Eliteinternat am Ammersee:Und an der Decke hängt ein altes Ruderboot

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Auf dem Gelände des 1905 gegründeten Landheims in Schondorf wurde jüngst viel umgebaut - und noch ist die Umstrukturierung des Internats auch nicht abgeschlossen. (Foto: Georgine Treybal)

Das Landheim in Schondorf wird erweitert und modernisiert. Auch am pädagogischen Konzept wurde gefeilt. Ein Rundgang über das weitläufige Gelände, auf dem zum neuen Schuljahr neue Häuser bezogen werden können.

Von Renate Greil, Schondorf

Kurz vor Schulstart werden auf dem Gelände des Landheims am Ammersee eifrig Kisten geschleppt. Veränderungen stehen an, denn drei neue Häuser werden bezogen, andere für eine umfassende Sanierung leer geräumt. Die Buchenhäuser, drei Wohnhäuser für 48 Internatsschülerinnen und -schüler in der Oberstufe, sind so gut wie fertig. Zeit für einen Rundgang mit Stiftungsleiter Rüdiger Häusler und Projektleiter Christoph Kirsch, zugleich kaufmännischer Leiter, über das Gelände. Seit mehreren Jahren wird in der Privatschule in Schondorf an dem groß angelegten Modernisierungsprojekt „Landheim 2025“ gearbeitet, das nächstes Jahr noch nicht abgeschlossen sein wird. So soll das 1905 gegründete Internat mit zwei Gymnasien und einer Grundschule sowie einer Stiftung fit für die Zukunft gemacht werden.

Die Privatschule, die zum bayerischen Abitur führt, spricht eine zahlungskräftige Klientel an. Rund zwanzig Prozent der Schüler erhalten ein Teilstipendium und ebenso viele kommen aus der ganzen Welt. Verteilt auf dem parkähnlichen, mehr als acht Hektar großen Areal am nördlichen Ortsrand von Schondorf stehen an die dreißig Einzelgebäude, auch einen eigenen Bootssteg gibt es.

Auf dem Weg vom denkmalgeschützten, repräsentativen Haupthaus im Oberlandstil zu den neuen Buchenhäusern aus Holz geht es am Föhrenhaus vorbei. Dieses hat bisher als Internatsgebäude gedient und wird nun ausgeräumt. Es wird komplett umgebaut und soll zukünftig als Schulgebäude dienen. Projektleiter Kirsch sagt, dass man sich dazu entschieden habe, die bestehenden Gebäude möglichst zu erhalten. Für die neue Oberstufe mit drei Jahrgängen werde zudem noch ein Neubau benötigt, da neun bis zehn Unterrichtsräume zusätzlich gebraucht werden. Pläne dafür gibt es noch nicht, eine Ausschreibung für das Oberstufenzentrum soll demnächst kommen. Der Bezug wird von Kirsch für Ende 2027 terminiert.

Im Fokus des Stiftungsleiters Häusler steht die neue Oberstufe, da Bayern nun zum neunstufigen Gymnasium zurückkehrt. Leben, Lernen und Arbeiten in der Gemeinschaft, aber auch die Individualität respektieren – das soll sich auch in der Architektur der neuen Wohnunterkünfte für die Schüler der Oberstufe und der Betreuenden abbilden. „Die Schüler sind auf der Suche nach Gemeinschaft“, sagt Häusler und unterstreicht, wie wichtig es sei, Gemeinschaft zu erleben.

