Landheim Schondorf:Ein Hauch von Hogwarts

Landheim Schondorf: Das 1905 gegründete Landheim in Schondorf am Ammersee - hier das Haupthaus - wird bis 2025 umgebaut. Die Eliteschule erwartet durch die Rückkehr zum G9 einen Zuwachs an Schülern.

Das 1905 gegründete Landheim in Schondorf am Ammersee - hier das Haupthaus - wird bis 2025 umgebaut. Die Eliteschule erwartet durch die Rückkehr zum G9 einen Zuwachs an Schülern.

(Foto: Arlet Ulfers)

Mit einer millionenschweren Investion rüstet sich das Internat am Ammersee für die Herausforderungen der Zukunft. Bis 2026 soll der Schulkomplex umgebaut und erweitert werden - ein Rundgang.

Von Renate Greil, Schondorf

Das staatliche Schulbildungssystem steht in der Kritik: Inhalte können oft nur unzureichend vermittelt werden, der Lehrermangel ist allgegenwärtig und auch die schulische Infrastruktur ist nicht immer gerade optimal. Viele Eltern schicken ihren Nachwuchs daher lieber auf Privatschulen in der Hoffnung auf eine qualitativ hochwertige Ausbildung. Doch auch hier muss man mit der Zeit gehen unter der Fragestellung: Wie funktionieren moderner Schulunterricht und Internatserziehung am besten zusammen? Am 1905 gegründeten Landheim in Schondorf, ein Internat, richtet man den Blick in die Zukunft - und investiert: Bis 2026 wird der Schulkomplex für rund 30 Millionen Euro umfassend modernisiert.

Das Landheim Ammersee ist ein Internat mit zwei Gymnasien und einer Grundschule sowie eine Stiftung in Schondorf am Ammersee. Der Campus mit insgesamt 27 Einzelgebäuden und eigenem Bootssteg liegt direkt am Ammersee.Das repräsentative Haupthaus des Schulkomplexes aus dem Jahr 1907, nur wenige Gehminuten vom Seeufer entfernt, steht unter Denkmalschutz. Seit drei Jahren wird an der Modernisierung des Komplexes - Projektname "Landheim 2025" - gearbeitet: Einige Gebäude werden abgerissen, neue sollen entstehen. Stiftungsleiter Rüdiger Häusler und Projektleiter Christoph Kirsch, zugleich kaufmännischer Leiter, haben nun bei einem Rundgang durch das mehr als acht Hektar große Areal am nördlichen Ortsrand von Schondorf erläutert, wie sich das Landheim verändern wird.

Landheim Schondorf: Projektleiter Christoph Kirsch und Stiftungsleiter Rüdiger Häusler (links) auf dem Areal vor der Blutbuche, wo ebenfalls neue Gebäude entstehen sollen.

Projektleiter Christoph Kirsch und Stiftungsleiter Rüdiger Häusler (links) auf dem Areal vor der Blutbuche, wo ebenfalls neue Gebäude entstehen sollen.

(Foto: Arlet Ulfers)

Häusler und Kirsch betonen, dass die Neubauten und Renovierungen auch Ausdruck des pädagogischen Konzeptes sind. So werden etwa die neuen Internatszimmer aus pädagogischen Gründen weiter als Doppelzimmer ausgeführt. Dabei setze man auf Wertigkeit statt auf Luxus. Häusler und Kirsch haben eher schlichte Büros unterm Dach im Haupthaus, das ebenfalls renoviert wird. "Wir wollen Werte erhalten", sagt Häusler, und Kirsch verweist auf neue Parkettböden, das renovierte Treppenhaus und den neu gestalteten Besprechungsraum für die Lehrkräfte. Mit einem großen Holztisch aus eigener Werkstatt, eigens getöpferten Lampenschirmen und gemütlichen Ohrensesseln ist die Gestaltung anheimelnd: Schlagworte wie "Bullerbü" und "ein Hauch von Hogwarts" fallen, wenn es um die Beschreibung des Internatsgeländes zwischen Wald, See und Ort geht. Über Jahrzehnte hinweg wurde es immer wieder neugestaltet.

Mit Wiedereinführung des G9 plant das Landheim bis 2025 mit bis zu 60 zusätzlichen Schülern

Mit Wiedereinführung der neunjährigen Gymnasialzeit G9 muss das Landheim bis 2025 für 50 bis 60 zusätzliche Schüler Wohn- und Schulraum schaffen, dazu müssen die Bestandsgebäude modernisiert und saniert werden. "Das Leuchtturmprojekt" soll das neue Oberstufenzentrum werden, sagt Häusler. Im Landheim werden aktuell 274 Schülerinnen und Schüler unterrichtet, bis Schuljahresende kommen erfahrungsgemäß noch ein paar dazu. "Jeder zweite Schüler geht in die Oberstufe", sagt Kirsch. Drei Schultypen werden für Internats- und Tagesheimschüler, die sich in etwa die Waage halten, angeboten: das Julius-Lohmann-Gymnasium, das Ernst-Reisinger-Gymnasium und die Julie-Kerschensteiner-Grundschule. Rund drei Viertel gehen aufs Gymnasium, 30 Kinder besuchen die Grundschule.

