Umsatzeinbußen im Einzelhandel. Ebenfalls verkauft werden soll der einstige Sitz von Codello in Hechendorf, der aus einem Wohnhaus und dem Factory Outlet des Schaldesigners besteht. Gerüchte, dass damit das Ende des Tücher-und Schal-Modelabels eingeläutet sei, dementiert Schnabl. Vielmehr wollten er und seine beiden Kinder, denen das Unternehmen zu je einem Drittel gehört, das so erwirtschaftete Geld wieder in die Firma investieren, um sich "den Gegebenheiten des Marktes besser anpassen zu können".

Erst 2014 hatte die Firma die Immobilie mit ihrer markant wirkenden anthrazitfarbenen Fassade im interkommunalen Gewerbepark bezogen. 8000 Quadratmeter Grund hatte Codello dafür erworben und darauf ein Gebäude mit Logistikhalle und Parkplätzen errichtet. Kenner hatten das Projekt auf Gesamtkosten in Höhe von etwa neun Millionen Euro geschätzt. Unterhaltskosten, Tilgung und Zinsen sind Schnabl und seiner Familie offenbar zu viel geworden. "Wir sind ja keine Immobilienmanager, sondern Kreateure und wollen uns jetzt auf unsere Kernkompetenzen besinnen," sagt der 74-jähriger Unternehmer.

Unter Kernkompetenzen versteht er das Entwerfen neuer Schals, Tücher und Taschen, auf die das Unternehmen spezialisiert ist. Hinzukommen sollen verstärkt Accessoires wie ein schwarz-weißer Regenschirm, der sich bei Regen bunt verfärbt. Schnabl zufolge will Codello seinen Fokus verstärkt auf E-Commerce richten. Einen eigenen Online-Shop gibt es bereits, der von einem Dienstleister und zwei Mitarbeitern im eigenen Haus betrieben wird. Zehn Prozent des Umsatzes würden aus dem Internetgeschäft generiert, so der Inhaber. Letzteres will Schnabl auf 20 Prozent verdoppeln.

Das Unternehmen muss Verluste verkraften, die vor allem durch die teure Immobilie und durch Einbußen im Einzelhandel entstanden sind, wie der Firmeninhaber sagt. Er beziffert den Umsatz seines Unternehmens auf etwa 14,5 Millionen Euro, was deutlich unter dem der Vorjahre liegt. 2014, beim Einzug in das neue Gebäude, war noch von jährlich bis zu 22 Millionen Euro die Rede. Schnabl führt die Entwicklung auch auf Fehleinschätzungen zurück. So habe Codello zu spät auf das wachsende Online-Geschäft reagiert: "Wir haben nicht damit gerechnet, dass sich der Markt in so rasender Geschwindigkeit verändern würde." Das Gebäude selbst sei viel zu groß dimensioniert: "So viel Platz brauchen wir einfach nicht mehr." Derzeit sind am Standort Inning 50 Mitarbeiter beschäftigt, weitere 25 sind auswärts beschäftigt, zum Beispiel in Kaufhäusern, in denen Codello eigene Shops betreibt.

Auch intern gibt es Veränderungen. So sind Schnabls Ehefrau Annelie sowie die Tochter Miriam, die verantwortlich ist für Design und E-Commerce sowie der Sohn Michael, der sich um Vertrieb und Marketing kümmert, aus der Geschäftsführung ausgeschieden; "auf eigenen Wunsch", wie Heinz Schnabl betont. Unterstützt in der Geschäftsführung wird er von dem 57-jährigen Lothar Hiese, einem Manager, der über langjährige Erfahrung in der Textilbranche verfügt und laut Schnabl schon in den Vorstandsetagen von namhaften Unternehmen wie Jil Sander gearbeitet hat.

Ende November wird Codello die dritte Etage des Gebäudes, wo sich derzeit unter anderem die Büros der Geschäftsführung und ein Showroom befindet, für TQ Systems räumen. Spätestens in zwei Jahren wird Schnabl zufolge dann TQ Systems, deren Geschäftsführung bisher nicht für eine Stellungnahme zu erreichen war, das Gebäude komplett übernehmen. Wie für Schnabl dürfte der Deal aber auch für TQ Systems ein Glücksfall sein. Der Technologie-Spezialist wächst beständig und braucht Platz für seine Mitarbeiter. Derzeit sind das abrufbaren Unternehmensangaben zufolge insgesamt 1400 an sechs Standorten, Tendenz steigend. Auch die Gemeinde Inning wird vermutlich von dem Verkauf profitieren: Das Unternehmen erwirtschaftete zuletzt einen Gesamtumsatz von 225 Millionen Euro, was sich günstig auf die zu erwartenden Einnahmen aus der Gewerbesteuer auswirken dürfte.

Schnabl sucht jetzt nach neuen Räumlichkeiten für Codello: "Ein Loft oder dergleichen mit 500 bis 700 Quadratmetern wäre schön, eben etwas, was zu unserem kreativen Image passt." Ein Objekt hat er bereits im Auge: "Freiham würde mir sehr zusagen." Erste Gespräche hätten stattgefunden, eine Entscheidung sei aber noch nicht gefallen.

Eines allerdings steht fest: Der Codello-Shop wird in Inning bleiben und soll umgebaut werden. Auch das Factory-Outlet sieht Schnabl weiterhin im Landkreis, "irgendwo im Dreieck Seefeld, Herrsching und Gilching". Mit dem Verkauf der Hechendorfer Immobilie, wo es derzeit noch untergebracht ist, ist das Maklerbüro Engel & Völkers beauftragt. Es bietet das Objekt für 3,35 Millionen Euro an. "Wir wären gern dort geblieben", sagt Schnabl, "aber wir hätten umbauen und mehr Parkplätze schaffen müssen." Das sei dort aus baurechtlichen Gründen unmöglich. Das Grundstück liegt im Außenbereich.

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Quelle:
SZ vom 28.10.2017
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