Umstrittene Wohnungsvergabe:Mit dieser Kommunikation beschädigt der Bürgermeister auch sein Amt

Ausgerechnet zwei Kinder des Bürgermeisters Alexander Herrmann haben begehrte Wohnungen zu sozial verträglichen Preisen erhalten - die Gerüchteküche in Schondorf brodelt. Statt aber alle Details zu der Vergabe offenzulegen, hüllen sich die Verantwortlichen in Schweigen - und richten so noch schlimmeren Schaden an.

Kommentar von Armin Greune, Schondorf

Dass auch ein wenig Neid mitspielt, wenn jetzt viele mit dem Finger auf Bürgermeister Alexander Herrmann zeigen, ist klar. Unter mindestens doppelt so vielen Bewerbern haben ausgerechnet zwei seiner erwachsenen Kinder das Glück gehabt, in Schondorf zum halben Preis an Eigentumswohnungen zu gelangen, die von der Gemeinde vergeben wurden. Klar, dass nun über das Vermögen des Rathauschefs spekuliert wird und von "Gschmäckle" die Rede ist, selbst wenn juristisch nichts gegen die Bewerbungen einzuwenden ist. Die Kinder des Bürgermeisters haben dazu das gleiche Recht wie alle anderen Bürger, die den Schondorfer Kriterienkatalog erfüllen.

Die günstig erworbene Immobilie nach dem Erwerb im Internet zur Miete anzubieten, ist dagegen eine andere Sache. Schließlich war es der erklärte Wille des Gemeinderats, dass die Käufer dieses Eigentum 15 Jahre lang selbst bewohnen - Abweichung nur unter Vorbehalt. Selbst wenn mit dieser Vermietung erkennbar kein Profit erzielt werden sollte, war es von der Bürgermeistertochter deshalb zumindest ziemlich ungeschickt, eine Wohnung online anzubieten, ohne den Gemeinderat zuvor von dieser Absicht wenigstens in Kenntnis zu setzen.

Im Rathaus wird zu allen entscheidenden Fragen die Nebelmaschine angeworfen

Ob Herrmann darüber unterrichtet war, bleibt fraglich. Er selbst gibt zu Fragen, die seine erwachsenen Kinder betreffen, keine Auskunft. Es kann ihm auch nicht angelastet werden, wenn ein junger Mensch, seine Absicht, in Schondorf zu wohnen, zwei Jahre nach der Bewerbung aufgegeben hat. Es soll ja öfter vorkommen, dass mit Mitte 20 die bisherige Lebensplanung umgeworfen wird. Was Bürgermeister und Gemeindeverwaltung allerdings vorgeworfen werden muss, ist ihre Informationspolitik. Statt nun das Vergabeverfahren so weit wie möglich transparent zu machen, wird dazu im Rathaus die große Nebelmaschine angeworfen: Von nicht öffentlichen Beschlüssen, Daten- und Personenschutz ist die Rede, selbst nach vier Tagen permanenter Nachfrage ist keiner der Involvierten bereit, die Frage nach einem möglichen Losentscheid zu beantworten oder wenigstens die Zahl der eingegangenen Bewerbungen zu nennen.

Herrmann behauptet, davon keine Kenntnis zu haben - da muss man es schon als beruhigend werten, dass Geschäftsleiterin Sandra Meissner mitteilt, der Vorgang sei "fein säuberlich abgelegt" und es sei beabsichtigt, "das Bewerberverfahren rechtsaufsichtlich prüfen zu lassen". Das reicht mit Sicherheit nicht, um die große Vertrauenskrise, von der nicht nur Herrmann und seine Familie, sondern auch sein Amt betroffen sind, zu bewältigen. Um noch größeren politischen und persönlichen Schaden abzuwehren, müssten so schnell wie möglich alle Karten offen auf dem Tisch liegen.

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