Landheim Schondorf: Im Bauwagen vor dem Haupthaus liegen die Pläne für den Umbau des Landheims, doch auch Verbesserungsvorschläge können hier eingereicht werden.

Im Bauwagen vor dem Haupthaus liegen die Pläne für den Umbau des Landheims, doch auch Verbesserungsvorschläge können hier eingereicht werden.

(Foto: Arlet Ulfers)

Nächste Station: der Bauwagen. Hier wird der aktuelle Stand der Planungen präsentiert, und hier ist auch der Ort für Rückmeldungen und verschiedenste Wünsche - etwa für neue Himmelsliegen, Bänke unter Bäumen oder Arbeitsplätze im Freien. Häusler legt Wert auf ein Miteinander bei diesem seit drei Jahre laufenden Prozess. An den Entscheidungen sind das Schulkuratorium und der Stiftungsbeirat beteiligt.

Landheim Schondorf: Soll Energie sparen: Anstelle der alten Ölheizung ist eine moderne Heizzentrale in Modulbauweise geplant, die noch vor dem Winter in Betrieb gehen soll.

Soll Energie sparen: Anstelle der alten Ölheizung ist eine moderne Heizzentrale in Modulbauweise geplant, die noch vor dem Winter in Betrieb gehen soll.

(Foto: Arlet Ulfers)

Noch unscheinbar wirkt der Standort der Heizzentrale im Handwerkerhof mit Fundamenten für die neue Hackschnitzelheizung. Ein Nahwärmenetz versorgt die einzelnen Häuser, im Sommer wurden Rohre auf einen Kilometer Länge verlegt. Lediglich die Sporthalle fehlt noch. Sobald die neue Anlage mit Silo und Kessel angeliefert ist, soll sie noch vor dem Winter in Betrieb gehen. Wenn alles gut läuft, wird der letzte Tropfen Öl aus einer Lieferung noch vor dem Ukrainekrieg von der alten Ölheizung genutzt, sagt Häusler. Bis zu 350 000 Liter Öl verheizte das Landheim järlich, das wären für diesen Winter rund 500 000 Euro an Kosten. Mit der neuen Anlage werden es nur um die 65 000 Euro sein, freut sich Kirsch. Hinzu kommen zur Stromversorgung Photovoltaik-Anlagen: So wurde auf dem alten Bootshaus, das ertüchtigt wurde, eine neue Anlage mit Ladesäulen errichtet.

Landheim Schondorf: Der 50 Jahre alte Sportplatz wird komplett neu gestaltet. Neben dem Rasenplatz gibt es einen Allwetterplatz, Finnenbahn und Outdoor-Fitness-Geräte.

Der 50 Jahre alte Sportplatz wird komplett neu gestaltet. Neben dem Rasenplatz gibt es einen Allwetterplatz, Finnenbahn und Outdoor-Fitness-Geräte.

(Foto: Arlet Ulfers)

Auch das Sportplatzgelände aus dem Olympiajahr 1972 ist derzeit eine Baustelle. Hier wird ein Naturrasenplatz für Fußball und Hockey entstehen nebst naturnaher Finnenbahn über 700 Meter: eine speziell angelegte Strecke, die zum Crosslauftraining sowie für Jogger gedacht ist und auch von Radfahrern genutzt wird. Hinzu kommen ein Allwetterplatz und Leichtathletikanlagen. Im Bau ist auch ein von Andreas Kloker gestaltetes Atrium mit Trinkwasserbrunnen, ein Parkours mit Outdoor-Fitness-Geräten und ein Platz für Kraftsport. Abgezäunt ist hier ein Bereich für den kriechenden Sellerie: Über die stark gefährdete Pflanze wacht der hauseigene Gärtner.

Die Oberstufe wird als "Makerspace" neu erdacht, an fächerübergreifenden Projekten soll akademisch gearbeitet werden.

Für das neue "Oberstufenzentrum" muss die Gärtnerei abgerissen werden, wo aktuell zwei ukrainische Flüchtlingsfamilien untergebracht sind. Das neue dreigeschossige Schulhaus auf einer Grundfläche von 850 Quadratmetern wird den Schulcampus komplettieren. Derzeit sind einige Klassenräume für die Oberstufe angemietet, fürs G9 werden künftig mehr Räume benötigt. Am pädagogischen Konzept fürs Oberstufenzentrum werde sehr viel gearbeitet, berichtet Häusler: "Wir werden von Dr. Otto Seydel beraten." Vorgesehen sind ganzheitliche Modelle statt klassischer Klassenzimmer mit Fachräumen, erklärt Kirsch. Die Oberstufe wird als "Makerspace" neu erdacht, an fächerübergreifenden Projekten soll akademisch gearbeitet werden. Das könnte beispielsweise auch die Produktion eines Musikvideos sein.

