Zwei Grundschüler hat Barbara Freier heute schon mit der windschnittig-tropfenförmigen E-Rikscha zum Gitarrenunterricht in die Musikschule gebracht. Vor elf Tagen war Premiere auf dem Schondorfer Dorfmarkt gewesen, und seither sei ihr Gratis-Dienst schon ins Rollen gekommen, erzählt sie mit leuchtenden Augen. Jeden Tag läute das Telefon, viele wollten eine Fahrt mit der strahlend weißen E-Rikscha buchen. Etwa zehn Passagiere gab es in der ersten Woche.
Freier gehört zu dem siebenköpfigen, ehrenamtlichen Schondorfer Rikscha-Team. "Wir wollen Freude verschenken. Jeder, der mit uns einen Ausflug machen möchte, ist herzlich willkommen", sagt sie über das Projekt. Ihre Kollegin Kristiane Dopp erklärt: "Wir wollen, dass alte Menschen mobil bleiben. Wir wollen sie aus ihren Wohnungen holen und ihnen ermöglichen, sich am öffentlichen Leben zu beteiligen. Christine Cropp, die gleichsam als Mutter des Rikscha-Projekts gilt, formuliert es so: "Wir wollen die aufspüren, die es nicht mehr schaffen rauszugehen."
Christine Cropp fand in Kristiane Dopp, Barbara Freier, Helga Gall, Susanne Matthes und Christiane von Bechtolsheim Mitstreiterinnen, die von ihrer Vision überzeugt sind. Letztere sagt über das Team: "Jeder, der gern radelt, ist dabei. Wir wollen eine Alternative zum Auto bieten." Gemeinsam bewarben sie sich im vergangenen Jahr um das mit insgesamt etwa 10000 Euro dotierte Bürgerbudget der Gemeinde, wurden aber nur auf den fünften Platz gewählt. Da sei die Enttäuschung natürlich erst mal groß gewesen, doch die Frauen dachten nicht daran, die Flinte ins Korn zu werfen. Sie seien stolz, dass sie es innerhalb eines Jahres geschafft hätten, genügend Sponsoren zu finden, um den Traum von ihrer E-Rikscha wahr werden zu lassen, so Freier. Die Hauptträgerschaft hat "Gemeinsam" übernommen, der Gemeinnützige Verein Ammersee West. Inzwischen ist mit Bernhard Schnaus auch der erste Mann zum Team gestoßen.
Elektroschiff "Berg":"Sie ist schon was ganz anderes als all die anderen, mit denen wir fahren"
Auf dem Starnberger See wird das neue Elektroschiff auf den Namen "Berg" getauft - allerdings klappt das erst im zweiten Anlauf. Wann und wo das Schiff künftig lautlos übers Wasser gleitet.
Kristiane Dopp hat schon einen festen Fahrgast, eine ältere Frau, die sie jeden Freitag nach ihrem Marktbesuch nach Hause bringt. Auf dem Markt sorgt die Rikscha vor allem auch bei Kindern für Begeisterung, Dopp sagt: "Bis jetzt sind Kinder unsere größten Fans." Barbara Freier nimmt zwei Jungen auf eine schnelle Fahrt um den Block mit. Kinder hätten wegen der Corona-Pandemie so zurückstecken müssen, daher sei sie, wenn Eltern anriefen und eine Fahrt für ihre Sprösslinge buchen wollten, gern bereit, ihnen eine Freude zu machen.
Meist würden sich die Menschen spontan zur Mitfahrt entscheiden, erzählt Cropp. Das kann Freier nur bestätigen, vor kurzem sei sie im Ort an einer alten Dame mit Rollator vorbeigefahren - die Gehhilfe wurde kurzerhand zusammengeklappt, in der Rikscha verstaut und mit seiner Besitzerin nach Hause kutschiert. Kristiane Dopp meint allerdings, dass viele Leute erst noch die Scheu verlieren müssten. Gerade Männer zierten sich häufig ("Ich kann noch laufen"). Sie hofft auf Mundpropaganda, um diejenigen zu erreichen, die ihr Haus nicht mehr verlassen können.
Bis die E-Rikscha starten konnte, war es ein längerer Weg. Zunächst hatten die Initiatoren ein Modell mit Motor bestellt, dann aber bemerkt, dass sie mit zwei Fahrgästen nicht mehr den Berg hinaufkämen. Also wurde auf eine zweimotorige Rikscha mit Elektro-Anfahrhilfe umgesattelt. Das Rikscha-Team hat sie mit Anschnallgurten, einem Sicherheitshebel, Einstiegsschlaufen sowie einer Einstiegshilfe und einem Hygieneschutz zwischen Fahrgast- und Fahrerbereich ausgestattet. Das gute Stück erreicht maximal 25 Stundenkilometer, alle Fahrer wurden Rikscha-geschult. Cropp erzählt, dass das Team sich die Woche aufgeteilt habe, jeder habe an einem anderen Tag Fahrdienst. Fahrten lassen sich unter 0176/47056703 buchen, das Team freut sich über weitere ehrenamtliche Fahrer.