Schondorfs Partnergemeinde Puerto Leguízamo:Bürgermeister hinter Gittern

Lesezeit: 2 min

Von ARMIN GREUNE

Schondorfs Partnergemeinde Puerto Leguízamo ist geschockt, die Rathausverwaltung dort gelähmt: Am 28. November wurde der amtierende Bürgermeister Juan Carlos Paya verhaftet, zusammen mit elf weiteren Personen sitzt er derzeit in Untersuchungshaft in Kolumbiens Hauptstadt Bogotá. Gegen sie wird wegen Bestechung, Verschwörung, illegaler Ausbeutung natürlicher Ressourcen, Eindringen in Naturschutzreservate und Umweltversuchung ermittelt.

Die örtliche Presse spricht von einer "gigantischen Operation": Einheiten der Steuerbehörde, Polizei und Armee hätten die zwölf Verdächtigen in Puerto Leguízamo, Cali und Bogotá gefangen genommen. Angeblich existierten Beweismittel, dass der Bürgermeister 25 Millionen Peso (rund 8000 Euro) dafür erhalten habe, dass er mit Verwaltungsakten den illegalen Goldabbau mit großen Maschinen zugelassen habe, die einen enormen Schaden an der Umwelt hinterließen. Die Behörden hätten über zwei Jahre Beweise für massive Einleitungen von hochgiftigem Quecksilber in Zuflüsse des Putumayo und des Caquetá gesammelt. Monatlich seien sie so mit 140 Kilogramm Quecksilber belastet worden, um 87 Kilogramm Gold zu gewinnen. In drei Bezirken Amazoniens seien inzwischen 17 Bagger-Pontons einer Scheinfirma aus Bogotá zerstört worden.

All diese Informationen hatte Stefanie Windhausen, Fernsehjournalistin und Referentin des Schondorfer Gemeinderats für die Klimapartnerschaft, nach ihrer jüngsten Reise unerwähnt gelassen. In der Gemeinderatssitzung wenige Tage später entschied das Gremium, das zweite Klimaschutzprojekt zum Brunnenbau vorzufinanzieren - auch die Gemeinderäte waren nicht über die Verhaftung Payas informiert worden. Erst auf Nachfrage der SZ räumt Windhausen ein, dass sie bereits auf dem Hinflug von den Vorwürfen gegen den wichtigsten Gesprächspartner in der 15 000 Seelen-Gemeinde Leguízamo erfahren habe. Bei einem Telefonat in Kolumbien habe Paya jeden Korruptionsvorwurf von sich gewiesen. "Ich maße mir kein Urteil an", sagt sie - doch es erscheine ihr zumindest unwahrscheinlich, dass der Bürgermeister von der Wasserverseuchung gewusst haben könnte. Denn Paya gehöre dem indigen Volk der Murui an, für die der schonende Umgang mit "Mutter Erde" auch spirituell verankert sei.

Schondorfs Bürgermeister Alexander Herrmann war über die Vorkommnisse in Leguízamo eingeweiht. Er hält es auch für möglich, dass der junge indigene Bürgermeister, der erst zu Jahresanfang sein Amt angetreten hatte, aus politischen Motiven eingeschüchtert werden soll. Zuvor sei bereits gegen die Gouverneurin des Departements Putumayo ähnlich vorgegangen worden, die auch einem Indiovolk angehört. Und bereits Payas Vorgänger Miguel Rubio Bravo, der mit einer Delegation in Schondorf zu Gast war, habe in Untersuchungshaft gesessen, doch die Vorwürfe gegen ihn seien fallen gelassen worden: "Das kolumbianische Rechtssystem funktioniert etwas anders", meint Herrmann. Er glaubt nicht, dass Payas Verhaftung die Partnerprojekte beeinträchtigt, sie seien "gut in der Verwaltung verankert." Dem kolumbianischen Wahlsystem zufolge müsse das Bürgermeisteramt alle vier Jahre in neue Hände wechseln. Dies habe erst Anfang des Jahres dazu geführt, dass bis auf zwei auch sämtliche Rathausmitarbeiter ihre Posten verloren. "Es würde uns sehr schmerzen, schon wieder neue Ansprechpartner suchen zu müssen", sagt Herrmann.

© SZ vom 22.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: