Alle Konzerte zu schaffen, ist schier unmöglich. Aber es scheint Besucher des Kapellentags im Rahmen der "Ammerseerenade" zu geben, die immerhin möglichst viele Auftritte sehen und hören wollen. Veranstalterin Doris M. Pospischil erinnert sich noch gut an so eine Begegnung in Dießen: Eine Frau auf einem knallroten Mofa, die es wahnsinnig eilig hatte. Weiter, weiter, gleich zum nächsten Konzert. Sie war eine von etwa 2000 Musikliebhabern, die sich im vergangenen Sommer auf eine musikalische Erkundungsreise am Ammersee begeben haben. Heuer gibt es das Angebot schon zum zehnten Mal, und am letzten Sonntag im August ist wieder mehr geboten, als zu schaffen ist.
Beim Kapellentag am 25. August gibt es wie in den vergangenen Jahren wieder mehrere Routen rund um den Ammersee für den Konzertmarathon in der Zeit von 11 bis 17 Uhr. Mehr als drei Stationen sind aber sinnvollerweise kaum zu bewältigen; es empfiehlt sich also gute Vorbereitung. Sobald genau feststeht, wer wo im Bereich zwischen St. Ottilien und Raisting auftritt, wird das gesamte Programm auch im Internet veröffentlicht. Angekündigt ist eine bunte Mischung von Pop, Weltmusik, Volksmusik bis Klassik. Der Eintritt ist wie immer frei.
Schirmherrin ist erneut Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU), die den Kapellentag von Anfang an unterstützte. In ihrem Grußwort schwärmt sie von dem besonderen Ambiente: "Die idyllische Kulisse des Ammersees mit seinem imposanten Bergpanorama bietet den perfekten Rahmen für dieses Musikerlebnis".
Veranstalterin Pospischil nennt diesen Tag mit Gratis-Konzerten in zwei Dutzend Kapellen und Kirchen in Orten rund um den Ammersee den "Aperitif" zur eigentlichen Veranstaltungsreihe, die dann im September folgt. Fünf Konzertabende in Andechs, Windach, Raisting, Türkenfeld und Breitbrunn sind dabei vorgesehen, eine musikalische "Hop-on-hop-of"-Tour auf dem Motorschiff Utting und dem "Liberation-Konzert" in St. Ottilien als Schluss- und Höhepunkt. Der Kartenvorverkauf hat schon begonnen.
Dieses mittlerweile etablierte und bei Kennern überaus geschätzte Gesamtpaket im Sommer ist hauptsächlich einem Ehepaar zu verdanken, dem die klassische Musik zwar nicht Profession, aber umso mehr Leidenschaft ist: Hans-Joachim Scholz, der Vorsitzende des Trägervereins "Kultur am Ammersee", spielt nicht einmal ein Instrument, der 83-Jährige hatte in einer Bank gearbeitet und als Geldgeber immerhin mit der Kulturbranche zu tun. Und er ist seit 60 Jahren Abonnent der Berliner Philharmoniker. Seine Frau Doris Pospischil dagegen hat das Klavierspielen gelernt, ist studierte Forstwirtschafterin und arbeitete als Wirtschaftsjournalistin. Mit Hingabe widmen sie sich nun der Veranstaltungsreihe, die sie erfunden und immer weiter ausgebaut haben.
Durch viele persönliche Kontakte und durch "Vertrauen", wie sie sagen, gelingt es ihnen Jahr für Jahr, renommierte Musiker und Ensembles zu engagieren. Am Ammersee gastieren auch Künstler, die sonst große Bühnen gewohnt sind. Die treten dann auch mal zu einem "Schweinsbratenkonzert" in einer schlichten Scheune auf und nehmen es sogar gelassen hin, wenn es von oben auf eine wertvolle Geige tropft, wie sich Pospischil schmunzelnd erinnert. Heuer etwa kommen Musiker wie der Violinist Alessandro Quarta aus Lecce in Italien, der mit internationalen Preisen bedachte Geiger Kirill Troussov oder das Kammerensemble Philharmonia Frankfurt unter Leitung von Juri Gilbo.
Mit einem Konzert unter dem Motto "Classic for family" wird am Samstag, 14. September, die eigentliche Ammerseerenade eröffnet. Beim Abschlusskonzert am Samstag, 28. September, in der Klosterkirche von St. Ottilien, tritt diesmal das Jerusalem Symphony Orchestra zusammen mit dem Cellist Mischa Maisky unter der Leitung von Julian Rachlin auf - und das ohne Honorar. Es erinnert an einen denkwürdigen Auftritt von jüdischen Musikern und Musikerinnen anlässlich der Befreiung kurz nach Kriegsende im Mai 1945. Erwartet wird dort auch die Schirmherrin Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern.
Die Tickets kosten je nach Veranstaltung von 27,14 Euro - mit Ermäßigung bei "Classic für winds" in der Kulturkirche Breitbrunn - bis 115 Euro für die besten Plätze beim Erinnerungskonzert in St. Ottilien. Doch mit den Eintrittsgeldern lässt sich solch ein Festival ohnehin nicht finanzieren. Wesentliche Stütze sind für den kleinen Trägerverein wie üblich im Kulturbetrieb auch hier Zuschüsse von Landkreis, Bezirk und Kultusministerium; hinzu kommen noch Förderungen diverser Sponsoren. Um welche Summen es dabei geht, will Veranstalterin Pospischil nicht verraten. Das Organisatorische werde jedoch komplett im Ehrenamt erledigt: "Wir arbeiten das ganze Jahr über an den Vorbereitungen". Und dann geben sie sich zwei Wochen Urlaub.