Das Föhrenhaus wird komplett umgebaut. Dafür wird es gerade leer geräumt. (Foto: Georgine Treybal)
Stiftungsleiter Rüdiger Häusler (li.) und Projektleiter Christoph Kirsch führen über das Gelände. (Foto: Georgine Treybal)

Auch am pädagogischen Konzept der neuen Oberstufe wurde gefeilt. Neu ist ein Tutorensystem, dabei begleiten Tutoren Gruppen mit acht Schülern intensiv von Jahrgangsstufe 11 bis zum Abitur. Vorgesehen sind zudem fächerübergreifende Projekte und internationale Schüleraustausche. Im vergangenen Schuljahr startete das neue Konzept mit einer 11. Klasse, die 2026 Abitur machen wird. Mit vierzig Schülern ein starker Jahrgang, sagt Häusler. Zusätzlich können noch Zertifikate bei den zahlreichen Profilwerkstätten wie Schreinerei, Fotografie oder Medientechnik erworben werden, die als Praktikumsnachweis dienen können. „Das neue Konzept ist attraktiv“, stellt Häusler fest. Mit dem Wechsel von G 8 zu G 9 will das Landheim mehr als 300 Schüler unterrichten und insbesondere das Internat stärken. Derzeit sind etwas mehr als die Hälfte der rund 270 Schüler im Internat untergebracht, vor allem in den höheren Jahrgängen. Gewöhnlich kommen während des Schuljahres noch einige Schüler dazu.

Die größere Anzahl erfordert es auch, zusätzliche Mitarbeitende einzustellen. Der kaufmännische Leiter Kirsch spricht von derzeit 120 Mitarbeitenden in 100 Vollzeitstellen, die sich auf Lehrpersonal, Hauswirtschaft und Handwerk verteilen. Guter und bezahlbarer Wohnraum für die Beschäftigten ist daher gerade am Ammersee auch ein wichtiges Thema bei Neueinstellungen, obwohl es wenig Fluktuation gibt. Im Bereich Hauswirtschaft „ist es eng“, sagt Häusler und auch bei den Lehrenden muss die private Einrichtung mit den staatlichen Schulen und der damit einhergehenden Verbeamtung konkurrieren.

Das sogenannte Simmethaus gehört zum Altbestand auf dem Landheim-Gelände (Foto: Georgine Treybal)
Der Umstrukturierungsplan sah von Anfang an vor, dass alte Gebäude erhalten bleiben. (Foto: Georgine Treybal)

Dennoch stehe das Landheim zum Start ins neue Schuljahr gut da. Im vierten neuen Haus an der Bahnhofstraße entstehen drei Wohnungen für Mitarbeitende. Im Erdgeschoss wird zum 1. Oktober eine Physiopraxis einziehen, erläutert Kirsch. Dieses Haus, das wie die drei Buchenhäuser von Architekt Benedikt Sunder-Plassmann geplant wurde, musste in der Fertigstellung zurückstehen, damit die drei Internatshäuser zum Schulstart bezugsfertig sind. „Es wird eine Punktlandung“, sagt Kirsch. Denn noch ist nicht alles im Detail fertig, es fehlen noch die Scheiben im Verbindungsgang, Küchen werden montiert und im Sanitärbereich Trennwände aufgestellt. Beteiligt an den Arbeiten seien überwiegend umliegende Firmen, den Holzbau übernahm etwa die Holzbau Fichtl GmbH aus Hechenwang.

Etwas gestutzt wurde die mächtige Rotbuche, um die sich die Häuser situieren, aber der Baum ist laut Kirsch dank Bewässerung und einiger Vorsichtsmaßnahmen gut durch die Bauzeit gekommen. Der Rotton der Buche spiegelt sich in der Farbe der Verschattungen wider, das raue Holz der Fassade mit kleinen Zierelementen ist weiß gestrichen. Die Häuser sind mit einem geschwungenen Verbindungsgang miteinander verbunden, von oben gesehen erinnert die Dachgestaltung an einen Bergbach.

Die neuen Gebäude wurden um eine alte Rotbuche herum gruppiert. (Foto: Georgine Treybal)
Blick von unten auf das mittlere und obere der drei Buchenhäuser. (Foto: Georgine Treybal)

An den Eingängen zum Schulgelände stehen Spinde, denn ab hier beginnt die Hausschuh-Pflicht für alle. Aus dem Untergeschoss mit Aufenthalts- und Nutzräumen geht es über die Außentreppe in das eigentliche Herzstück der Gebäude mit den großen Innenhallen. Im Sporthaus, in das die Mädchen einziehen, dekorieren Sportgeräte die Wände der Halle. Das Prunkstück hängt aber an der Decke und ist ein zu einer großen Leuchte umfunktioniertes Rennruderboot, das schon 1968 bei den Olympischen Spielen dabei war, wie Kirsch erzählt. Die Halle lässt auch die Augen von Häusler und Kirsch leuchten, die Höhe der sogenannten „Hall“ wirkt atmosphärisch. Ein langer Esstisch und eine Gemeinschaftsküche bilden das zentrale Element in den Gemeinschaftsräumen.

