Süddeutsche Zeitung

Ausstellung "Flower Power":Blumen für die Ewigkeit

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Das Gestalt-Archiv in Schondorf zeigt Pflanzenbilder von Kindern und Jugendlichen aus mehreren Jahrzehnten.

Von Katja Sebald, Schondorf

Das Flower Power Festival ist partizipativ, jeder kann mitmachen. Im Vorfeld wurde deshalb ein Aufruf an zahlreiche kulturelle Einrichtungen auch im Münchner Umland verschickt. Unter den Partnern ist nun auch das 1979 gegründete Gestalt-Archiv, das von einem Verein geführt wird. Die Ausstellung, die von einem Rahmenprogramm begleitet wird, will nicht zuletzt die Ideen des 1981 verstorbenen Kunstpädagogen Hans Herrmann veranschaulichen: Hermann konzipierte eine kunstpädagogische Lehre, die den Menschen ganzheitlich ansprechen und das ästhetische Wahrnehmungsvermögen wie auch die Gestaltungskräfte, die in jedem Menschen, ob Kind, Jugendlicher oder Erwachsener ruhen, auf allen Gebieten der Bildnerischen Kunst und der Angewandten Kunst wecken, pflegen und fördern will.

Der 1899 geborene Hans Hermann vermachte sein Schondorfer Wohnhaus dem Verein als Bildungszentrum für Kunstpädagogik. Seine langjährige Mitarbeiterin, die Grundschullehrerin Eleonore Weindl, führte die Arbeit nach seinem Tod weiter, bis auch sie 2013 verstarb. Heute wird das Gestalt-Archiv von einigen Vereinsmitgliedern ehrenamtlich geführt. Es beherbergt eine außergewöhnliche und umfassende Sammlung mit Zehntausenden von originalen Gestaltungsarbeiten aus allen Altersstufen, vom Kindergarten bis zum Erwachsenenalter. Sie reichen bis in das Jahr 1900 zurück und sind in unterschiedlichen Techniken entstanden.

Auch in der aktuellen Ausstellung ist die Bandbreite der gezeigten Arbeiten denkbar groß. Auch einige aufwendig gestaltete historische Stickereien werden präsentiert. Den weitaus größten Raum aber nehmen Bilder von Schülern ein: So ließ etwa Eleonore Weindl in den 1970er Jahren ihre Erstklässler in Utting ein Bild zum Thema "Ich gieße meine Blumen" malen. Die jüngsten Arbeiten stammen von älteren Schülern, die einen "Phantasiegarten" malen sollten. Die Farbigkeit dieser Blätter verweist auf die Achtziger oder Neunziger Jahre. Zu sehen ist auch eine ganze Reihe von kolorierten Zeichnungen, die Löwenzahn, Gänseblümchen und Klee bis ins kleinste Detail abbilden. Auch gibt es bezaubernde Einzelblätter, die erfundene Pflanzen, die sich ausrollen wie Farne, aber mit Dornen und einer Vielzahl von rosafarbenen Blüten besetzt sind, ebenso detailverliebt darstellen. Gemeinsam ist allen gemalten, gezeichneten oder gedruckten Bildern, dass sie Blüten und Pflanzen zeigen. Das gilt auch für die Arbeiten aus den 1930er und 1940er Jahren, als ganze Schulklassen Muttertagskränze oder Erntekronen malen musste. Diese Blätter sind Zeitdokumente, die eindrücklich vorführen, wie die NS-Ideologie schon im Schulunterricht umgesetzt wurde. Ein erklärender Text wäre vor allem hier wünschenswert.

Während der Laufzeit der Ausstellung bietet das Gestalt-Archiv auch verschiedene Kurse an: So kann man am 25. März, am 22. April und am 24. Juni unter der Anleitung von Cornelie Wolf selbst Blumen malen. Am 23. April gibt es einen Schreib-Workshop mit Ilse Baumgarten, in dem Texte zum Thema Blüten, Blätter und Samen entstehen. Am 6.und 7. Mai kann man mit Monika Frisch ein "Paradiesgärtlein" anfertigen, am 13. Mai Papierblumen mit Annerose Lechner basteln und am 17. Juni mit Karen Bauer Linoldrucke mit Pflanzenmotiven herstellen. Alle Informationen zu den Kursen, zur Anmeldung und zu den Kosten finden sich auf der Website www.gestalt-archiv.de.

Die Ausstellung ist bis zum 2. Juli 2023 jeden Sonntag von 14 bis 17 Uhr sowie nach telefonischer Vereinbarung (08192-7675) im Gestalt-Archiv Hans Hermann an der Landsberger Straße 19 in Schondorf zu besichtigen.

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