Landheim Schondorf: Acht Doppelzimmer für Schülerinnen oder Schüler, darüber eine Wohnung für das Lehrpersonal: Der Entwurf von Architekt Benedict Sunder-Passmann ist großzügig als doppelstöckiges Atrium mit Rückzugsbereichen geplant.

Acht Doppelzimmer für Schülerinnen oder Schüler, darüber eine Wohnung für das Lehrpersonal: Der Entwurf von Architekt Benedict Sunder-Passmann ist großzügig als doppelstöckiges Atrium mit Rückzugsbereichen geplant.

(Foto: Arlet Ulfers)

Auch das "Föhrenhaus", eine Unterkunft, soll in zwei Jahren durch einen Neubau ersetzt werden. Zunächst aber sollen vier neue Wohnhäuser gebaut werden. Drei Häuser werden um die prachtvolle Blutbuche auf der Simmetwiese wie eine Wagenburg platziert. In einer internen Auswahl überzeugte der Entwurf "Buchenhäuser" von Architekt Benedikt Sunder-Plassmann: Er konzipierte die Wohnhäuser mit jeweils acht Doppelzimmern im Gemeinschaftsbereich luftig und großzügig als doppelstöckiges Atrium mit Rückzugsbereichen. Darüber entsteht die Wohnung für das Lehrpersonal. Die drei Buchenhäuser sind mit Verbindungsgängen verbunden. Die Personalwohnungen entstehen im vierten Buchenhaus direkt an der Bahnhofstraße. Dort ist auf Wunsch der Gemeinde auch ein Ladengeschäft vorgesehen. Für diesen Bau muss das Bienenhaus versetzt werden, das ein Bienenpädagoge betreut. Es gibt sogar eigenen Landheimhonig, berichtet Häusler. Probleme bereitet jedoch die Baugenehmigung, der Bebauungsplan muss geändert werden: Die mächtige Blutbuche hat ihre Wurzeln in andere Bereiche gestreckt, nun muss ein Baufenster für eines der Wohnhäuser um ein paar Meter verschoben werden.

Jede Schülerin und jeder Schüler des Landheims soll wenigstens "eine Leidenschaft" entwickeln

Im Altbestand der Schulhäuser sind zum Teil auch andere Zuschnitte erforderlich, um Lernen und Arbeiten im Team zu ermöglichen. Fürs Internat braucht es neue Konzepte, die Betreuungsschlüssel wurden geändert, berichtet Häusler. Seit einigen Jahren hat die Nachfrage nach Internatsplätzen zugenommen - auch weil während der Pandemie gute Lebens- und Lernbedingungen angeboten werden konnten. Viele Internatsschüler kommen - anders als in England - erst in den höheren Klassen ins Landheim, erklärt Häusler, dabei kann die gesamte Schulzeit dort verbracht werden. Rund 20 Prozent der Schüler erhalten ein Stipendium. Ansonsten dominiert eine gut betuchte Klientel, doch auch Kinder von Geflüchteten besuchen die Schule. Etwa ein Fünftel sind internationale Schüler und Schülerinnen, die das bayerische Abitur anstreben. Stiftungsleiter Häusler will im Landheim als deutsche Schule mit internationaler Ausrichtung "bestmögliche Bildung ermöglichen". Sein Ziel ist es, dass jede Schülerin und jeder Schüler mindestens eine Leidenschaft entwickelt. Das Angebot an Werkstätten und Sportarten ist vielfältig, auch Geschichte ist ein großes Thema. Dazu gibt es, wie Häusler erzählt, jede Woche einen "Tanztee", bei dem auch Alkohol ausgeschenkt werde.

Rund 30 Millionen an Investitionen sind geplant, der Umbau soll bis bis 2026 fertiggestellt sein. Ein Drittel der Kosten für den Schulhausneubau übernimmt der Freistaat. Für den Sportplatz und die Heizanlage rechnet Kirsch mit 3,5 Millionen. Für die vier neuen Buchenhäuser sind sieben Millionen veranschlagt - ohne Zuschüsse. Seit 2019 schreibe man wieder schwarze Zahlen, skizziert Kirsch die wirtschaftliche Situation des Landheims. Weitere Mittel werden auf dem Fremdkapitalmarkt aufgenommen. Außerdem wurde eine Fundraisingmanagerin eingestellt, die Menschen, die mit dem Landheim eng verbunden sind, anspricht. Häusler: "Die eine oder andere Großspende hat uns schon erreicht."

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