Links und rechts gehen die Doppelzimmer ab, denn obwohl dies oft gewünscht werde, gibt es aus pädagogischen Gründen weiterhin keine Einzelzimmer. In dem Zimmer selbst aber gibt es eine „Koje“, der Schrank funktioniert als Raumteiler und die durchgehenden Arbeitsbereiche am Fenster lassen sich mit einem Vorhang trennen. Das „Landheim“-Bett wird in der eigenen Werkstatt gefertigt. Oft geäußert werde laut Häusler von den Schülern: „Es muss fair sein.“ Deshalb gleicht sich die Einrichtung, die zwar hochwertig ist, aber keinen Luxus bietet. Acht Zimmer auf zwei Etagen verbunden mit einer schmalen Wendeltreppe bieten sechzehn Schülerinnen Platz, die Erzieherin wohnt auf der dritten Etage.

Im Sporthaus dekorieren Sportgeräte die Wände der Halle - samt Rennruderboot als Deckenlampe. (Foto: Georgine Treybal)
Hier ist Platz für einen Billardtisch ... (Foto: Georgine Treybal)
... und auch gewaschen muss mal werden. (Foto: Georgine Treybal)

Diese Wohnung ist nur über die breite Außentreppe erreichbar und es gibt einen weiteren Eingang von außerhalb. So kann auch die Privatsphäre der Mitarbeitenden geschützt werden, das ist dem Stiftungsleiter, der selbst auf dem Gelände wohnt, wichtig. Dem Bebauungsplan geschuldet, wie Kirsch anmerkt, ist die große Dachterrasse, die zur Personalwohnung gehört. Die Häuser haben eine eigene Terrasse für die Schüler. Kirsch weist darauf hin, dass intelligente Technik verbaut wurde und über moderne Smart-Home-Technologie Lampen, Heizung oder die Markisen gesteuert werden.

Die Außenanlagen sind noch nicht fertig, aber Häusler sieht die Rotbuche schon als magischen Mittelpunkt für die Oberstufenschüler. Ausgeräumt wird gerade das ebenfalls im Radius der Buche liegende Simmethaus, dies wird nun umfassend ertüchtigt und soll dann im nächsten Jahr für den dritten Jahrgang der Oberstufe als Wohnhaus dienen. Die Häuser hängen an einem eigenen Nahwärmenetz, das von einer mit Hackschnitzeln befeuerten Heizzentrale beliefert wird. Eigene Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern der neuen Häuser erzeugen Strom, der größtenteils selbst verbraucht wird. Die vier Häuser müssen mit rund zehn Millionen Euro Baukosten eigenfinanziert werden. Größere Kostensteigerungen und Baukatastrophen, wenn man von zwei Wasserschäden absieht, blieben aus, wie Kirsch erläutert.

Kürzlich gab es eine besondere Fundraising-Aktion, denn die Spender konnten den Buden, wie die Zimmer im Landheim genannt werden, und den Häusern Namen geben. Emotionale Geschichten kann Stiftungsleiter Häusler erzählen, aber die Spender wollen in aller Regel nicht genannt werden. Der Name einer früheren Lehrerin, die für eine Person sehr wichtig war, wird beispielsweise stattdessen gewählt oder auch Spitznamen. Rund eine halbe Million Euro kam so zusammen, aber auch Großspender durften Namen bestimmen, die Mitte Oktober bekannt gegeben werden. Jetzt heißen die Häuser noch schlicht Buchenhäuser und warten darauf, sich zum Schulstart mit Leben zu füllen.

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